Schwäbische Zeitung (Biberach)
Pokalblamage beim Angstgegner
Der VfB Stuttgart sucht nach dem 0:2 bei Drittligist Hansa Rostock seinen Optimismus
ROSTOCK - Der Weltmeister hatte das Ziel als einer der ersten im Visier. Den Blick starr auf den Boden gerichtet, bahnte sich Benjamin Pavard am Samstagabend an allen Umstehenden vorbei seinen Weg und war zügig am Mannschaftsbuffet. Der 22Jährige füllte sich einen Berg Nudeln auf und begann mit dem Essen. Zuvor hatte der Franzose – der sich noch im Aufbautraining befindet, aber im Kader stand – mitansehen müssen, wie seine Kameraden vom VfB Stuttgart gegen den FC Hansa Rostock in der ersten Runde des DFB-Pokals mit 0:2 (0:1) unter die Räder kamen. Das Pokalaus an der Ostsee, die Blamage beim Drittligisten: Grund genug zum Frustessen.
Dass der VfB nach der gelungenen vergangenen Bundesligarückrunde und den gezielten Verstärkungen im Kader bei seinem Angstgegner (von vier Pokalduellen gegen den Club von der Ostsee haben die Stuttgarter nun alle vier verloren) einfach nicht gewinnen kann, lag aber weder an zu ausgehungerten, noch an zu satten Profis. Cebio Soukou (8.) und Mirnes Pepic (84.) erzielten zwar die Treffer für den Drittligisten, dazwischen lagen aber lange Phasen, in denen der VfB durchaus sein Potenzial andeutete und das Spiel bestimmte. Doch waren es vor dem gegnerischen Tor Nuancen und vor dem eigenen Tor individuelle Fehler – vor dem 0:1 etwa ging der aus Rot an der Rot stammende Ex-Nationalspieler Holger Badstuber nicht konsequent zum Ball – die dem VfB den Erfolg kosteten.
„Insgesamt war das heute viel zu wenig. Wir sind schwer ins Spiel reingekommen und hatten unsere Anfangsschwierigkeiten“, sagte RonRobert Zieler. Was der Torwart eher nonchalant umschrieb, waren tatsächlich die ersten 20 Minuten, in denen der Drittligist dem VfB ordentlich einheizte, giftig in die Zweikämpfe ging und die Technik des Teams von Trainer Tayfun Korkut so außer Kraft setzte.
Hatten die Fans beider Lager direkt vor Anpfiff noch eine kräftige Pyroshow veranstaltet und eine Tribüne komplett in rot gehüllt, ging im leichten Anfangsnebel beim VfB, der mit den Neuzugängen Daniel Didavi, Gonzalo Castro, Beccera Maffeo und Nicolás González in der Startelf antrat, nur wenig zusammen. „Wir wussten, was auf uns zukommt und haben dennoch die ersten 20 Minuten verpennt. Das ist vielleicht auch Pokal-Feuer: Mirnes Pepic (li.), der Schütze des 2:0, setzt sich gegen Timo Baumgartl durch.
immer die Gefahr, wenn in der Vorbereitung alles super läuft und so hohe Erwartungen geschürt werden“, formulierte Dennis Aogo. Schob aber hinterher: „Ich bin überzeugt, dass wir es nächste Woche besser machen, auch weil man nun nochmal gesehen hat, dass nichts von alleine geht.“Sportvorstand Michael Reschke war entsprechend bedient: „Wir haben schon jetzt die Chance verloren, nach Berlin zu kommen und sehr viele Fehler gemacht. Das war aber keine Arroganz oder Überheblichkeit. Uns war von Anfang an klar, dass wir hier ausscheiden können.“
Sportvorstand Rescke tun vor allem die VfB-Fans leid
Dennoch sei das Team gefestigt und er sich sicher, dass es eine ruhige Saison werde. Auch wenn das Auftaktprogramm mit dem FSV Mainz und Bayern München direkt ein dickes Brett wird. Gerade sein Ex-Club aus München sei in der Bundesliga generell „allen anderen meilenweit enteilt“, wie Reschke vor dem Spiel schon der „Welt“gesagt und ergänzt hatte: „So viele Topentscheidungen kann doch gar kein Club treffen, um den wirtschaftlich deutlich überlegenen und strategisch gut aufgestellten Frust pur: Gonzalo Castro, Holger Badstuber und Ron Robert Zieler (v. re.).
Bayern auf Augenhöhe zu begegnen.“
Die Pokalpleite könnte allerdings ein kleiner Dämpfer gewesen sein, der den Fokus der Stuttgarter entscheidend schärft. „Das eine ist der Pokal und das andere die Bundesliga. Aus dem einen sind wir jetzt ausgeschieden, aber nun geht es weiter“, so Zieler.
Die Rostocker dagegen genossen ihren ersten Zweitrundeneinzug seit zehn Jahren. „Es gibt nichts schöneres, als gegen einen Bundesligisten zu gewinenn und auch noch selbst zu
treffen. Heute wird auf jeden Fall gefeiert“, so Führungstorschütze Cebio Soukou. Abwehrorganisator Kai Bülow meinte: „Deswegen spielen wir Fußball.“
Der VfB-Sportchef würde das eher nicht unterschreiben. Reschke tat aber vor allem der Anhang leid. „Vor allem ist es für unsere Fans schlimm, denn Rostock liegt ja nicht gerade vor der Tür. Das wird uns allen auf dem Weg zurück schwer im Magen liegen.“Weltmeister Pavard hatte zusätzlich zu den abendlichen Nudeln also genug zu verdauen.