Schwäbische Zeitung (Biberach)
Innere Ordnung in Gefahr?
Zum „Geistlichen Wort“in der SZ vom 1. September:
In diesem „Geistlichen Wort“von Pastoralreferent Karlheinz Bisch wird auf eine Spaltung in Politik und Gesellschaft sowie auf die innere Unordnung im Menschen selbst hingewiesen und dass auf die Frage „Alles in Ordnung?“oft mit einem „Ja, aber“geantwortet wird. Und er bemängelt zurecht, dass diese Innere Ordnung, also die religiöse Orientierung der Seelen im weitesten Sinn wiederhergestellt werden muss; eine dringliche Aufgabe, die lange versäumt wurde.
Dieser Analyse kann man nur zustimmen, denn sie ist geradezu eine Steilvorlage für alle Christen, die an ihrer Kirche zweifeln bzw. verzweifeln und ihr daher den Rücken kehren, weil die innere Orientierung verloren gegangen ist. Als Pastoralreferent der Seelsorgeeinheit St. Benedikt Ochsenhausen muss Herr Bisch (selbst seit vielen Jahren im Amt) auch spüren, dass die Verantwortlichen bei den christlichen Kirchen für dieses Versäumnis nicht schuldlos sind, denn leider findet eine „Seelsorge“im weitesten Sinn nicht mehr statt. Die Diözesanverwaltungen mit geweihten Seelsorgern an der Spitze sind mit der Verwaltung von Vermögen überfrachtet, die Seelsorgeeinheiten vor Ort dagegen bluten personell aus und die eigentlichen Seelsorger sieht man nur noch an ihren Autokennzeichen von Termin zu Termin hecheln. Von Seelsorge im eigentlichen Sinn, der Vermittlung von der Barmherzigkeit und der Zuwendung Gottes sowie der Geborgenheit in der Kirche kann da schon lange nicht mehr die Rede sein.
Und da gibt es auch noch eine andere Art von „Seelsorgern“, denen es hauptsächlich darum geht, mindestens einmal pro Woche mit Bild und Text in der Presse zu erscheinen, um sich so als Macher und Superman zu präsentieren. Unter diesen Umständen muss man sich nicht wundern, wenn die Innere Ordnung und Orientierung immer mehr verloren geht.
Gott als guter Hirte hat als seine Schäfer die Seelsorger eingesetzt. Wenn die Herde aber zu groß wird, der Schäfer vor Ort seinen Helfern keinen Gestaltungsraum gibt und sich den weltlichen Dingen mehr zuwendet als dem Seelenheil seiner Schafe, dann kann kein Gottvertrauen entstehen und die Innere Ordnung schwindet mehr und mehr. Vor allem bei vielen Jungen und Heranwachsenden, die man höchstenfalls noch bei besonderen Events der Kirche zu Gesicht bekommt.
Franz Wohnhaas, Ochsenhausen