Schwäbische Zeitung (Biberach)
Bilder voller Geschichten
Marlis Glaser lädt zum Tag der jüdischen Kultur nach Attenweiler ein
ATTENWEILER (sz) - Geschichten stehen dieses Jahr im Mittelpunkt des Europäischen Tags der jüdischen Kultur (ETJK) am Sonntag, 2. September. In Attenweiler lädt die Künstlerin Marlis Glaser in ihr Atelier ein. Dort werden Musik, ein Vortrag und eine Ausstellung geboten. Der Beginn der Veranstaltung ist um 15 Uhr. Die Malerin bereitet bereits seit zehn Jahren jedes Jahr ein umfangreiches Programm für diesen europaweit begangenen Tag vor. Das Evangelische Bildungswerk Oberschwaben und die Deutsch-Israelische Gesellschaft Ulm/Neu-Ulm sind Mitgestalter des Nachmittags und im Programm mit Grußworten vertreten.
Motto des diesjährigen Tags ist das Geschichten-Erzählen. Schließlich besteht auch ein großer Teil der Tora aus Geschichten. Das Erzählen hat nicht nur in der Tora, sondern auch später im Judentum eine umfangreiche Geschichte; zu den ersten Büchern, die nach der Erfindung des Buchdrucks in hebräischen Lettern gedruckt wurden, gehörten Bücher mit vielen, meist kurzen Geschichten.
Mit dem Erzählen wird sich der Hauptvortrag des Nachmittags befassen. Dafür kommt der Rabbiner der liberalen jüdischen Gemeinde Zürich nach Attenweiler: Ruven Bar Ephraim hat seinen Beruf schon in Israel und in den Niederlanden ausgeübt und ist nun seit elf Jahren Rabbiner in der größten Stadt der Schweiz. Seit zwei Jahren ist er zudem Vorsitzender des Verbandes nicht-orthodoxer Rabbiner in Europa.
Ebenfalls aus der Schweiz kommt ein Musiker-Duo nach Attenweiler, der Portugiese Nuno Miranda und die Niederländerin Annemieke Cantor. Miranda unterrichtet an der Musikschule Schaffhausen Gitarre; Cantor ist von Beruf Gesangslehrerin. Die beiden Musiker sind in verschiedenen Ensembles international unterwegs. Sie bringen unter anderem ein Lied von Claudio Monteverdi zu Gehör.
Marlis Glaser wird zu einigen ihrer Bilder Geschichten erzählen. Mit künstlerischen Arbeiten sind auch die Söhne Samuel und Joshua Glaser vertreten. Samuel ist dabei, ein Kunststudium zu beenden; Joshua lernte nach dem Abitur den Beruf des Zimmerers und hat gerade die Gesellenprüfung abgelegt.
Massiger Stein erzählt von Gewalt
Von Marlis Glaser ist unter anderem das Bild eines massigen Steines ausgestellt, der im Jahr 1933 in Memmingen in das Haus einer jüdischen Familie geworfen wurde. Oder das Bild zur Geschichte einer Emigrantin aus Frankfurt, die bis ins hohe Alter in Israel als Frauenärztin arbeitete und viele muslimische Frauen behandelt hat.
Einige dieser Geschichten wird Marlis Glaser während der Veranstaltung erzählen. Die künstlerischen Arbeiten von Marlis Glaser, Joshua und Samuel sind auch in den drei Wochen nach dem 2. September in der Attenweiler Ausstellungshalle zu sehen. Am 16. September wird in der Galerie Mochental eine Ausstellung mit Bildern von Marlis Glaser eröffnet.
Der Zürcher Rabbiner Bar Ephraim steht einem Europa-weiten Verband vor, der „European Rabbinical Assembly“(ERA). Dieser Verband wurde vor zwei Jahren von sechzig Rabbinern aus mehreren Ländern Europas gegründet. Es gibt bereits einen Verband liberaler jüdischer Gemeinden; in ihm sind über zweihundert Gemeinden verbunden; aber wenn diese Gemeinden rasch zu einem in der Öffentlichkeit diskutierten Thema Stellung nehmen sollten, dann ist ein Verein ihrer Rabbiner sicher rascher.