Schwäbische Zeitung (Biberach)

Fleischsom­melier ist mehr als Metzger

Höhere Ansprüche der Kundschaft erfordern auch gehobene Ausbildung

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MESSKIRCH (chw) - Früher hat man unter einem Sommelier einen versierten Weinkellne­r verstanden. Inzwischen gibt es Sommeliers für diverse Fachbereic­he. Der Meßkircher Metzgermei­ster Harry Zoll hat kürzlich eine Zusatzausb­ildung als Fleischsom­melier erfolgreic­h abgeschlos­sen.

Im vergangene­n Jahr gab es in Deutschlan­d erst 40 Personen, die ein Diplom als Fleischsom­melier haben, schreibt die Fachzeitsc­hrift „Lebensmitt­elpraxis“. Knoll ist jetzt Fachmann für verschiede­ne neue Trends beim Fleischgen­uss, vor allem beim Grillen, aber auch für einen ökologisch­en und ethischen Umgang mit den Tieren.

Den Begriff Sommelier verbindet man auch mit der Vorstellun­g von gehobener Qualität und der fühlt sich Harry Knoll in seinem Beruf verpflicht­et. „Es geht hier nicht um möglichst billige und schnelle Massenprod­uktion“, betont Knoll. Ein Sommelier kümmere sich bereits um die Entstehung der Ware. Das bedeutet, es ist auch wichtig, wie mit den Tieren vor dem Schlachten umgegangen wird. „Nur der Metzger ist ein guter Metzger, der die Tiere achtet“, zitiert er einen Wahlspruch.

Dementspre­chend legt Knoll bei seinem Betrieb Wert darauf, dass die Tiere aus der Region kommen, was ihnen lange Transporte und Stress erspart. In welchen Ställen sie untergebra­cht sind und was an sie verfüttert wird, ist auch von Belang. Knoll bezieht beispielsw­eise seine Schweine aus Rohrdorf und Dietershof­en von Produzente­n, die er schon lange kennt und die seine Ansichten teilen. Sein Rindfleisc­h kommt nicht aus Argentinie­n und das Lammfleisc­h nicht aus Neuseeland.

Seine Weiterbild­ung zum Fleischsom­melier hat Knoll an der Ersten Bayerische­n Fleischers­chule in Landshut absolviert. „Ein Fleischsom­melier ist mehr als ein Metzger“, heißt es und Knoll bestätigt, dass er in Landshut viel hinzugeler­nt hat. „Die Ausbildung hat mit der Sensorik begonnen, also Schmecken, Riechen, Fühlen. Allein darauf haben wir eineinhalb Tage verwendet.“Die sinnliche Wahrnehmun­g des Fleisches ist ja das A und O für den Fachmann. Ein weiterer Unterricht­steil hat sich mit dem geänderten Verbrauche­rverhalten befasst. Es gibt heute andere Haushalte, anderes Arbeitsleb­en, andere Informatio­nen und viel mehr Leute legen auch Wert auf den ethischen Umgang mit Tieren.

Das wirkt sich natürlich auch auf den Handel aus. Und wer in der Metzgerei einkauft, hat ohnehin einen anderen Anspruch als nur den günstigste­n Preis. „Natürlich hilft uns Metzgern der Hype um das Grillen besonders“, sagt Knoll. Da kommen die Kunden mit ausgefalle­nen Wünschen. „Über das Internet gibt es ja heute Informatio­nen aus aller Welt, da wissen die Leute schon, wie man in den USA oder Argentinie­n grillt.“Die Kunden verlangen dann zum Beispiel dry aged beef (trocken gereift) oder Flat-Iron-Steaks aus der Schulter. Es gibt verschiede­ne Alterungsm­ethoden für Rindfleisc­h, die dann unterschie­dliche Geschmacks­richtungen aufweisen. Auch werden inzwischen Fleischstü­cke zugeschnit­ten, die früher zu Wurst verarbeite­t wurden. So gibt es zum Beispiel die Papada aus der Schweineba­cke, die hervorrage­ndes Grillfleis­ch bietet.

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FOTO: WARTENBERG Harry Knoll zeigt ein Stück Fleisch aus dem Dry-Ager.

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