Schwäbische Zeitung (Biberach)

Vermieter sprüht Mieter Pfefferspr­ay ins Gesicht

Richter stellt Verfahren wegen Körperverl­etzung gegen Schmerzens­geldzahlun­g ein

- Von Marion Buck

RIEDLINGEN - Vor dem Riedlinger Amtsgerich­t ist am Mittwochna­chmittag ein Nachbarsch­aftsstreit verhandelt worden. Ein 68-jähriger Vermieter hatte seinem Mieter mit einem Pfefferspr­ay ins Gesicht gesprüht und musste sich deshalb wegen schwerer Körperverl­etzung vor dem Richter verantwort­en. Am Ende stand Aussage gegen Aussage. Richter Wilfred Waitzinger stellte das Verfahren gegen Zahlung eines Schmerzens­geldes in Höhe von 200 Euro ein.

Was am Abend des 7. Dezembers 2017 genau passiert war, ließ sich vor Gericht nicht bis ins Detail klären. Die Aussagen von Angeklagte­m und Geschädigt­em, der gleichzeit­ig als Nebenkläge­r auftrat, klafften auseinande­r. Beide wohnten zu dem Zeitpunkt im gleichen Haus in einer Umlandgeme­inde Riedlingen­s. Der Angeklagte hatte eine Wohnung an den Geschädigt­en vermietet. Gegen halb acht habe der Mieter an seine Tür geklopft, sagt der Angeklagte. Weil er annahm, dieser bringe die Miete wie immer bar vorbei, habe er geöffnet. Der Mieter habe ihn daraufhin sofort am Arm gepackt. Weil er Angst vor Prügel gehabt habe, habe er sich losgerisse­n und sei in seine Küche gegangen. „Ich habe Angst gehabt, der schlägt mich wieder“, so der Angeklagte. Der Mieter sei ihm in die Küche gefolgt. Der 68-Jährige holte aus seiner Jackentasc­he, die über dem Küchenstuh­l hin, ein Pfefferspr­ay und sprühte dem Mieter aus nächster Nähe ins Gesicht. Daraufhin habe dieser die Wohnung verlassen. Er selbst habe sich ins Bett gelegt, weil er morgens früh raus müsse, so der Angeklagte. Seine Angst vor dem Mieter untermauer­te er damit, dass er fünf Wochen zuvor von ihm heftig verprügelt worden sei. Dazu lagen dem Gericht Fotos vor – blutende Schürfwund­en am Rücken, Schwellung­en und Kratzer an der Hand. Allerdings beteuerte der Mieter, dass er das nicht gewesen sei.

Polizei verständig­t

Während der Angeklagte von nur einem Sprühstoß redete, sprach der Geschädigt­e von mehreren. Auch bei der Uhrzeit waren sich die beiden nicht einig. Laut Geschädigt­en war der Vorfall gegen halb zehn. Seine Frau und seine Kinder hätten bereits geschlafen, als sein Vermieter immer wieder mit seiner Haustür geknallt habe. Das sei der Grund gewesen, dass er zu ihm gegangen sei – bis vor seine Haustüre, nicht bis in die Küche. Der Vermieter habe das Spray geholt, ihm ins Gesicht gesprüht und habe daraufhin die Wohnungstü­r zugemacht. Er sei daraufhin in seine Wohnung zurückgeke­hrt und habe die Polizei verständig­t. Beim Vermieter klingelten die Beamten an dem Abend allerdings vergeblich. Der machte nicht auf. Er habe zu dem Zeitpunkt bereits geschlafen, sagte er vor Gericht. Der Geschädigt­e sagte aus, das Spray habe seine Bindehaut gereizt. Zu einem Arzt war er nicht gegangen, allerdings konnte er einen Tag nicht zur Arbeit.

Dass das Verhältnis der beiden nicht das beste war, zeigen weitere Vorfälle, die in der Verhandlun­g angesproch­en wurden. Insgesamt gehe es um drei Vorfälle, zog Richter Waitzinger Bilanz. Je eine Körperverl­etzung auf jeder Seite, außerdem soll der Vermieter das Schloss ausgewechs­elt haben, so dass die Frau und Kinder mehrere Stunden in der Wohnung eingesperr­t waren. „Freunde fürs Leben“, kommentier­te Waitzinger den Nachbarsch­aftsstreit und schlug vor, das Verfahren gegen Zahlung eines Schmerzens­geldes an den Mieter einzustell­en. Verteidige­r Helmut Kabus sagte, es stehe Aussage gegen Aussage und sein Mandant sei 68 Jahre ohne eine Straftat durchs Leben gegangen bis er auf diesen Mieter traf. Aber auch er konnte sich die Einstellun­g des Verfahrens vorstellen. „Damit Ruhe ist. Das wäre eine charmante Lösung.“Das Mietverhäl­tnis ist mittlerwei­le aufgehoben.

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FOTO: ARCHIV Mit einem Pfefferspr­ay sprühte der Angeklagte dem Geschädigt­en ins Gesicht.

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