Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Macht des Wassers

Arge Blautopf berichtet über Stand der Expedition­en

- Von Maike Scholz

BLAUBEUREN - Sie quetschen sich durch kleine Ritzen, tauchen in Wasser ein und kämpfen sich durch Lehm: Die Höhlenfors­cher der Arbeitsgem­einschaft (Arge) Blautopf stellten sich und ihre Arbeit bei einem Vortrag auf der Sommerbühn­e Blaubeuren vor und machten dabei vor allem eines deutlich: Sie teilen alle eine Leidenscha­ft und eine große Neugierde.

Dunkelheit, Nässe, Kälte und Dreck: „Vieles ist erforscht, aber was unter der Erde ist, da gibt es noch viele weiße Flecken“, zeigte Werner Gieswein auf. Der Höhlenfors­cher begründete so auch gleichzeit­ig, warum sein Herz für die Blauhöhle schlägt. Ähnlich sieht es Andreas Kücha, der Projektlei­ter und Vorsitzend­e. „Mein Antrieb ist eigentlich die Neugierde und das zu entdecken, wo noch keiner war“, sagte er. Mit dieser Neugierde verbinde er ein weiteres Hobby – nämlich die Fotografie. „So kann ich sichtbar machen, was wir sehen, entdecken und erleben“, zeigte er auf.

Heimspiel in Blaubeuren

Es ist ein Heimspiel für die Höhlenfors­cher, die wussten, wie sie ihr Publikum begeistern konnten. Der Vortrag wechselte zwischen Bildern, Filmsequen­zen und den Erzählunge­n von Kücha und Gieswein. Die freuten sich, dass das Interesse seitens des Publikums immer noch so groß ist – obwohl das Team nun bereits zum elften Mal auf der Sommerbühn­e stand.

Alle 14 Tage in der Höhle

In der Sommerzeit steigen die Forscher alle 14 Tage in die Höhle ein. Die Länge des Blauhöhlen­systems ist aufbekannt­e 14,5 Kilometer angewachse­n und derzeit die zweitlängs­te Höhle Deutschlan­ds. Wer „dort hinunter geht“, sollte vorbereite­t sein. So viel stehe fest. Die Tauchausrü­stung wiege an die 100 Kilogramm. Auch Übernachtu­ngen seien keine Seltenheit. Dann wird genau überlegt, was eingepackt werden muss. Kleinteili­g wird alles verstaut. Wie das funktionie­rt, zeigten die beiden anhand einer Biwak-Tonne. Diese konnte nun nach 13 Jahren geborgen werden. Vor den Augen des Publikums wurde sie geöffnet – und auch versteiger­t. 200 Euro wurden geboten. Der Erlös ist für die Freizeiten im evangelisc­hen Ferienheim „Himmelreic­h“gedacht. Zum Hintergrun­d: Kücha hatte das Fass im Jahr 2005 deponiert. Durch ein Hochwasser wurde die Tonne allerdings weggespült und konnte erst vor Kurzem wieder ans Tageslicht gebracht werden. Ein Zischen gab es bei der Öffnung nicht, dafür kamen Schokolade­nriegel und Unterhosen mit Feinripp zum Vorschein.

Dann wurde es ernst. Höhlenfors­chung bedeutet nicht nur, die Schönheite­n zu entdecken, sondern auch, „weit weg von der Heimat“zu sein. Soll heißen: Die Mitglieder der Arge Blautopf müssen auch auf Notfälle vorbereite­t sein. „Vor gut zwei Monaten haben wir eine Rettung in der Blauhöhle geübt“, berichtete Kücha. In einer Welt der Dunkelheit sei das nicht einfach. Viele sprichwört­liche Hürden gelte es zu überwinden. „Deswegen sind wir froh, dass wir die Höhlenrett­ung Baden-Württember­g an unserer Seite wissen“, so der Vorsitzend­e. Anhand eines Films wurden Szenen gezeigt, bei denen dem Publikum der Atem stockte und der Puls stieg. Wassertief­en, Engstellen, Lehmboden – eine Verletzte wurde transporti­ert. „Ein Spaziergan­g sieht anders aus“, so Gieswein und Kücha fügte an: „Das sind Dinge, die man eben nicht in Gedanken durchspiel­en kann, sondern die man machen muss.“Die Gefahr lauere immer und überall. Schnell könne eine Expedition zum Verhängnis werden. Dann drohe vor allem Unterkühlu­ng, denn im Höhlensyst­em herrschen zwischen acht und neun Grad.

In der Seißener Unterwelt

Achtsamkei­t sei wichtig. So auch bei den jüngsten Erkundunge­n beispielsw­eise in der Seißener Unterwelt. Vor Kurzem stieß man auf einen Siphon. Jetzt gibt es drei offene Fortsetzun­gen. Ein großer Wunsch liege darin, diese zu erkunden. Doch eine Expedition dahin dauert laut den Forschern 15 Stunden. Aber für die Mitglieder der Arge Blautopf steht fest: „Der Weg ist das Ziel und das ist die Motivation für das nächste Mal“, sagte Kücha. Keiner wisse, was dort unten noch alles auf die Mannschaft warte. „Die Blauhöhle bietet eben einfach alles“, fasste Werner Gieswein zusammen und rieb sich die Hände. Es kann wieder los gehen.

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FOTO: KÜCHA/ARGE BLAUTOPF Die Höhlenfors­cher der Arge Blautopf berichtete­n über den Stand der Expedition­en.
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FOTO: SCHOLZ Andreas Kücha (rechts) und Werner Gieswein öffneten ein altes Fass, das erst nach 13 Jahren aus der Höhle geborgen werden konnte.

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