Schwäbische Zeitung (Biberach)
Lebensretter durch Zufall
Christian Iwanski aus Biberach ist gleich doppelter Stammzellspender.
BIBERACH - Vor knapp zwei Jahren haben sich rund 250 Menschen im Biberacher Komödienhaus als potenzielle Stammzellenspender registrieren lassen. Der Dramatische Verein Biberach initiierte im Oktober 2016 eine Typisierungsaktion, um Ulrich Hund, dem Ehemann der früheren Mitspielerin Christine WilboldHund, zu helfen. Einer der Freiwilligen war damals Christian Iwanski, der als Lebensretter für einen anderen Patienten infrage kommen sollte. Der Gesundheitszustand von Ulrich Hund hat sich indes verschlechtert.
„Ich bin damals zufällig bei der Typisierungsaktion vorbeigekommen und habe mich kurzentschlossen in die Schlange eingereiht“, sagt der heute 33-Jährige. Besonders für einen Menschen sollte dies eine glückliche Fügung sein. „Eigentlich wollte ich zu dieser Zeit ins Ausland fahren“, schildert der Biberacher. Doch seine Pläne hatten sich zerschlagen: „Als ich am Komödienhaus vorbeigekommen bin, haben mich Freunde angesprochen, ob ich mich denn nicht auch typisieren lassen möchte.“Und so war auch er einer von vielen an diesem Herbsttag, die sich zwei kleine Röhrchen voll Blut abnehmen ließen.
Alle ziehen an einem Strang
Die medizinische Koordination übernahm die Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB). Unterstützt wurde die Typisierung auch von Firmen, dem DRK, Ärzten und den Teams mehrerer Arztpraxen sowie verschiedenen Vereinen. Sie alle wollten Ulrich Hund helfen, der mit der Biberacherin Christine WilboldHund im Chiemgau lebt. Er leidet an einer lebensbedrohlichen Erkrankung des blutbildenden Systems (Myelodysplastisches Syndrom; MDS), weshalb er auf eine Stammzellenspende angewiesen ist.
Wenige Wochen nach der Typisierungsaktion landete schließlich ein Schreiben im Briefkasten von Christian Iwanski. In diesem teilte ihm die Stiftung AKB mit, dass er ein möglicher Spender sein könnte. Nach einer Bedenkzeit entschied er sich schließlich dafür, zu helfen. Der Biberacher füllte dafür unter anderem einen Fragebogen aus, ließ sich nochmals gründlich untersuchen und über die Risiken aufklären. In seinem Fall wurden die Stammzellen über das Blut entnommen. Das Verfahren der peripheren Blutstammzellspende ist bei 80 Prozent der Spenden möglich. Bei den anderen 20 Prozent wird unter Vollnarkose Knochenmark aus dem Beckenkamm gewonnen.
Normal weitergearbeitet
Für die Entnahme über das Blut wurde Christian Iwanski wenige Tage zuvor mit einem Wachstumsfaktor behandelt, wozu er sich mehrere Spritzen setzen musste. „Im Krankenhaus zeigte mir ein Pfleger, wie das funktioniert. Der Pfleger hatte auch schon Stammzellen gespendet“, schildert das Mitglied der Biberacher Fahnenschwinger. Während der Behandlung mit dem Wachstumsfaktor können grippeähnliche Symptome auftreten, die sich bei ihm aber nicht allzu sehr bemerkbar machten: „Ich habe bis zur Entnahme ganz normal weitergearbeitet.“
Die Entnahme selbst erfolgte in den Räumen der Stiftung AKB in Gauting (Landkreis Starnberg). „Ich wurde für vier bis fünf Stunden an ein Gerät angeschlossen. Das Blut läuft rein und wieder aus“, beschreibt er das Verfahren. Die Zeit sei schnell vergangen – auch dank der guten Betreuung: „Die Mitarbeiter dort haben sich sehr gut um mich gekümmert und alles rund um die Spende organisiert. Ich hatte damit so gut wie keine Arbeit, geschweige denn Stress.“Deshalb musste er nicht lange überlegen, als er kürzlich um eine zweite Spende gebeten wurde: „Es kann vorkommen, dass eine weitere gebraucht wird, weil es dem Patienten schlechter geht.“
Biberach übertrifft Quote
Christian Iwanski ist einer von insgesamt zwei Lebensrettern, die aus der Aktion im Biberacher Komödienhaus hervorgegangen sind. „Aktuell sind drei weitere in der Bestätigungstypisierung und könnten ebenfalls als geeignete Spender verifiziert werden“, so die Koordinatorin bei der Stiftung AKB, Manuela Ortmann, die ebenfalls aus Biberach stammt. Diese Zahlen seien höchst ungewöhnlich für die vergleichsweise geringe Zahl an aufgenommenen Spendern. Weltweit liege die Vermittlungsquote bei 32 Millionen Spendern bei eins von 1000: „Diese Quote hat Biberach um Welten überschritten.“
Dies kann auch Ulrich Hund bestätigen. Sein Arbeitgeber und der seiner Frau hatten genauso Aktionen gestartet wie seine ehemalige Firma in Mannheim und Bekannte in Karlsruhe: „Es gab noch weitere Typisierungsaktionen. Aber in der Form, wie in Biberach, hat sich leider noch nichts getan.“Nachdem Ulrich Hund eine Stammzellenspende erhalten hatte, ging es für ihn zunächst gesundheitlich bergauf. Doch im September vergangenen Jahres der Rückschlag: „Die Werte sind wieder abgefallen.“Daher bekommt der 61-Jährige alle zwei bis drei Tage ambulant im Krankenhaus Transfusionen. Trotz dieser Entwicklung würde er sich auch heute wieder für eine Transplantation von Stammzellen entscheiden: „Ohne diese Behandlung hätte ich überhaupt keine Überlebenschance gehabt.“
Hoffnung auf weitere Spender
Inwiefern Christian Iwanski seinem Stammzellenspender helfen konnte, weiß er nicht. „Ich möchte ihn gern kennenlernen und sehen, wie es ihm geht “, sagt er. Teilt der Empfänger seinen Wunsch, steht einem Treffen zwei Jahre nach der Spende nichts im Weg. Der Biberacher würde sich auch heute wieder an der Typisierungsaktion beteiligen: „Es ist wichtig, sich typisieren zu lassen. Das ist der erste Schritt, um anderen helfen zu können.“Er hoffe, dass er durch die Veröffentlichung seiner Geschichte in der Zeitung den einen oder anderen dazu ermutigen könne, bei der nächsten Typisierungsaktion teilzunehmen.