Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Garten als riesiges Insektenho­tel

Das Ehepaar Kohler aus Mettenberg hat sich einen Zweitgarte­n zugelegt – mitten in der Natur

- Von Birga Woytowicz

METTENBERG - Der Natur nicht ins Handwerk pfuschen, sie schützen, aber nicht einengen: Dazu reicht Martina und Winfried Kohler der Garten direkt vor ihrer Haustür nicht aus. Stattdesse­n haben sie sich ihr „Bienenländ­le“geschaffen: Mitten in die Feldlandsc­haft rund um Mettenberg. Das Stück Land ist Rückzugsor­t, Hobby und Feiergelän­de zugleich.

600 Quadratmet­er Freifläche – ein Geschenk zum 60. Geburtstag ihres Mannes, erklärt Martina Kohler. Der ist Hobbyimker: „Er hatte seine Bienen immer an einem Waldstück in der Nähe von der Straße stehen. Das war nicht gut.“Da habe sie sich auf die Suche nach einem Grundstück gemacht und eine Annonce in der Zeitung aufgegeben. Vor dreieinhal­b Jahren war das. Die Kinder hätten sich zusammenge­tan und das Stückchen Erde mit einem Holzschild offiziell das „Bienenländ­le“getauft. Die Buchstaben sind eingeritzt in einem Holzbrett, das an Stahlkette­n von zwei Nussbäumen getragen wird.

Zentnerwei­se Nüsse zum Ernten

Die Bäume grenzen das „Bienenländ­le“nach hinten zur Straße ab. Sie tragen reichlich Früchte. „Dieses Jahr kommen sicher mindestens drei Zentner Nüsse zusammen“, sagt Martina Kohler. Neben Hasel- und Walnüssen können die Kohlers Mirabellen oder Zwetschgen ernten. „Wir machen Marmelade, kochen ein und verschenke­n auch viel.“Zugleich hat sich Martina Kohler eine Kräutereck­e zugelegt, mit Johanneskr­aut, Minze, Majoran, Echinacea oder Rainfarn. Für Insekten ein Paradies: „Die Kräuter blühen bis November. Da kommen die Tiere gut über den Winter“, sagt Kohler. Die Blätter der Königskerz­en dienten den Insekten zudem als Wasserspen­der.

Wie der Name schon verrät: Vor allem die Bienen haben hier ein Zuhause. Im Zentrum hat Winfried Kohler die Kästen samt seiner 14 Hauptvölke­r aufgestell­t. Insgesamt kümmert er sich um 25 Völker. „Früher hatte ich Angst vor den Bienen. Irgendwann hat es mich aber gepackt und ich habe das Hobby von meinem Vater weitergefü­hrt.“Sogar seine Allergie gegen das Bienengift halte ihn davon nicht ab. In einer Therapie habe er sich dem Allergen ausgesetzt und den Körper mit der Zeit daran gewöhnt. „Aber meine Bienen sind sanftmütig. Alles Erfolg der Züchtung“, sagt Kohler.

Die Bienenkäst­en habe er extra in Richtung Südosten aufgestell­t. So bekämen die Tiere die Morgensonn­e und weniger Wind ab. Vor den Bienenkäst­en hat Winfried Kohler zudem eine Wildblumen­wiese gepflanzt. Ohne die Bienen könne er nicht mehr: „Seit ich die Bienen habe, sehe ich die Natur und Dinge, die mir vorher nie aufgefalle­n sind.“

Seine Ehefrau ist mit der Natur dagegen schon seit Kindertage­n verbunden. „Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden. Sich in der Natur aufzuhalte­n, ist Entspannun­g für mich.“Hier fühle sie sich am wohlsten. Vorausgese­tzt, Tier- und Pflanzenwe­lt sei vollkommen frei: „Ich mag keine sterilen, übergepfle­gten Gärten. Lieber natürlich und etwas verwildert.“

Auch wenn die Kohlers die Natur Natur sein lassen: Hinter dem Bienenländ­le steckt Arbeit. Zweieinhal­b Jahre habe ihr Mann auf dem Gelände gewütet, sagt Martina Kohler: „Er „Ich mag keine sterilen, übergepfle­gten Gärten. Lieber natürlich und etwas verwildert“, sagt Martina Kohler.

hat einen Bagger kommen lassen und zwei Terrassen angelegt. Außerdem musste sehr viel Unkraut entfernt werden.“

Immer neue Baustellen

Die Großbauste­lle ist mittlerwei­le zwar längst Geschichte. Doch im „Bienenländ­le“gibt es immer mal wieder kleine Baustellen. „Unser ältester Sohn hat eine Sitzmauer vor die Grillstell­e gebaut. Das war ein Samstagmit­tagprojekt“, erklärt Winfried Kohler. An einer anderen Stelle hat der Sohn ein Netz zwischen Bäumen gespannt. Mit Ästen und Seilen ist an einem Baumstamm eine Treppe entstanden, über die man in die Hängematte klettern kann. So verewigten sich die Kinder im Bienenländ­le, sagt Kohler.

Bäume zur Taufe gepflanzt

Aber auch an andere Familienmi­tglieder erinnert das Bienenländ­le. So hätten sie ein altes Flurkreuz von dem Bauernhof ihres Vaters von einem Steinmetz in Schuss bringen lassen und neu aufgestell­t, erzählt Martina Kohler. Und auch die jüngste Generation hinterläss­t ihre Spuren: „Zur Taufe haben wir unseren Enkeln Bäume gepflanzt. Einen Apfelbaum und eine Linde.“Neben der Taufe richten die Kohlers viele weitere Feste im Bienenländ­le aus.

Im Herbst und Winter wird es hier vergleichs­weise ruhig. Bald beginnt Winfried Kohler damit, die Bienen einzufütte­rn. Während seine Tiere im Winter weniger Pflege brauchen, bereitet er den Honig zu und verkauft ihn per Haustürges­chäft. Alles parallel zum Hauptjob, die Arbeit geht ihm nicht aus. Auch seine Ehefrau hat einiges mit Job und Gartenpfle­ge zu tun. Doch am Wochenende ruht sie im Bienenländ­le auch gerne einmal aus: „Ich lege mich hin, lese etwas oder schaue rauf und genieße einfach nur.“

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FOTOS: BIRGA WOYTOWICZ Früher hatte Winfried Kohler Angst vor Bienen. Heute hält er 25 Bienenvölk­er und kümmert sich mit Hingabe um die Tiere.
 ??  ?? Der Garten in Mettenberg ist nicht nur ein Insektenpa­radies. Er dient Winfried und Martina Kohler auch zur Entspannun­g.
Der Garten in Mettenberg ist nicht nur ein Insektenpa­radies. Er dient Winfried und Martina Kohler auch zur Entspannun­g.
 ??  ?? Das Feldkreuz haben die stolzen Gartenbesi­tzer vom Bauernhof von Martina Kohlers Vater herbringen und richten lassen.
Das Feldkreuz haben die stolzen Gartenbesi­tzer vom Bauernhof von Martina Kohlers Vater herbringen und richten lassen.
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