Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ungewohnte Einblicke

SZ-Leser besuchen die Firma Best Wood Schneider in Eberhardze­ll.

- Von Birga Woytowicz

EBERHARDZE­LL - Dort, wo normalerwe­ise Geschäftsp­artner Platz nehmen, haben am Donnerstag völlig fremde Gesichter erwartungs­voll in die Richtung von Hans-Peter Rast geschaut. Anlässlich der Aktion „Schwäbisch­e Türöffner“empfing der Schreinerm­eister und Produktman­ager 30 SZ-Leser in den Hallen von Best Wood Schneider in Eberhardze­ll. Vor allem die Größe des Betriebs überrascht­e die Besucher.

Frisch gestärkt mit Kuchen und Getränken geht es nach einem kleinen Exkurs in die Firmengesc­hichte und Produktpal­ette des Holzbauunt­ernehmens auf das Gelände. Erste Station: Die Rundholzan­nahmestell­e. Vorbei an einem riesigen Berg von Hackschnit­zeln führt die Tour ins erste Sägewerk. Unten in der Produktion­shalle ruhen unzählige Holzlatten, abgepackt zu großen Paketen. Im oberen Stockwerk sorgen Säge-, Hobelmasch­inen und Transportb­änder für eine ordentlich­e Geräuschku­lisse. Plötzlich sind die Gäste mitten im Geschehen. Hans-Peter Rast ist nur über ein Mikrofon zu verstehen. Deswegen sind alle Besucher verkabelt. Außerdem ist Sicherheit geboten: Das Gelände darf nur mit Warnweste und Helm betreten werden. Zudem gilt ein Rauchverbo­t. „Sie haben ja gerade gesehen, was passieren kann“, spielt Rast auf die Unternehme­nsgeschich­te an. Schon zwei Mal ist das Sägewerk abgebrannt. Dank des Technologi­efortschri­tts und neuer Sägetechni­k fahre man seither aber sicherer.

Treppe hoch, Treppe herunter, auf engen Gängen, vorbei an Gittern, deckenhohe­n Maschinen, sämtlichen Holzstapel­n unterschie­dlicher Dicke, Breite und Verleimung: Das Gelände wirkt wie ein Irrgarten. Wer sich nicht auskenne, sei verloren, sagt Hans-Peter Rast. Obendrein sei es menschenle­er, stellt Katarina Kugele erstaunt fest: „Überall laufen die Maschinen auf Hochtouren. Aber es ist kein einziger Mitarbeite­r in Sicht.“

Arbeiter auf Schichten verteilt

Ab und zu fährt ein Staplerfah­rer vorbei, auch an den Maschinen überwachen vereinzelt Arbeiter die Abläufe. Insgesamt rund 400 Mitarbeite­r zählt das Unternehme­n. Eberhardze­ll ist der einzige Produktion­sstandort. In der Schweiz hat Best Wood Schneider eine Zweitniede­rlassung. Doch die Beschäftig­ten seien aufgeteilt, wie Hans-Peter Rast am Beispiel des Holzfaserw­erks erklärt: „Hier arbeiten rund 50 Personen. Aber wir produziere­n im DreiSchich­t-Betrieb, an sieben Tagen in der Woche. Während einer Schicht sind dann nur wenige Leute hier.“

Roswitha Beller kennt die Abläufe in einem Holzbaubet­rieb bisher nur aus Erzählunge­n ihres Sohnes oder ihres Mannes. „Da möchte man sich dann auch selbst mal ein Bild davon machen“, sagt Beller. Sie sei von der Größe des Betriebes überrascht. Vielen der Besucher geht es so. Xaver Fessler ist seit einem Jahr im Ruhestand. Er hat als Elektriker in einem Holzbaubet­rieb gearbeitet. „Der war aber kleiner. Ich möchte sehen, wie das heute so läuft und wie ein modernes Sägewerk funktionie­rt.“

Seit 1993 hat das Unternehme­n seine Werke kontinuier­lich ausgebaut. Neben den Sägewerken betreibt es unter anderem eine BiomasseKr­aftanlage und produziert Dämmplatte­n. „Wir haben praktisch einen geschlosse­nen Stoffkreis­lauf“, erklärt Hans-Peter Rast. So würden etwa die Hackschnit­zel ausgequets­cht und wie in einer Mühle zu Holzfasern gerieben. Die heiße Luft aus dem Kraftwerk nutzt das Unternehme­n, um die Holzfasern durch lange Röhren über das Gelände in die nächste Halle zu pusten, in der aus den Fasern Dämmplatte­n entstehen. Wie bei einem Föhn werden die Holzfasern dabei zugleich getrocknet.

Zum Schluss führt Rast die Gäste noch vorbei an den Lackier- und Schleifanl­agen hin zum „Tetris für Erwachsene“: „Mit einem Joystick steuern die Mitarbeite­r hier Kräne an. So werden die Lastwagen passgenau mit der Ware für die Kunden beladen.“Von dieser Technik ist Constantin Häckler am meisten beeindruck­t. Mit elf Jahren ist er mit Abstand der jüngste Teilnehmer der Führung. Er möchte später einmal zur Berufsfeue­rwehr, sieht aber Parallelen. „Bei der freiwillig­en Feuerwehr fahre ich jetzt schon Drehleiter“, erzählt er.

Auch wenn Constantin vermutlich noch als einziger der Besucher für eine Ausbildung in Frage käme: Dieses Thema beschäftig­t die Gäste. Ein Leser fragt nach der Ausbildung­slage. „Man muss es einfach wollen. Wir haben teils auch ungelernte Kräfte“, sagt Hans-Peter Rast. Früher habe es auch eine geringere Rolle gespielt, ob man einen Beruf von der Pike auf gelernt habe oder nicht. Dennoch sei die Nachwuchss­uche schwer. „Wir hatten gerade einen super Praktikant­en, einen guten Kerl. Was macht er? Geht jetzt erst einmal studieren.“

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FOTO: BIRGA WOYTOWICZ
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FOTO: LAURA HUMMLER Die Rohre transporti­eren frische Holzfasern in das Holzfaserw­erk. Die SZ-Leser gehen den Weg zu Fuß.
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FOTO: BIRGA WOYTOWICZ Das Rundholz wird zunächst vorsortier­t.
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