Schwäbische Zeitung (Biberach)
Initiative kritisiert Regierungspräsidium
Unverständnis über späten Planungsbeginn bei B-30-Umfahrung Gaisbeuren/Enzisreute
BAD WALDSEE - Druck aufs Regierungspräsidium Tübingen: Die Initiative B 30 kritisiert in einem Schreiben an Regierungspräsident Klaus Tappeser den angestrebten Planungsbeginn für die seit Jahrzehnten ersehnte B-30-Ortsumfahrung Gaisbeuren und Enzisreute. Wie die SZ berichtete, sollen die Planungen ab dem zweiten Halbjahr 2022 beginnen. Diese Entscheidung haben laut dem Schreiben „betroffene Bürger und die Initiative B 30 mit großem Unverständnis zur Kenntnis genommen“. Der Zeitplan könne nicht nur mit fehlenden Planern erklärt werden, bemängelt die Initiative B 30. In dem Schreiben heißt es weiter: „Daher fordern wir für Bürger eine transparente Begründung auf der Basis von Daten und Fakten für diese abweichende Priorisierung im Regierungsbezirk Tübingen.“
Die Initiative B 30 beruft sich in dem Schreiben auf den Bundesverkehrswegeplan 2030, in dem das Projekt „B 30 Enzisreute-Gaisbeuren“in der „Zusammenwirkung der raumordnerischen, städtebaulichen und wirtschaftlichen Bedeutung aus Sicht des Bundes das wirksamste Projekt in Deutschland“sei. Tatsächlich handele es sich um das „einzige Projekt in Deutschland, das die Anbindung eines oberzentralen Raums (Friedrichshafen/Ravensburg/Weingarten) an eine Metropolregion“verbessere. Im Südosten von Baden-Württemberg behebe es den letzten gravierenden Engpass zwischen Oberzentren und Metropolräumen. „Bei Gaisbeuren und Enzisreute wird der Nord-Süd-Verkehr massiv behindert. Die Orte sind einer enormen Lärm- und bedenklicher Schadstoffbelastung ausgesetzt. Besonders besorgniserregend ist die große Anzahl schwerwiegender Unfälle“, macht die Initiative B 30 in dem Schreiben deutlich.
24 000 Kraftfahrzeuge pro Tag
Nach der letzten bundesweiten Verkehrszählung 2015 betrage das Verkehrsaufkommen bis zu 24 000 Kraftfahrzeuge pro Tag, davon rund 3200 Fahrzeuge im Schwerverkehr. „Die Grenze der Leistungsfähigkeit ist längst erreicht. Regelmäßig kommt es zu langen Staus, die einen großen wirtschaftlichen Schaden bis in den Bodenseeraum verursachen. Auf dem Streckenabschnitt von Baindt bis Ulm ersetzt die B 30 zwei nicht realisierte Autobahnen. Der Einzugsbereich der B 30 beträgt rund 1,1 Millionen Einwohner. Dieser Sachlage trug der Bund mit einer aus bundesweiter Sicht besonders hohen Bewertung Rechnung“, zählt die Initiative B 30 als Argumente auf.
Nach der am 20. März von Minister Winfried Hermann vorgestellten Planungspriorisierung stehe das Projekt „B 30 Enzisreute-Gaisbeuren“ebenfalls weit vorne: an zweiter Stelle im Regierungsbezirk Tübingen. Ebenfalls stehe es in der regionalen Priorisierungsliste der Region Bodensee-Oberschwaben weit oben sowie im Landkreis Ravensburg, dem flächenmäßig größten Landkreis im Regierungsbezirk Tübingen und dem zweitgrößten Landkreis in Baden-Württemberg.
Initiative B 30 pocht auf Fakten
Auf Unverständnis stößt bei der Initiative B 30 der Aspekt, dass das auf dem ersten Platz der am 20. März vorgestellten Planungsprioritätenliste befindliche Projekt „B-464-OU Reutlingen“noch ab diesem Jahr geplant werden soll. „Logisch wäre nach der Landespriorisierung die anschließende Beplanung des zweiten Projektes ,B 30 Enzisreute-Gaisbeuren‘. Doch dieses Projekt wurde zu aller Verwunderung vom Regierungspräsidium Tübingen weit nach hinten verschoben – entgegen jeder Priorisierung.“Die regionale Priorisierung scheine weiterhin zu gelten, jedoch nur für einzelne Projekte, kritisiert die Initiative B 30. So solle die Planung am Molldietetunnel in Ravensburg entgegen Landesprioritätenliste vom 20. März bereits 2019 beginnen.
Die Initiative B 30 fordert Regierungspräsident Klaus Tappeser in dem Schreiben auf, mit Fakten zu begründen, wie es zu dieser stark abweichenden Priorisierung des Projekts „B 30 Enzisreute-Gaisbeuren“im Regierungsbezirk Tübingen gekommen sei. Folgende Fragen will die Initiative B 30 laut dem Schreiben unter anderem beantwortet haben: „Warum hält sich das Regierungspräsidium Tübingen nicht an die Prioritätenliste beziehungsweise an die politischen Beschlüsse des Bundes, des Landes und der Region?“und „Welche Gründe liegen vor, dass die vorgezogenen Projekte als dringlicher eingestuft wurden?“. Zudem will die Initiative B 30 von Tappeser erfahren, ob weitere Projekte vorgezogen werden und nach welchen Kriterien die Zeitschiene zu der aktuell bestehenden Planungsliste geändert werden könne. Die wichtigste Frage, die sich sicherlich nicht nur die Initiative B 30 stellt, kommt am Ende des Fragenkatalogs: „Kann der angestrebte Planungsbeginn ab Mitte 2022 für das Projekt ,B 30 Enzisreute-Gaisbeuren‘ überhaupt eingehalten werden?“
Weitere Texte und Hintergründe zu diesem Thema finden Sie unter www.schwäbische.de/ b30-waldsee