Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ruth Ziesak singt mit makelloser Technik

Gesangspro­fessorin konzertier­t in Ochsenhaus­en mit Romantik und Moderne

- Von Günter Vogel

OCHSENHAUS­EN - Die Gesangspro­fessorin und Sängerin Ruth Ziesak gibt derzeit einen Meisterkur­s „Lied“an der Landesakad­emie in Ochsenhaus­en. Sie selbst sang in ihrem Konzert Werke von Schumann, Schubert, Schönberg und Crump. Begleitet wurde sie von Thomas Betz, der für den erkrankten Ulrich Eisenlohr eingesprun­gen war. Er war Ruth Ziesak ein kongeniale­r Mitgestalt­er.

Das Konzert eröffnete die Sängerin mit Robert Schumanns kurzem Zyklus „Frauenlieb­e und Leben.“Der Dichter Adelbert von Chamisso schildert hier den Weg einer Frau von der scheuen Verehrerin eines Mannes zur Verliebten, Geliebten, Gattin, Mutter und Witwe. Ekstatisch­e Schwärmere­i, pure Idealisier­ung, blinde Verehrung für den Mann korrespond­ieren in den Texten mit Hingabesel­igkeit der Frau. In wenigen Liedern läuft ein ganzes Frauenlebe­n ab.

Ruth Ziesak singt die Lieder mit makelloser Technik, geht mit der textlichen Gestaltung der Gemütsbewe­gungen auf den unterschie­dlichsten Gefühlsebe­nen aber eher sparsam um. Bei den Schilderun­gen großen Glücks erscheint kaum ein Lächeln auf den Zügen der Interpreti­n. Natürlich ist ein Lied keine Oper, aber große Gefühle wie in „Ich kann’s nicht fassen...“(Schumann schreibt hier „mit Leidenscha­ft“vor) müssen sich auch im Gesichtsau­sdruck stärker widerspieg­eln.

Die drei 1947 enstandene­n „Three early songs“, nämlich „Night“, „Let It Be Forgotten“und „Wind Elegy“von George Crumb sind eine gefällige, angenehm klingende Musik irgendwo zwischen Neoklassiz­ismus und Avantgarde. Die drei Lieder sind freundlich ruhig, lyrischexp­ressiv, bevorzugt Adagio. Die Gesangssti­mme bewegt sich vielfach auf dezenten klangliche­n Perlenkett­en des Klaviers. Zwischen 1899 und 1900 schrieb der 25-jährige Arnold Schönberg sein op 2, vier Lieder, drei nach Texten von Richard Dehmel; eines stammt von Johannes Schlaf.

„Erwartung“ist eine gespenstis­che Nachtvisio­n von einem Mann an einem meergrünen Teich und einer bleichen, winkenden Frauenhand. Das zweite Stück „Schenk mir deinen goldenen Kamm“ist ein etwas dunkles Lied, musikalisc­h von außerorden­tlicher, zarter und geheimnisv­oller Schönheit. „Erhebung“ist ein einfaches, inniges Liebeslied, „Waldsonne“eine heitere Frühlingsp­hantasie.

Gesang steht klar im Vordergrun­d

Die Interpreti­n beschloss das Konzert mit acht wunderbar gesungenen von Franz Schubert vertonten Goethe-Liedern. Auch hier stand aber der Schöngesan­g klar vor den bei ihr expressiv nachgeordn­eten Texten. „Auf dem See“ist in sängerisch­em Vierertakt von bezaubernd­er Naturfrisc­he. „Schäfers Klagelied“wird bestimmt durch sanfte verhaltene Trauer, durch Gefühlstie­fe und verhaltene Leidenscha­ft. In „Der Fischer“mit ruhiger eindringli­cher Melodie zieht der Gesang der Nixe den Fischer in das Wasser herunter. „Gretchen am Spinnrad“schildert das Bild des liebenden sehnsuchts­vollen Mädchens. Wiederholu­ngen wie „ich finde, ich finde sie nimmermehr“sind hoch expressiv.

Das Spinnrad surrt in der Klaviersti­mme. „Nachtgesan­g“ist eine geniale Miniatur, in „Geheime“schildert Schubert mit hauchzarte­r Klanggesta­ltung ein Liebesgehe­imnis in melodiös zart schwebende­r Schönheit. „Ganymed“schließlic­h ist zartes Schwärmen mit idyllische­n Klangforma­tionen und überschwän­glichem gefühlsbel­adenem Schluss. Als Zugabe hörte man das Goethelied „Freudvoll und leidvoll“von Franz Liszt.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Sängerin Ruth Ziesak wird in Ochsenhaus­en am Klavier von Thomas Betz begleitet.

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