Schwäbische Zeitung (Biberach)
Vermieter sprüht Mieter Pfefferspray ins Gesicht
Richter stellt Verfahren wegen Körperverletzung gegen Schmerzensgeldzahlung ein
RIEDLINGEN - Vor dem Riedlinger Amtsgericht ist am Mittwochnachmittag ein Nachbarschaftsstreit verhandelt worden. Ein 68-jähriger Vermieter hatte seinem Mieter mit einem Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und musste sich deshalb wegen schwerer Körperverletzung vor dem Richter verantworten. Am Ende stand Aussage gegen Aussage. Richter Wilfred Waitzinger stellte das Verfahren gegen Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 200 Euro ein.
Was am Abend des 7. Dezembers 2017 genau passiert war, ließ sich vor Gericht nicht bis ins Detail klären. Die Aussagen von Angeklagtem und Geschädigtem, der gleichzeitig als Nebenkläger auftrat, klafften auseinander. Beide wohnten zu dem Zeitpunkt im gleichen Haus in einer Umlandgemeinde Riedlingens. Der Angeklagte hatte eine Wohnung an den Geschädigten vermietet. Gegen halb acht habe der Mieter an seine Tür geklopft, sagt der Angeklagte. Weil er annahm, dieser bringe die Miete wie immer bar vorbei, habe er geöffnet. Der Mieter habe ihn daraufhin sofort am Arm gepackt. Weil er Angst vor Prügel gehabt habe, habe er sich losgerissen und sei in seine Küche gegangen. „Ich habe Angst gehabt, der schlägt mich wieder“, so der Angeklagte. Der Mieter sei ihm in die Küche gefolgt. Der 68-Jährige holte aus seiner Jackentasche, die über dem Küchenstuhl hin, ein Pfefferspray und sprühte dem Mieter aus nächster Nähe ins Gesicht. Daraufhin habe dieser die Wohnung verlassen. Er selbst habe sich ins Bett gelegt, weil er morgens früh raus müsse, so der Angeklagte. Seine Angst vor dem Mieter untermauerte er damit, dass er fünf Wochen zuvor von ihm heftig verprügelt worden sei. Dazu lagen dem Gericht Fotos vor – blutende Schürfwunden am Rücken, Schwellungen und Kratzer an der Hand. Allerdings beteuerte der Mieter, dass er das nicht gewesen sei.
Polizei verständigt
Während der Angeklagte von nur einem Sprühstoß redete, sprach der Geschädigte von mehreren. Auch bei der Uhrzeit waren sich die beiden nicht einig. Laut Geschädigten war der Vorfall gegen halb zehn. Seine Frau und seine Kinder hätten bereits geschlafen, als sein Vermieter immer wieder mit seiner Haustür geknallt habe. Das sei der Grund gewesen, dass er zu ihm gegangen sei – bis vor seine Haustüre, nicht bis in die Küche. Der Vermieter habe das Spray geholt, ihm ins Gesicht gesprüht und habe daraufhin die Wohnungstür zugemacht. Er sei daraufhin in seine Wohnung zurückgekehrt und habe die Polizei verständigt. Beim Vermieter klingelten die Beamten an dem Abend allerdings vergeblich. Der machte nicht auf. Er habe zu dem Zeitpunkt bereits geschlafen, sagte er vor Gericht. Der Geschädigte sagte aus, das Spray habe seine Bindehaut gereizt. Zu einem Arzt war er nicht gegangen, allerdings konnte er einen Tag nicht zur Arbeit.
Dass das Verhältnis der beiden nicht das beste war, zeigen weitere Vorfälle, die in der Verhandlung angesprochen wurden. Insgesamt gehe es um drei Vorfälle, zog Richter Waitzinger Bilanz. Je eine Körperverletzung auf jeder Seite, außerdem soll der Vermieter das Schloss ausgewechselt haben, so dass die Frau und Kinder mehrere Stunden in der Wohnung eingesperrt waren. „Freunde fürs Leben“, kommentierte Waitzinger den Nachbarschaftsstreit und schlug vor, das Verfahren gegen Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Mieter einzustellen. Verteidiger Helmut Kabus sagte, es stehe Aussage gegen Aussage und sein Mandant sei 68 Jahre ohne eine Straftat durchs Leben gegangen bis er auf diesen Mieter traf. Aber auch er konnte sich die Einstellung des Verfahrens vorstellen. „Damit Ruhe ist. Das wäre eine charmante Lösung.“Das Mietverhältnis ist mittlerweile aufgehoben.