Schwäbische Zeitung (Biberach)
Sie bringen Cricket nach Biberach
Flüchtlinge aus Afghanistan trainieren jede Woche beim TG-Heim.
BIBERACH - Auch fern der eigenen Heimat ein Team zu sein: Darum geht es den rund 29 afghanischen Flüchtlingen, die sich immer sonntags ab 14 Uhr in Biberach zum Cricketspielen treffen. Die Sportart ist in Deutschland eher unbekannt. Darum wollen sich die Flüchtlinge gemeinsam darum bemühen, ein Team in Biberach auf die Beine zu stellen.
In ihrer Heimat Afghanistan ist Cricket längst ein Nationalsport. „Cricket ist dort vergleichbar mit dem Stellenwert des Fußballs hierzulande“, erklärt Yousaf Masood, einer der Spieler. Er habe den Sport bereits in seiner ursprünglichen Heimat leidenschaftlich betrieben. Bei seiner Ankunft in Deutschland habe er dann zunächst nur Fußball gespielt. Da er Cricket früher in Afghanistan jedoch so gern gespielt hat, habe er es hier irgendwann vermisst. Über seinen Betreuer sei er dann zu der Gruppe gestoßen, die sich Sonntags in Biberach zum Training trifft. „Ulm hat zwar auch eine Mannschaft. Aber da ich in Mietingen wohne, hat sich Biberach besser angeboten“, sagt Yousaf.
TG bietet Unterstützung
Die zwischen 20- und 28-jährigen Afghanen haben das Training auf eigene Initiative ins Leben gerufen. „Ein paar von ihnen waren bei uns bereits im Verein und haben den Wunsch geäußert, ihre Heimatsportart auch hier praktizieren zu wollen“, erklärt Thiemo Potthast, Geschäftsführer der TG Biberach. Daraufhin habe der Verein ihnen den Sportplatz der Stadt am TG-Heim für Sonntagnachmittags reserviert, denn er eignet sich gut zum Cricketspielen aufgrund seiner ovalen Form. Dort treffen sich die jungen Flüchtlinge bereits seit März dieses Jahres – auch ein Hallentraining konnte mithilfe der TG organisiert werden.
18 Spieler sind von Anfang an dabei, hinzu kamen nach und nach weitere Spieler. Mittlerweile sind es sogar so viele Sportler, um zwei Teams bilden zu können und gegeneinander zu spielen. Bislang übernehmen die Spielstärksten die Rolle des Trainers, doch eigentlich wünscht sich das Team einen „richtigen“Trainer. Auch einen festen Trainingsplatz streben die Cricketspieler an, denn der Sportplatz am TG-Heim ist nur am Sonntag für sie reserviert. „Wir würden gerne zwei oder drei Mal in der Woche trainieren, damit wir besser werden“, sagt Yousaf Masood.
Den Trainingsfortschritt merkt die Mannschaft dann in den Freundschaftsspielen, die ebenfalls von den Flüchtlingen organisiert werden. „Wir kennen Teams aus Stuttgart, Ulm und Karlsruhe“, sagt Masood. Am 15. September bestreiten die Biberacher ihr nächstes Spiel.
Gemeinsam haben sich die Flüchtlinge sogar schon einen Teil der Ausrüstung besorgen können. Auf eigene Initiative wurden gelbe Team-T-Shirts bedruckt, die die Aufschrift „Biberach“tragen. Allerdings fehlt die restliche zum Cricket benötigte Schutzkleidung noch zum Großteil. „Die kann uns wahrscheinlich dann ein Freund aus Pakistan mitbringen“, meint Yousaf Masood. Den sogenannten Pitch, der die Mitte des Spielfelds markiert, können sie hier in Deutschland erwerben. „Aufgrund unseres noch niedrigen Niveaus spielen wir momentan noch mit Tennisbällen. Das ist ohne Schutzkleidung dann auch sicherer“, erklärt Masood.
Auch Deutsche sollen mitmachen
Bislang besteht die Mannschaft ausschließlich aus Afghanen. „Doch wir würden uns sehr wünschen, dass auch Deutsche sich bald mal trauen, mitzuspielen“, sagt Masood. „Das wäre für uns nämlich auch eine gute Gelegenheit, unser Deutsch weiter zu verbessern.“