Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wie viele Kletterparks verträgt die Region?
Viele Menschen wollen mit kraftvollen Griffen hoch hinaus - Viele neue Anlagen
ILLERTISSEN - So mancher Kletterfan in Illertissen und Umgebung dürfte vor Freude feuchte Finger bekommen: Der Bau des lang ersehnten Kletterturms hat in dieser Woche begonnen, im Frühjahr soll die Anlage in der Friedhofstraße in Betrieb gehen. 17 Meter wird der Turm in die Höhe ragen und auf einer Fläche von 850 Quadratmetern 150 Kletterrouten bieten. Über ein automatisiertes Eintrittssystem sollen die Kraxler auf die Anlage gelangen – und durch die Eintrittsgelder zur Refinanzierung der Freiluft-Anlage beitragen. Für die muss die hiesige Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV) rund 650 000 Euro aufbringen. Eine Herausforderung, obwohl die Sparkasse als Hauptsponsor die Kasse aufmacht. Ist der Turm fertig, sollen in einem zweiten Bauabschnitt eine Boulderhalle und Vereinsräume entstehen. Und damit weitere Kosten. Rechnet sich das?
Sorgen um die Auslastung machen sich die Illertisser Alpinisten nicht: Kletterer verlangten nach Abwechslung. Die werde ihnen in der Vöhlinstadt geboten, hieß es beim offiziellen Baubeginn des Turms. Die Besucherzahlen seien genau kalkuliert. Einen Reiz biete die Illertisser Anlage durch ihren Freiluftcharakter und die Lage am Waldrand. Und zudem sei Klettern beliebt, immer mehr Menschen ziehe es sportlich in die Höhe.
Trendsportart Klettern
Das bemerkt man nicht nur in Illertissen: „Klettern liegt ganz eindeutig im Trend“, sagt Dieter Danks, der Vorsitzende des Alpenvereins Neu-Ulm, der die Kletterhalle „Sparkassen Dome“betreibt. So locke etwa die neue Halle in Kempten, die im vergangenen Jahr eröffnet hat, weit mehr Besucher an als erwartet. Und in Dietmannsried im Oberallgäu will der ehemalige Kletter-Profi Andreas Bindhammer bald eine Halle öffnen. Man werde sehen, wie sich das auf die Szene auswirke, sagt Danks.
Gute Erfahrungen hat die DAVSektion Krumbach mit ihrer Halle gemacht: Die Mitgliederzahlen des Vereins seien um 50 Prozent gestiegen, sagt zweiter Vorsitzender Martin Leopold. Allein im Jahr 2017 traten 177 Menschen ein. Im Gegenzug musste der Verein viel Geld in die Hand nehmen, die Kosten für die Kletterhalle mit kleinem Boulderbereich lagen bei rund 850 000 Euro. „Da haben wir noch einen Batzen abzuzahlen“, sagt Leopold. Der Betrieb lasse sich allerdings allein durch Umsätze tragen, dazu gehören Eintrittsgelder, Kursgebühren und Bewirtung. Mitgliederbeiträge werden nicht verwendet.
Kleine Hallen wie die Krumbacher – sie bietet 58 Routen – machten sich untereinander keine starke Konkurrenz, so Leopold. Denn es kämen vor allem Leute aus der näheren Umgebung. Allerdings werde das Netz aus Kletterspots immer dichter: „Inzwischen ist schon einiges geboten.“
Ist eine Sättigung in Sicht?
Neue Wände, neue Hallen, neue Routen: Die Kletterer registrieren genau, was an Angeboten hinzukommt – und an potenzieller Konkurrenz. Auch die Betreiber der Neu-Ulmer Halle behalten die Entwicklung im Blick, obwohl der mächtige „SparkassenDome“als Platzhirsch gilt. „Irgendwann einmal wird es eine Sättigung geben“, sagt DAV-Vorsitzender Danks. Aber so weit sei es momentan noch nicht. Zumal durch neue lokale Angebote auch „Nachwuchs“gewonnen werde: Kinder kämen durch Schnupperkurse und Schulsport zum Klettern. Für den Einstieg seien kleinere und ortsnahe Angebote wichtig. Nicht jeder wolle regelmäßig kilometerlange Fahrten in die nächste Stadt auf sich nehmen.
Hier setzt der DAV Illertissen mit seinem Turm an: Zwar werden Routen in den üblichen Schwierigkeitsgraden drei bis zehn (von maximal zwölf) geboten, aber das Hauptaugenmerk soll auf dem Anfängerbereich liegen. Wie stark eine FreiluftAnlage nachgefragt wird, komme aufs Wetter an, weiß Experte Danks. Das müsse bei Kalkulationen berücksichtigt werden. Besuche aus den Nachbarsektionen sind den Illertissenern wohl schon mal sicher. „Zumindest einmal, zum Ausprobieren.“