Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ein „Riesentag“macht Lust auf mehr

Fußball: Spatzen-Spieler David Braig und das Erlebnis DFB-Pokal

- Von Andreas Wagner

EHINGEN - Mit dem Sieg gegen Eintracht Frankfurt hat der Fußball-Regionalli­gist SSV Ulm 1846 für eine dicke Überraschu­ng im DFB-Pokal gesorgt und eine Stadt, ja eine Region, in Euphorie versetzt. Teil dieser Geschichte ist der Spatzen-Stürmer David Braig aus Dintenhofe­n, der seit Jugendtage­n für die Ulmer spielt. Viel hat er mit dem Traditions­verein schon erlebt, an den Erfolg gegen den Bundesligi­sten reicht aber wenig heran.

Dass der Regionalli­gist am Samstag die Eintracht mit 2:1 in die Knie gezwungen hatte, beschäftig­te Braig auch in den Tagen danach. In Ruhe schaute er sich das Spiel im TV-Sender Sky noch einmal an. Und staunte ein weiteres Mal. Auch wenn sich die Spatzen schon etwas ausgerechn­et hatten gegen Frankfurt, so war es doch „unfassbar, dass wir den Pokalverte­idiger rausgeworf­en haben“, sagt er. Und das im Donaustadi­on, das ausverkauf­t war. Zu Ulms Bundesliga-Zeiten war David Braig als kleiner Junge unter den Zuschauern in einem voll besetzten Stadion, aber dass er dies einmal als Spatzen-Spieler erleben würde, „das hätte ich nicht gedacht“.

Braig, der seine zwölfte Saison im Trikot des SSV Ulm 1846 bestreitet, stets Stammkraft und oft erfolgreic­hster Torschütze seines Teams war, stand gegen Frankfurt nicht in der Startelf. Aber er kam zum Einsatz, knapp 20 Minuten vor Ende löste er Vitalij Lux ab, kurz nach dessen Treffer zum 2:0. Braig hatte die Chance zum 3:0. „Mit dem dritten Tor hätten wir richtig Ruhe gehabt“, sagt der 27Jährige und ergänzt schmunzeln­d: „Aber dann wäre es auch nicht mehr so spannend gewesen.“Denn die Eintracht verkürzte noch auf 2:1, mehr gelang dem Bundesligi­sten nicht.

David Braig ist froh, zumindest 20 Minuten gespielt zu haben, auch wenn er viel lieber von Beginn an auf dem Feld gestanden hätte. Sein Pech war, dass er sich drei Wochen vor dem Regionalli­ga-Start einen Faserriss zugezogen hatte und pausierte, als die Mannschaft gut in die Runde startete und die anderen Angreifer wie Steffen Kienle (schoss auch das 1:0 gegen Frankfurt) und Vitalij Lux erfolgreic­h waren. „Wenn es läuft und die Stürmer treffen, gibt es keinen Grund zu wechseln“, so Braig. „Ich muss auf meine Chance warten.“

Erst seit eineinhalb Wochen sei er

wieder topfit, sagt Braig. Im Liga-Spiel gegen Offenbach (2:1) wurde er in der 84. Minute eingewechs­elt, im Pokalduell gegen Frankfurt kam er 20 Minuten vor Ende. „Zum Glück durfte ich bei so einem Riesenspie­l noch rein“, sagt der 27-Jährige. Er trug seinen Teil zu der Sensation bei, mit der sich die Mannschaft selbst begeistert­e („Aus dem Spiel ziehen wir ordentlich Selbstvert­rauen“) und Tausende Zuschauer mitriss. „Ich weiß nicht, wie lange unsere Ehrenrunde im Stadion gedauert hat“, so Braig, mit dem sich auch die Familie, Freunde und Bekannte im Stadion freuten.

Nie hatte der Dintenhofe­ner im Vorfeld eines Spiels so viele Anfragen wegen Eintrittsk­arten erhalten („Fast 200 Tickets habe ich besorgt“), nie zuvor hatten sich so viele Freunde und Bekannte aus der alten Heimat nach Ulm aufgemacht. Tom Breymaier von der TSG Rottenacke­r habe „einen Bus organisier­t“, so Braig. Gute Kontakte hat der Dintenhofe­ner auch zu Spielern des SSV Ehingen-Süd, der seinen Verbandsli­ga-Auftakt gegen Wangen am Samstag wegen des Ulmer Pokalspiel­s vorverlegt hatte. Viele wollten im Donaustadi­on sein. „Es waren so viele Gesichter da, die man von zu Hause kennt“, so Braig.

Keiner dürfte sein Kommen bereut

haben und nach dem Abpfiff wollte auch kaum einer der Spatzen-Fans rasch nach Hause. Die Zuschauer ließen auch die Ulmer Spieler lange nicht gehen, viel Zeit verstrich, bis die Mannschaft in der Kabine war. Dort wurde weitergefe­iert, die ARD-Sportschau am Samstagabe­nd zeigte singende Spieler in der Kabine – im Vordergrun­d zu erkennen waren einige Kisten Cola. Cola nach so einem Triumph? Dies habe er gar nicht mitbekomme­n, sagt Braig verschmitz­t. Das Getränk der Wahl bei der Mannschaft war am Samstagabe­nd ohnehin ein anderes, gegen das eine und andere Bier „hatte an so einem Riesentag niemand Einwände gehabt“. Auch nicht gegen die spätere Feier in einem Lokal in der Ulmer Innenstadt, zu der sich auch viele Fans gesellten.

Rückkehr zum Liga-Alltag

„Wir haben den Samstag komplett genossen“, sagt David Braig. „Aber jetzt müssen wir den Schalter umlegen.“Schneller, als den Spatzen lieb ist, steht wieder der Liga-Alltag an, schon am heutigen Dienstag holt die Mannschaft von Trainer Holger Bachthaler ihr Punktspiel in Worms nach und hat die Chance, an die Tabellensp­itze der Regionalli­ga Südwest zurückzuke­hren. „So schwierig es ist, aber ab heute

zählt wieder die Liga“, so Braig. Und der WFV-Pokal, der für die Spatzen am 29. August mit dem Spiel beim ALigisten Eislingen beginnt. Der württember­gische Verbandspo­kal ist für Ulm wichtig, denn er ist die Eintrittsk­arte zum DFB-Pokal und zu der Bühne, auf der man ganz großen Emotionen erleben kann.

„Das Spiel gegen Frankfurt soll nicht das letzte große Highlight gewesen sein“, sagt Braig, der vor wenigen Monaten sein Studium zum Wirtschaft­singenieur abschloss und sich derzeit auf den Fußball konzentrie­rt. Wer weiß, was die Spatzen in der Regionalli­ga erreichen oder welches Los sie im DFB-Pokal trifft. Braigs ursprüngli­cher Wunschgegn­er wird es nicht sein. „Ich wollte, dass der VfB Stuttgart kommt, aber der ist leider rausgeflog­en“, sagt er. „Doch auch die Bayern dürfen es gern sein, auf Köln mit seinen Fans würde ich mich ebenfalls freuen. Oder auf Heidenheim, das wäre ein richtiges Derby.“

Vielleicht auch erst Heidenheim und eine Runde später Köln oder München. Niemand mag ausschließ­en, schon gar nicht Braig und seine Ulmer Teamkolleg­en, dass in dieser bisher für die Spatzen so vielverspr­echenden Saison nicht ein weiterer Favorit im Donaustadi­on strauchelt.

 ?? FOTO: IMAGO ?? „Unfassbar, dass wir den Pokalverte­idiger rausgeworf­en haben“: Der Dintenhofe­ner David Braig (r., hier gegen Makoto Hasebe) gewann mit den Spatzen gegen Eintracht Frankfurt und mischt im DFB-Pokal weiter mit.
FOTO: IMAGO „Unfassbar, dass wir den Pokalverte­idiger rausgeworf­en haben“: Der Dintenhofe­ner David Braig (r., hier gegen Makoto Hasebe) gewann mit den Spatzen gegen Eintracht Frankfurt und mischt im DFB-Pokal weiter mit.
 ??  ?? David Braig
David Braig

Newspapers in German

Newspapers from Germany