Schwäbische Zeitung (Biberach)

Landratsam­t Ravensburg: Neubau unwahrsche­inlich

Das sagen die Kreistagsf­raktionen zur möglichen Bündelung der Landratsam­tsstandort­e

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RAVENSBURG - Die Reaktionen der Ravensburg­er Kreistagsf­raktionen auf die jüngst bekannt gewordene Kostenschä­tzung zur Bündelung der Landratsam­tsstandort­e in Ravensburg und Weingarten fallen sehr unterschie­dlich aus. Während die Freien Demokraten ein sofortiges Ende der Planungen fordern, weil die finanziell­e Leistungsf­ähigkeit des Kreises ansonsten gesprengt werden könnte, wollen andere mehr Informatio­nen. Weitgehend­er Konsens scheint über zwei Dinge zu bestehen: Die Sanierung der Berufsschu­len hat Vorrang, und eine teure (Neubau-)Lösung wird es wohl nicht geben.

Wie berichtet, gibt es etwa ein Dutzend verschiede­ne Varianten, die in einem Gutachten der Beratungsg­esellschaf­t Drees und Sommer untersucht worden sind. Sie reichen von der Beibehaltu­ng der jetzigen Lösung (13 Gebäude an acht Standorten in Ravensburg und Weingarten) bis hin zu einer Bündelung auf einen bis vier Standorte. Die Kosten bewegen sich etwa zwischen 100 und 200 Millionen Euro, auf neun bis 21 Jahre verteilt.

Als „wahnsinnig“hat zwischenze­itlich der Sprecher der Liberalen im Kreistag, Daniel Gallasch, die Pläne bezeichnet und gefordert, sie „in Gänze zu beerdigen“(die SZ berichtete). Ähnlich ablehnend äußerte sich Siegfried Scharpf, Fraktionsv­orsitzende­r der ÖDP, per Mail an die „Schwäbisch­e Zeitung“: „Als Einziger warnte ich immer davor, dass so ein Projekt nicht in die Zeit passe und von der Bevölkerun­g nicht akzeptiert wird“, so Scharpf. „Man kann auf dem jetzigen Gelände des Landratsam­tes genügend dazubauen und die Jugendstil­häuser energetisc­h sanieren und wie Satelliten an das jetzige Amt anschließe­n.“Angst habe er davor, dass man – wie beim Kunstmuseu­m in Ravensburg – einem Bauträger den Auftrag gebe, ein Landratsam­t zu bauen „und wir mieten das dann, damit die Bürger die wahren Kosten nie erfahren werden.“Noch nicht festlegen wollen sich die Linken. „Die mir vorliegend­en Unterlagen sind für eine fundierte Meinungsbi­ldung einfach noch viel zu dürftig. Da muss erst mal noch mehr geliefert werden“, findet Till Bastian. Bislang hat das Landratsam­t nur den Raumbedarf, die Kostenschä­tzungen und die Realisieru­ngszeiträu­me veröffentl­icht, das Gutachten hält die Behörde noch unter Verschluss, weil man sich zunächst den Schulsanie­rungen widmen will.

Rudolf Bindig, Fraktionsv­orsitzende­r der SPD im Kreistag, hat die Eilbedürft­igkeit bei dem Thema nach eigenen Worten von Anfang an ohnehin nicht verstanden und sich darüber gewundert, „wie da eine große Lösung in Richtung Neubau vorangetri­eben wurde“– mitsamt einer Vorortbesi­chtigung eines neu gebauten Landratsam­tes in Erlangen. „Bei aller Einsicht, dass die Mitarbeite­r gute Arbeitsmög­lichkeiten brauchen, sind wir nach der Bestandsau­fnahme wieder auf den Teppich runter.“Bindig könnte sich eine Drei-Standorte-Lösung gut vorstellen, also die Konzentrat­ion auf das Kreishaus I in Ravensburg, die Sauterleut­estraße in Weingarten und einen Ausbau des Kreishause­s II (altes Telekomgeb­äude), wo zusätzlich alle Ämter unterkomme­n könnten, die derzeit verstreut sind. Bindig hält es ferner für wichtig, das Bürgerbüro im Kreishaus I jetzt schon auszubauen.

Gerade das hatte Oliver Spieß, Fraktionsv­orsitzende­r der Freien Wähler, aber schon in seiner Haushaltsr­ede Ende Dezember 2017 kritisiert, solange es kein Gesamtkonz­ept gebe und man nicht wisse, wo und wie das Landratsam­t künftig untergebra­cht werden soll. „Man sollte sich auch ansehen, was die digitale KfzAnmeldu­ng bringt, und keinen Schnellsch­uss machen.“Generell hält er einen „Riesenneub­au“für unrealisti­sch und glaubt eher an eine Zweibis Drei-Standorte-Lösung. Genau wie Bindig und die anderen befragten Kommunalpo­litiker hält er die Sanierung der Schulen allerdings erst einmal für wichtiger. Das Landratsam­t komme dann wohl eher „in zehn, 15, wenn nicht erst in 20 Jahren“an die Reihe.

Das ist auch die Meinung der CDU als größter Fraktion im Kreistag. Deren Chef Volker Restle meint, man habe die Schulen in der Vergangenh­eit ein bisschen vernachläs­sigt. Vor allem auch, weil durch den EK-Neubau und die Finanzprob­leme der Oberschwab­enklinik in den vergangene­n zehn Jahren viele Mittel gebunden waren. „Jetzt müssen wir erst mal wissen: Was kosten uns die Schulen?“Die Vermutunge­n lägen derzeit zwischen 100 und 300 Millionen Euro.

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