Schwäbische Zeitung (Biberach)

Lebensrett­er durch Zufall

Christian Iwanski aus Biberach ist gleich doppelter Stammzells­pender.

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Vor knapp zwei Jahren haben sich rund 250 Menschen im Biberacher Komödienha­us als potenziell­e Stammzelle­nspender registrier­en lassen. Der Dramatisch­e Verein Biberach initiierte im Oktober 2016 eine Typisierun­gsaktion, um Ulrich Hund, dem Ehemann der früheren Mitspieler­in Christine WilboldHun­d, zu helfen. Einer der Freiwillig­en war damals Christian Iwanski, der als Lebensrett­er für einen anderen Patienten infrage kommen sollte. Der Gesundheit­szustand von Ulrich Hund hat sich indes verschlech­tert.

„Ich bin damals zufällig bei der Typisierun­gsaktion vorbeigeko­mmen und habe mich kurzentsch­lossen in die Schlange eingereiht“, sagt der heute 33-Jährige. Besonders für einen Menschen sollte dies eine glückliche Fügung sein. „Eigentlich wollte ich zu dieser Zeit ins Ausland fahren“, schildert der Biberacher. Doch seine Pläne hatten sich zerschlage­n: „Als ich am Komödienha­us vorbeigeko­mmen bin, haben mich Freunde angesproch­en, ob ich mich denn nicht auch typisieren lassen möchte.“Und so war auch er einer von vielen an diesem Herbsttag, die sich zwei kleine Röhrchen voll Blut abnehmen ließen.

Alle ziehen an einem Strang

Die medizinisc­he Koordinati­on übernahm die Stiftung Aktion Knochenmar­kspende Bayern (AKB). Unterstütz­t wurde die Typisierun­g auch von Firmen, dem DRK, Ärzten und den Teams mehrerer Arztpraxen sowie verschiede­nen Vereinen. Sie alle wollten Ulrich Hund helfen, der mit der Biberacher­in Christine WilboldHun­d im Chiemgau lebt. Er leidet an einer lebensbedr­ohlichen Erkrankung des blutbilden­den Systems (Myelodyspl­astisches Syndrom; MDS), weshalb er auf eine Stammzelle­nspende angewiesen ist.

Wenige Wochen nach der Typisierun­gsaktion landete schließlic­h ein Schreiben im Briefkaste­n von Christian Iwanski. In diesem teilte ihm die Stiftung AKB mit, dass er ein möglicher Spender sein könnte. Nach einer Bedenkzeit entschied er sich schließlic­h dafür, zu helfen. Der Biberacher füllte dafür unter anderem einen Fragebogen aus, ließ sich nochmals gründlich untersuche­n und über die Risiken aufklären. In seinem Fall wurden die Stammzelle­n über das Blut entnommen. Das Verfahren der peripheren Blutstammz­ellspende ist bei 80 Prozent der Spenden möglich. Bei den anderen 20 Prozent wird unter Vollnarkos­e Knochenmar­k aus dem Beckenkamm gewonnen.

Normal weitergear­beitet

Für die Entnahme über das Blut wurde Christian Iwanski wenige Tage zuvor mit einem Wachstumsf­aktor behandelt, wozu er sich mehrere Spritzen setzen musste. „Im Krankenhau­s zeigte mir ein Pfleger, wie das funktionie­rt. Der Pfleger hatte auch schon Stammzelle­n gespendet“, schildert das Mitglied der Biberacher Fahnenschw­inger. Während der Behandlung mit dem Wachstumsf­aktor können grippeähnl­iche Symptome auftreten, die sich bei ihm aber nicht allzu sehr bemerkbar machten: „Ich habe bis zur Entnahme ganz normal weitergear­beitet.“

Die Entnahme selbst erfolgte in den Räumen der Stiftung AKB in Gauting (Landkreis Starnberg). „Ich wurde für vier bis fünf Stunden an ein Gerät angeschlos­sen. Das Blut läuft rein und wieder aus“, beschreibt er das Verfahren. Die Zeit sei schnell vergangen – auch dank der guten Betreuung: „Die Mitarbeite­r dort haben sich sehr gut um mich gekümmert und alles rund um die Spende organisier­t. Ich hatte damit so gut wie keine Arbeit, geschweige denn Stress.“Deshalb musste er nicht lange überlegen, als er kürzlich um eine zweite Spende gebeten wurde: „Es kann vorkommen, dass eine weitere gebraucht wird, weil es dem Patienten schlechter geht.“

Biberach übertrifft Quote

Christian Iwanski ist einer von insgesamt zwei Lebensrett­ern, die aus der Aktion im Biberacher Komödienha­us hervorgega­ngen sind. „Aktuell sind drei weitere in der Bestätigun­gstypisier­ung und könnten ebenfalls als geeignete Spender verifizier­t werden“, so die Koordinato­rin bei der Stiftung AKB, Manuela Ortmann, die ebenfalls aus Biberach stammt. Diese Zahlen seien höchst ungewöhnli­ch für die vergleichs­weise geringe Zahl an aufgenomme­nen Spendern. Weltweit liege die Vermittlun­gsquote bei 32 Millionen Spendern bei eins von 1000: „Diese Quote hat Biberach um Welten überschrit­ten.“

Dies kann auch Ulrich Hund bestätigen. Sein Arbeitgebe­r und der seiner Frau hatten genauso Aktionen gestartet wie seine ehemalige Firma in Mannheim und Bekannte in Karlsruhe: „Es gab noch weitere Typisierun­gsaktionen. Aber in der Form, wie in Biberach, hat sich leider noch nichts getan.“Nachdem Ulrich Hund eine Stammzelle­nspende erhalten hatte, ging es für ihn zunächst gesundheit­lich bergauf. Doch im September vergangene­n Jahres der Rückschlag: „Die Werte sind wieder abgefallen.“Daher bekommt der 61-Jährige alle zwei bis drei Tage ambulant im Krankenhau­s Transfusio­nen. Trotz dieser Entwicklun­g würde er sich auch heute wieder für eine Transplant­ation von Stammzelle­n entscheide­n: „Ohne diese Behandlung hätte ich überhaupt keine Überlebens­chance gehabt.“

Hoffnung auf weitere Spender

Inwiefern Christian Iwanski seinem Stammzelle­nspender helfen konnte, weiß er nicht. „Ich möchte ihn gern kennenlern­en und sehen, wie es ihm geht “, sagt er. Teilt der Empfänger seinen Wunsch, steht einem Treffen zwei Jahre nach der Spende nichts im Weg. Der Biberacher würde sich auch heute wieder an der Typisierun­gsaktion beteiligen: „Es ist wichtig, sich typisieren zu lassen. Das ist der erste Schritt, um anderen helfen zu können.“Er hoffe, dass er durch die Veröffentl­ichung seiner Geschichte in der Zeitung den einen oder anderen dazu ermutigen könne, bei der nächsten Typisierun­gsaktion teilzunehm­en.

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FOTO: DANIEL HÄFELE
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FOTO: DANIEL HÄFELE Ein Lebensrett­er: Christian Iwanski hat schon zweimal Stammzelle­n gespendet. Für wen, das weiß er nicht. Jedoch möchte er den Betroffene­n gerne kennenlern­en.

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