Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Ein-Mann-Brauerei
Urs Fuchs stellt in einer Garage in Ingerkingen eigenes Bier her – und das kommt gut an
INGERKINGEN - Die Zahl der Brauereien wächst wieder: Etwa 1500 sind es inzwischen in Deutschland. Es gibt die großen Namen wie Becks, Krombacher und Warsteiner. Es gibt die Craft-Bier-Brauereien, die in kleiner Stückzahl, aber mit großer Experimentierfreude produzieren. Und dann gibt es Menschen wie Urs Fuchs, die in keiner Statistik auftauchen, aber Biere zaubern, die manchen Großbraumeister vor Ehrfurcht staunen ließen.
Die Brauerei von Urs Fuchs verbirgt sich hinter einem Garagentor in Ingerkingen, zwischen Autoreifen, einer Werkbank und einigen Besen thronen Edelstahlbottiche auf leeren Getränkekisten. Mittendrin steht der 48-jährige Hobbybrauer und wacht über den Brauvorgang. Kein leichtes Unterfangen, „man muss immer zwei Schritte vorausdenken“, sagt Fuchs und lässt das Thermometer in die Maische gleiten. Um die herzustellen, hat er zuvor Malz in Wasser eingeweicht und dann die Flüssigkeit langsam erhitzt, so lösen sich die Inhaltsstoffe. Fuchs muss rühren, putzen, abmessen, erhitzen. „Es gibt nur ganz, ganz selten Augenblicke, in denen ich mich zurücklehnen kann“, sagt er. „Aber beim Brauen schalte ich trotzdem völlig ab. Das hat etwas Meditatives.“
Vor etwa einem Jahr hat Fuchs mit dem Brauen in der eigenen Garage begonnen. Seitdem hat er sechs verschiedene Eigenkreationen getestet, darunter Weizen, Pils, Indian Pale Ale und das dunkle Stout. Der Brauvorgang ist bei allen Bieren gleich, nur die Zutaten unterscheiden sich. Über das Internet sucht sich der Hobbybrauer seine speziellen Sorten von Malz, Hefe und Hopfen aus. Beim Hopfen zum Beispiel gibt es weltweit Anbaugebiete und jede Sorte verleiht dem Bier eine eigene Note. „Fast die Hälfte des Geschmacks aber macht die Hefe aus.“
Manches landet im Abfluss
Für einen Brauvorgang steht Fuchs bis zu acht Stunden in der Garage. „Gerade im Sommer komme ich da richtig ins Schwitzen.“Kalt wird es dagegen, wenn das Bier später in der Flasche im Kühlschrank reift, bis zu sechs Wochen lang. So lange will Fuchs aber nicht warten. „Ich muss immer probieren.“Manchmal komme es vor, dass er das Bier direkt in den Abfluss schütte. Meistens aber kann er sich bereits vorstellen, wie das Bier nach der vollständigen Gärung seinen Geschmack entfaltet.
Fuchs’ Bier schmeckt meist kräftiger, intensiver als herkömmliche Industriebiere. Das ist nicht jedermanns Sache, doch fast immer kommt das handgemachte Bier gut an. Beim Schemmerhofer Patroziniumsfest hatte Fuchs einige Kisten dabei – und die Leuten rissen sich darum. „Wenn ich Lob für mein Bier bekomme, freut mich das tierisch“, erzählt er.
Verkaufen darf er seinen Gerstensaft allerdings nicht. Die Umstellung, die Formalitäten, der Arbeitsaufwand: das wäre zu viel. Lieber will er auch in Zukunft das Brauen als Hobby pflegen. Außerdem könnte Fuchs kaum wirtschaftlich produzieren. „Würde ich rentabel verkaufen wollen, müsste ich eine Flasche für mindestens drei Euro anbieten.“
Belohnt für seine Arbeit wird der Hobbybrauer meist mit Schweiß, Rückenschmerzen, aber auch dem Lob seiner Fans und Freunde, die den intensiven Geschmack schätzen.
Auch seine Frau halte ihm den Rücken frei für sein Hobby, erklärt er. Einzig, wenn im Keller das Hefeweizen gärt, dann riecht es stark nach Bananen – „und der Duft kann halt auch mal nach oben ziehen“. Dann gebe es auch mal Diskussionen.
Brauen am Gymnasium
Fuchs braut aber nicht nur zu Hause, sondern zeigt die Kunst auch Schülern am Salvatorkolleg in Bad Wurzach. Normalerweise unterrichtet er dort als Lehrer für Biologie, Deutsch sowie Naturwissenschaft und Technik. Aber auch das Bierbrauen habe seine Berechtigung an der Schule, findet Fuchs. Schließlich gehe es nicht nur ums Bier. Genauso wichtig seien Teamwork, das Wissen über Biochemie und Verlässlichkeit – und ganz am Ende natürlich auch mal das gemeinsame Anstoßen. Nicht mit Becks, Krombacher oder Warsteiner, sondern einer selbst gebrauten Biersorte, die zuvor noch niemand probieren durfte. Prost!