Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ein Haifischbecken
Angler im Südwesten streiten um Geld und mehr – Neue Regeln für Prüfungslehrgänge
STUTTGART - Ein Streit unter Anglern endete am Mittwoch vor dem Oberverwaltungsgericht in Stuttgart – zumindest vorläufig. Die Verhandlung vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht hat aber Auswirkungen auf das Anglerwesen im ganzen Land und dürfte die Debatten unter den rund 150 000 Petrijüngern in BadenWürttemberg anheizen.
Der Kern des Konflikts liegt drei Jahre zurück. Damals organisierte sich der Landesfischereiverband (LFV) neu. Es gab jedoch bald Krach um angeblich zu hohe Gehälter für die Angestellten und die Verwendung der Mitgliedsbeiträge.
Kritik an Verbandsarbeit
13 Euro muss jeder Verein an den Verband pro Jahr und Mitglied abführen. „Dafür bekommen wir viel zu wenig“, sagt etwa Thomas Biletzki, Chef des Anglervereins Karlsruhe mit mehr als 5500 Mitgliedern. Sein Club trat ebenso wie einige andere aus, der Württembergische Anglerverein (WAV) aus Stuttgart erst gar nicht ein. Alle monieren, der Verband kassiere, tue aber zu wenig. „Dass sind nur wenige Vereine, mehr als 90 Prozent sind zufrieden“, sagt dagegen Karl Geyer, LFV-Referent für die Vorbereitungslehrgänge in Südwürttemberg. Der große Ulmer Anglerverein sei dem Verband sogar beigetreten – so schlecht könne dessen Arbeit also nicht sein.
Der Stuttgarter WAV-Chef HansHermann Schock kandidierte sogar als Chef des alten Landesverbandes, nach eigenen Angaben, um eine Neuordnung zu verhindern, scheiterte jedoch. Ihm werfen andere Angler vor, nun aus verletztem Stolz gegen den LFV ins Feld zu ziehen. Das weist dieser energisch zurück.
Am Mittwoch trafen sich Schock und der LFV vor dem höchsten Zivilgericht Württembergs. Der Landesverband hatte den WAV verklagt und verlangte rund 16 000 Euro von diesem. Es ging um Vorbereitungskurse für den Fischereischein. Den braucht jeder, der in Baden-Württemberg angeln will (siehe Kasten). Seit Jahrzehnten veranstalten Angelvereine solche Kurse – zusammen mit dem Landesverband. Der hat bislang ein Monopol: nur er darf die Kurse genehmigen und diese dürfen nur in Kooperation mit ihm stattfinden. 150 Euro zahlt ein Neu-Angler dafür. 65 Euro davon müssen an den Verband abgeführt werden. Dieser stelle schließlich Schulungsunterlagen bereit, vermittle Dozenten und schule Ausbilder für die Kurse – und zwar kostenlos, so LFV-Geschäftsführer Reinhart Sosat. „Von irgendwas müssen ein Verband und sein Personal ja auch leben“, erklärte er .
Doch der WAV will seine Einnahmen aus den Kursen nicht mehr teilen. „Der angebliche Service des Verbandes reicht in keiner Weise aus. Wenn wir 65 Euro an den Verband abführen, deckt der Rest nicht die anfallenden Kosten“, argumentierte Schock. Der Südwürttemberger Verbandsvertreter Geyer weist das zurück: „Das Geld langt, wir wollen ja keinen Gewinn damit machen. Wenn wir durch unsere gute Ausbildung Angler in Vereine holen, profitieren wir sogar“.
Der Verband will sich dagegen aus Sicht seiner Kritiker ein Monopol sichern, um aus den Kursen Geld zu schlagen. Ab 2015 hatte der WAV deshalb kein Geld mehr an den Verband weitergegeben. Der klagte und wollte sich die knapp 16 000 Euro vor Gericht erstreiten.
Doch der LFV erlitt am Mittwoch eine herbe Niederlage und zog seine Klage zurück. Denn der Vorsitzende Richter Matthias Haag sah keine Aussichten auf Erfolg. Es gebe schlichtweg weder ein Gesetz noch einen Vertrag, auf den sich der Verband berufen könne. Weder sei festgehalten, dass der LFV Entgelte für die Vorbereitungskurse verlangen dürfe, noch, dass er diese von anderen Kursanbietern verlangen könne.
Vereine dürfen Kurse anbieten
Das Agrarministerium in Stuttgart hat dem LFV 1995 zwar das alleinige Recht auf Kurse und Prüfungen eingeräumt. Das sichere die Qualität , so die Begründung. Doch das reichte dem Richter nicht – was das Ministerium selbst bereits bemerkt hat. Deswegen soll die Verordnung 2019 geändert werden. „Es ist vorgesehen, dass danach auch andere fachlich geeignete Anbieter die Möglichkeit haben, Vorbereitungslehrgänge anzubieten“, so eine Sprecherin von Minister Peter Hauk (CDU). Die Juristen des Hauses halten es sogar für möglich, dass auch Prüfungen künftig nicht mehr nur vom Landesverband abgenommen werden.
Zum Abschied erteilte Richter Haag den Kontrahenten einen Rat: „Klären Sie die Dinge, die in der Vergangenheit liegen und sorgen Sie dafür, das der Schnee von gestern nicht noch grauer wird“.