Schwäbische Zeitung (Biberach)
Unter Verdacht
Der Streit um die Vorwürfe gegen den ehemaligen schottischen Ministerpräsidenten Alex Salmond verschärft sich. Gegen den 63-Jährigen hatten zwei Frauen Vorwürfe wegen sexueller Belästigung erhoben, die in seine im Herbst 2014 beendete Amtszeit zurückreichen. Eine Untersuchung ist offenbar bereits seit Jahresbeginn im Gang. Salmond beteuert seine Unschuld.
Der kinderlose, mit einer 17 Jahre älteren Frau verheiratete Salmond war das Aushängeschild der schottischen Unabhängigkeitsbewegung, die durch seine Führerschaft vor vier Jahren dem Ziel denkbar nahe kam. Nach 20 Jahren als Vorsitzender der SNP und zwei gewonnenen Landtagswahlen hatte Salmond seine Parteimaschine in den Unabhängigkeitskampf geführt und das Vereinigte Königreich an den Rand der Spaltung gebracht. Am Ende stimmten die Schotten im September 2014 mit 55:45 Prozent für den fortbestehenden Zusammenhalt mit London, allerdings mit weitgehenden Autonomierechten. Salmond trat als Ministerpräsident zurück.
Im Jahr 2017 unterlag Salmond bei den Unterhauswahlen dem Konservativen Colin Clark und schied aus dem Unterhaus aus. Im August 2018 trat er aus der Partei aus. Salmond sagte, die Ermittlungen gegen ihn seien „unfair und ungerecht“. Seine Nachfolgerin im Amt, Nicola Sturgeon, widersprach. Salmond verklagte die eigene Regierung und bat öffentlich um Spenden. Tatsächlich trugen mehr als 4000 Bürger binnen 48 Stunden rund 100 000 Pfund zusammen – und dies für einen Politiker, der nicht nur ein schönes Ruhegehalt genießt, sondern sich auch als Moderator einer Politikshow im verpönten Propagandasender von Wladimir Putin, „Russia Today“, ein schönes Zubrot verdient. Sebastian Borger