Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Welt ächzt unter dem Avocado-Notstand
Im kulinarischen Mikrokosmos deutscher Esser passieren bisweilen erstaunliche Dinge: Unverhofft kommen plötzlich Gemüsearten in Mode, wofür es kaum eine nachvollziehbare Ursache gibt. Während die Leute Anfang der 1980erJahre zum Beispiel geglaubt haben, dass Champignons ausschließlich in Dosen gedeihen, sind sie heute als Frischware aus keinem Supermarkt mehr wegzudenken. Völlig zu Unrecht gelangten aber auch so überschätzte Gemüsesorten wie Brokkoli oder Kürbis in die Regale. Letzterer war über Generationen hinweg in erster Linie als ausgehöhlter Kerzenständer bekannt, bevor jemand auf die Idee kam, ihn zu verzehren.
Augenblicklich hält eine verstörende Avocado-Knappheit die Welt in Atem. Denn die Nachfrage ist derart gewaltig, dass die Ölfrucht inzwischen bis zu drei Euro im Laden kostet. In Neuseeland ist sozusagen ein Avocado-Notstand ausgebrochen. Bauern und Baumschulen berichten, dass ihre Bestände zum Schutz vor Dieben bewacht werden müssen.
Was aber ist das Faszinierende an Avocados? Sie schmecken recht passabel und sollen sehr gesund sein. Altersverzögernd wirken. Entschlackung bescheren. Das Blut reinigen. Schön machen. Aber: Die Frucht ist auch sehr gefährlich, weil sie zu einer Avocado-Hand führen kann. Gemeint ist eine Schnittverletzung, weil die Klinge allzu leicht durch reife Früchte gleitet. Ein britischer Arzt hat deshalb schon einen fruchtigen Warnhinweis gefordert. Als ungefährliche Alternative empfehlen wir Äpfel oder Birnen, deren Verzehr kein Messer benötigt. Und schön machen sie sowieso.