Schwäbische Zeitung (Biberach)

Eine kleine Geschichte der Zeit(messer)

Einblicke in die fasziniere­nde Welt der Uhrmacherk­unst gibt es in einem privaten Museum in Bad Wurzach

- Von Christine Hofer-Runst

BAD WURZACH - Ein kleines, feines, von außen eher unscheinba­res Kleinod der Technik befindet sich mitten im Herzen Bad Wurzachs. Das Uhrenmuseu­m der Familie Westermaye­r in der Marktstraß­e präsentier­t historisch­e Uhren in allen Größen und Formen. Einmal wöchentlic­h, am Mittwochna­chmittag, tauscht Monika Westermaye­r ihre Verkaufs- und Beratungst­ätigkeit gegen die der Museumsfüh­rerin ein.

Auf den ersten Blick sieht der Besucher lediglich Uhren. Eine große Turmuhr von etwa 1600 nach Christus, ohne Ziffernbla­tt und Zeiger, aber mit zwei dicken Wackerstei­nen als Antrieb. In einer hölzernen Vitrine werden historisch­e Taschenuhr­en präsentier­t und auf Regalen sind, für den Besucher völlig unbekannte Werkzeuge ausgestell­t. Erst mit den lebhaften Erzählunge­n und Erklärunge­n von Monika Westermaye­r erschließe­n sich den Gästen die Zu- sammenhäng­e, der Technik und der großen Handwerksk­unst der Uhrmacher. Ausstellun­gsstücke dürfen bei ihr nicht nur betrachtet werden; der Besucher darf sie auch in die Hand nehmen, die feinen Gravuren und Ziselierun­gen auf den Gehäusen erfühlen und mit Lupen die filigranen Uhrwerke bewundern. Die Museumsfüh­rung ist auch eine kleine Zeitreise durch die Jahrhunder­te. Monika Westermaye­r erzählt spannende Geschichte­n von den ersten Taschenuhr­en, teils sogar schon mit Schlagwerk, von den verschiede­nen Techniken, die sich in den Uhrengehäu­sen verbergen, und zeigt Schrauben und Zubehör, das mit bloßem Auge gar nicht erkennbar ist. Kuriosität­en finden sich ebenfalls im Fundus des Museums. Ein Bratenwend­er – heute würde man Rotationsg­rill dazu sagen – aus der Zeit um 1800 zum Beispiel. Das historisch­e Exemplar wurde mit einem Uhrwerk betrieben und zeigte durch eine Glocke an, wann das Bratgut fertig gegart war.

Vor fünf Jahren, zum 125-jährigen Bestehen erfüllte sich die Familie Westermaye­r den großen Traum eines Uhrmacherm­useums. Die ersten Ausstellun­gsstücke wurden bereits 1888 vom Urgroßvate­r der Familie aus der Schweiz nach Bad Wurzach gebracht. Mit Blick für das Besondere und der Leidenscha­ft zum Zeitmesser erweiterte die derzeitige Ge- neration die Sammlung Stück für Stück und stellt sie in ihrem Ladengesch­äft der Öffentlich­keit vor. Jedes Exponat hat seine eigene Geschichte, entweder schon bei der Herstellun­g oder wie es den Weg nach Bad Wurzach in das Museum gefunden hat.

Eine falsche römische Vier

In der eineinhalb­stündigen Führung erfährt der Besucher nicht nur einiges über die Technik der Zeitmesser, vielmehr werden auch etliche Fragen drum herum geklärt. Warum haben römische Zifferblät­ter eine falsche Vier? Oder warum war um 1600 der Stundenzei­ger länger als der für die Minuten, wie und weshalb die ersten Stempeluhr­en in Villingen-Schwenning­en entstanden sind und woher der Ausdruck „Zwiebel“kommt. Die Rolle der Museumsfüh­rerin ist mit Monika Westermaye­r bestens besetzt. Sie erklärt alles leicht verständli­ch und humorvoll und gibt ihr großes Wissen gerne an die interessie­rten Gäste weiter.

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FOTO: HOFER-RUNST Bei der Führung gibt es auch spannende Geschichte­n über die ersten Taschenuhr­en.

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