Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Macht des Wassers
Arge Blautopf berichtet über Stand der Expeditionen
BLAUBEUREN - Sie quetschen sich durch kleine Ritzen, tauchen in Wasser ein und kämpfen sich durch Lehm: Die Höhlenforscher der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Blautopf stellten sich und ihre Arbeit bei einem Vortrag auf der Sommerbühne Blaubeuren vor und machten dabei vor allem eines deutlich: Sie teilen alle eine Leidenschaft und eine große Neugierde.
Dunkelheit, Nässe, Kälte und Dreck: „Vieles ist erforscht, aber was unter der Erde ist, da gibt es noch viele weiße Flecken“, zeigte Werner Gieswein auf. Der Höhlenforscher begründete so auch gleichzeitig, warum sein Herz für die Blauhöhle schlägt. Ähnlich sieht es Andreas Kücha, der Projektleiter und Vorsitzende. „Mein Antrieb ist eigentlich die Neugierde und das zu entdecken, wo noch keiner war“, sagte er. Mit dieser Neugierde verbinde er ein weiteres Hobby – nämlich die Fotografie. „So kann ich sichtbar machen, was wir sehen, entdecken und erleben“, zeigte er auf.
Heimspiel in Blaubeuren
Es ist ein Heimspiel für die Höhlenforscher, die wussten, wie sie ihr Publikum begeistern konnten. Der Vortrag wechselte zwischen Bildern, Filmsequenzen und den Erzählungen von Kücha und Gieswein. Die freuten sich, dass das Interesse seitens des Publikums immer noch so groß ist – obwohl das Team nun bereits zum elften Mal auf der Sommerbühne stand.
Alle 14 Tage in der Höhle
In der Sommerzeit steigen die Forscher alle 14 Tage in die Höhle ein. Die Länge des Blauhöhlensystems ist aufbekannte 14,5 Kilometer angewachsen und derzeit die zweitlängste Höhle Deutschlands. Wer „dort hinunter geht“, sollte vorbereitet sein. So viel stehe fest. Die Tauchausrüstung wiege an die 100 Kilogramm. Auch Übernachtungen seien keine Seltenheit. Dann wird genau überlegt, was eingepackt werden muss. Kleinteilig wird alles verstaut. Wie das funktioniert, zeigten die beiden anhand einer Biwak-Tonne. Diese konnte nun nach 13 Jahren geborgen werden. Vor den Augen des Publikums wurde sie geöffnet – und auch versteigert. 200 Euro wurden geboten. Der Erlös ist für die Freizeiten im evangelischen Ferienheim „Himmelreich“gedacht. Zum Hintergrund: Kücha hatte das Fass im Jahr 2005 deponiert. Durch ein Hochwasser wurde die Tonne allerdings weggespült und konnte erst vor Kurzem wieder ans Tageslicht gebracht werden. Ein Zischen gab es bei der Öffnung nicht, dafür kamen Schokoladenriegel und Unterhosen mit Feinripp zum Vorschein.
Dann wurde es ernst. Höhlenforschung bedeutet nicht nur, die Schönheiten zu entdecken, sondern auch, „weit weg von der Heimat“zu sein. Soll heißen: Die Mitglieder der Arge Blautopf müssen auch auf Notfälle vorbereitet sein. „Vor gut zwei Monaten haben wir eine Rettung in der Blauhöhle geübt“, berichtete Kücha. In einer Welt der Dunkelheit sei das nicht einfach. Viele sprichwörtliche Hürden gelte es zu überwinden. „Deswegen sind wir froh, dass wir die Höhlenrettung Baden-Württemberg an unserer Seite wissen“, so der Vorsitzende. Anhand eines Films wurden Szenen gezeigt, bei denen dem Publikum der Atem stockte und der Puls stieg. Wassertiefen, Engstellen, Lehmboden – eine Verletzte wurde transportiert. „Ein Spaziergang sieht anders aus“, so Gieswein und Kücha fügte an: „Das sind Dinge, die man eben nicht in Gedanken durchspielen kann, sondern die man machen muss.“Die Gefahr lauere immer und überall. Schnell könne eine Expedition zum Verhängnis werden. Dann drohe vor allem Unterkühlung, denn im Höhlensystem herrschen zwischen acht und neun Grad.
In der Seißener Unterwelt
Achtsamkeit sei wichtig. So auch bei den jüngsten Erkundungen beispielsweise in der Seißener Unterwelt. Vor Kurzem stieß man auf einen Siphon. Jetzt gibt es drei offene Fortsetzungen. Ein großer Wunsch liege darin, diese zu erkunden. Doch eine Expedition dahin dauert laut den Forschern 15 Stunden. Aber für die Mitglieder der Arge Blautopf steht fest: „Der Weg ist das Ziel und das ist die Motivation für das nächste Mal“, sagte Kücha. Keiner wisse, was dort unten noch alles auf die Mannschaft warte. „Die Blauhöhle bietet eben einfach alles“, fasste Werner Gieswein zusammen und rieb sich die Hände. Es kann wieder los gehen.