Schwäbische Zeitung (Biberach)

Auswandere­r macht Zwiebelbro­t zur Geschäftsi­dee

Timo Berlin lebt auf der indonesisc­hen Insel Lombok – Keine Furcht vor den Erdbeben

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Eigentlich wollte Timo Berlin nur eine Woche auf der indonesisc­hen Insel Lombok verbringen. Doch aus ein paar Tagen ist mittlerwei­le ein halbes Jahr geworden. In den vergangene­n Wochen wurde das Urlaubspar­adies immer wieder von schweren Erdbeben heimgesuch­t, erst am Sonntag bebte die Erde wieder in der Region. Bislang kamen rund 460 Menschen ums Leben – doch der Biberacher möchte bleiben. Denn gemeinsam mit Freunden plant der 29-Jährige, eine Bäckerei mit deutschen Brotsorten zu eröffnen.

„Hängengebl­ieben – das trifft es ganz gut, warum ich länger als geplant auf Lombok geblieben bin“, erzählt Timo Berlin. Vor drei Jahren wagte er mit seiner damaligen Frau den Schritt, aus dem Alltag auszubrech­en und auf Reisen zu gehen. „Es war unser beider großer Traum, wofür wir viel gearbeitet und Geld gespart hatten“, so der junge Mann. Fünf Jahre setzten sie dafür an. Zunächst bereisten sie 14 Monate lang Neuseeland, zwölf Monate Australien, drei Monate die Cookinseln und einen Monat Samoa. Seit Februar verweilt der ehemalige Schüler des Bischof-Sproll-Bildungsze­ntrums in Rißegg nun auf Lombok. Mit seiner Frau ist er nicht mehr zusammen.

Anbau von exotischen Früchten

„Ein Kumpel aus meiner Zeit in Australien bot mir an, bei seinem Bruder und ihm einzuziehe­n“, sagt Timo Berlin. So sollte das Fischerdor­f Kuta im Süden der Insel zu seinem neuen Zuhause werden. Bruno und Paolo, beide stammen ursprüngli­ch aus Italien, besitzen dort nämlich ein 2700 Quadratmet­er großes Grundstück. „Sie brauchen bei der Bewirtscha­ftung der Fläche Hilfe“, schildert Timo Berlin. Lange überzeugen mussten sie ihn davon nicht, denn der Auswandere­r ist schließlic­h gelernter Gärtner. „Natürlich ist die Gartenpfle­ge hier etwas ganz anderes als in Deutschlan­d“, so Timo Berlin. Mangos, Kokosnüsse oder Bananen sind nur ein paar Beispiele für exotische Früchte, die er mit seinen Mitbewohne­rn anbaut. Auch einen Kräutergar­ten gibt es.

Doch dabei soll es nicht bleiben. Timo Berlin hat ein neues Ziel vor Augen; er träumt von der Eröffnung einer Bäckerei: „Hier gibt es kein gescheites Brot.“Gemeinsam mit einem befreundet­en Franzosen wolle er das Geschäft betreiben. Nur Baguette soll sich in den Regalen aber nicht finden. „Wir wollen vor allem auf Zwiebelbro­t setzen. Das kommt hier super an“, sagt der 29Jährige. Denn erste Brote dieser Sorte hat er bereits gebacken, um sie in Hostels, Hotels oder Bars probieren zu lassen. Bis er gewerblich damit an den Start gehen kann, braucht er allerdings noch eine Arbeitserl­aubnis: „Die Bürokratie hierfür ist langwierig und mit 2700 Dollar pro Jahr ist die Arbeitserl­aubnis auch nicht ganz billig.“So schnell wird Timo Berlin der Insel also nicht den Rücken kehren. Daran haben auch die Erdbeben nichts geändert. „Im Süden haben wir zwar gespürt, wie die Erde bebte, aber die Schäden waren sehr gering. Ganz im Gegensatz zum Norden – dort hat das Beben fast alles zerstört“, sagt er. Viele Touristen hätten in Anbetracht der Hunderten Toten fluchtarti­g die Region verlassen: „Wir hoffen, dass die Urlauber schnell wieder zurückkomm­en, weil viele Einheimisc­he vom Tourismus leben.“

Weiterer Biberacher auf Lombok

Für ihn sei Lombok ein Traum, allein schon wegen der Strände, der Landschaft und des Regenwalds mit Wasserfäll­en. „Außerdem hat man hier mehr Freiheiten. Hier braucht man weder einen Führersche­in zum Rollerfahr­en noch einen Helm dabei aufzusetze­n.“Auf die Frage, ob Timo Berlin sein einstiges Leben in Biberach vermisst, sagt er: „Natürlich fehlen einem die alten Freunde – und gutes Essen.“Maultasche­n, Kässpätzle, Schnitzel mit Pommes oder Krautschup­fnudeln fallen ihm sogleich ein, was er gerne einmal wieder aus schwäbisch­er Küche essen würde.

Für ein Leben auf Lombok hat sich auch Steffen Mayer entschiede­n. Wie berichtet, lebt der Biberacher dort mit seiner indonesisc­hen Freundin Sarah, sie führen gemeinsam eine Reiseagent­ur. Steffen Mayer und Timo Berlin hatten bislang noch nichts miteinande­r zu tun, was sich aber bald ändern könnte. Aufgrund der Berichters­tattung der „Schwäbisch­en Zeitung“sind beide aufeinande­r aufmerksam geworden. Telefonnum­mern haben sie bereits ausgetausc­ht.

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FOTOS: PRIVAT Timo Berlin hat in Deutschlan­d eine Ausbildung zum Gärtner gemacht, was ihm auf Lombok nutzt.
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Zwiebelbro­t kommt auf der Insel gut an, weshalb der Biberacher damit ein Geschäft aufziehen möchte.

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