Schwäbische Zeitung (Biberach)

Jesidin fühlt sich im Irak sicher

Deutsche Behörden weisen Vorwürfe von Aschwak Talo zurück

- Von Taylan Ay, Stefan Fuchs und Agenturen

RAVENSBURG (saf) - Die in den Irak geflüchtet­e Jesidin Aschwak Talo befindet sich in einem Flüchtling­scamp im Nordirak. Dort fühlt sie sich sicher vor ihrem mutmaßlich­en ISPeiniger. Das bestätigt der kurdische Journalist Barham Ali im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Talo war nach eigenen Angaben in Schwäbisch Gmünd dem Mann begegnet, der sie über Monate in Syrien als Sklavin gefangen gehalten haben soll.

RAVENSBURG - Die aus Deutschlan­d vor ihrem mutmaßlich­en IS-Peiniger in den Irak geflüchtet­e Jesidin Aschwak Talo soll sich in der autonomen kurdischen Region im Irak sicher fühlen. Das bestätigte Barham Ali, der Chef der kurdischen Nachrichte­nseite Basnews, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er hatte Talo als Erster in einem Camp für Vertrieben­e in der nordirakis­chen Provinz Dohuk interviewt.

Die Frau hatte angegeben, im Februar 2018 in Schwäbisch Gmünd einen Kämpfer des sogenannte­n Islamische­n Staats namens Abu Humam gesehen zu haben. Dieser habe sie monatelang in Syrien als Sklavin gehalten.

Die Heimatstad­t ist verwüstet

„Sie fühlt sich sicher, da Abu Humam nicht hier ist“, sagt Barham Ali. Die Region Kurdistan, wo auch ihre Familie lebe, sei das sicherste Gebiet im Irak. Bevor sie ihren Peiniger getroffen habe, habe sie allerdings in Deutschlan­d eine bessere Zukunft erwartet. „Ihre Heimatstad­t nahe Shingal ist, obwohl vom ,Islamische­n Staat‘ befreit, ein verwüstete­s Gebiet.“Ali erwartet von Deutschlan­d und anderen EU-Staaten, den Jesiden dabei zu helfen, „ihre Heimatstäd­te wieder aufzubauen und sie gegen zukünftige Bedrohunge­n abzusicher­n“. Außerdem fordert er von der deutschen Regierung und den Behörden, dass sie gegen getarnte IS-Kämpfer vorgehen. Dass Talos Geschichte wahr ist, daran hat er keine Zweifel: „Als ich mit ihr sprach, hatte ich das Gefühl, dass sie in guter Verfassung war und in vollem Bewusstsei­n über das, wovon sie sprach.“

Dass es ähnliche Fälle gibt, hält er für wahrschein­lich. Er habe jesidische Freunde, die berichtete­n, dass geflüchtet­e Kurden auf IS-Milizen gestoßen seien. Konkrete Schicksale kenne er allerdings nicht.

Dass mehrere Jesidinnen von ähnlichen Fällen berichtet haben, bestätigte ein Sprecher des Stuttgarte­r Innenminis­teriums im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Polizei gehe den Hinweisen nach.

Richard Arnold (CDU), Oberbürger­meister von Schwäbisch Gmünd, wies derweil die Vorwürfe Talos zurück, die Behörden in Deutschlan­d hätten sie im Stich gelassen. „Man hat alles unternomme­n, um die junge Frau zu schützen“, sagte er der „Stuttgarte­r Zeitung“und den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“. Angesichts des schweren Schicksals der von Kämpfern des IS monatelang versklavte­n Frauen habe man ihrer Betreuung von Anfang an größte Aufmerksam­keit geschenkt. „Wir haben versucht, ihr umfassend Sicherheit zu geben“, betonte Arnold mit Blick auf Aschwak Talo. Ihr sei auch ein Wohnungswe­chsel angeboten worden, den sie aber abgelehnt habe.

Ein Sprecher des Innenminis­teriums sagte, die Polizei und das Landeskrim­inalamt hätten nach der Anzeige der jungen Frau alle notwendige­n Maßnahmen eingeleite­t, um sie zu schützen. Seit Juni ermittelt die Bundesanwa­ltschaft in dem Fall.

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FOTO: BASNEWS Barham Ali von der kurdischen Nachrichte­n-Webseite Basnews im Gespräch mit Aschwak Talo.

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