Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ecken, Kanten und ein Dreifachsieg
Mick Schumacher hat in der Formel 3 nun sogar Titelchancen – Mit dem Wirbel um seine Person kann er umgehen
NÜRBURG - Welch Genuss. Mick Schumacher stand ganz oben auf dem Podium am Nürburgring, schloss seine Augen und lauschte der deutschen Nationalhymne. Dies tat der 19-Jährige nicht nur einmal, sondern bei allen drei Formel-3-Rennen am Wochenende. In der siebenjährigen Geschichte der Nachwuchsrennserie ist Mick Schumacher erst der sechste Fahrer, dem dies gelungen ist. Die meisten seiner Kollegen aus diesem elitären Kreis fahren mittlerweile in der Formel 1: Max Verstappen bei Red Bull, Esteban Ocon bei Power Point Force India und Lance Stroll bei Williams.
Die Formel 1 ist auch das Ziel von Mick Schumacher. Dass das kein unrealistischer Wunsch des Sohnes des siebenmaligen Weltmeisters Michael Schumacher ist, wird ihm von vielen Experten attestiert. Jean Todt schloss eine Formel-1-Karrierre nicht aus: „Warum nicht?“Der Präsident des Internationalen Automobil-Weltverbandes FIA und Freund der Schumacher-Familie war extra wegen des 19-Jährigen an den Nürburgring gekommen. Und war einerseits zufrieden ob dessen Leistung. Andererseits auch ein wenig stolz.
Es ist kein leichter Weg, den Mick Schumacher eingeschlagen hat. Sein Name weckt automatisch Erwartungen. Und sorgt stets für einen großen Medienwirbel. Wie schon im Vorfeld der Rennen in der Eifel. Die ITR, Rechteinhaber der DTM, hatte die Idee, dass Schumacher junior ein paar Runden in einem Mercedes-DTMRennwagen drehen sollte. Plötzlich reisten nicht nur Medienvertreter an den Ring, die regelmäßig über Motorsport berichten.
Doch Mick Schumacher weiß dies mittlerweile einzuordnen und kann damit auch umgehen. Beraten und geschützt wird er dabei von Sabine Kehm, die auch schon mit seinem Vater zusammengearbeitet hat. Apropos Vater: Wenn Mick Schumacher bei Pressekonferenzen spricht, dann kann er seine Herkunft nicht verleugnen. Seine Mimik und Gestik verraten sie unverwechselbar.
Der Schlüssel lag in Spa – natürlich
Zugegeben, der Start in seine Laufbahn bei den Autos lief ein wenig zäh. Die Ergebnisse passten nicht zu den Erwartungen. Er war nicht von Anfang an der Überflieger wie etwa Landon Norris. Der 18-jährige Brite erhält 2019 ein Cockpit bei McLaren.
Zur Mitte dieser Saison hat der in der Schweiz lebende Schumacher jedoch den Schalter umgelegt. Und wo hat es begonnen? In Spa-Francorchamps. Damals holte er seine erste Pole-Position und danach seinen ersten Sieg. Fünf weitere hat er inzwischen folgen lassen, liegt nur noch drei Punkte hinter Tabellenführer Daniel Ticktum aus Großbritannien. „Mick zeigt auf einmal die Schumacher-Gene: Rennen gewinnen“, sagte DTM-Chef Gerhard Berger, „das beobachte ich mit Freude. Er entwickelt sich und zeigt Ecken und Kanten.“
Spa, ausgerechnet Spa. Diese anspruchsvolle Rennstrecke ist so etwas wie der Karriere-Kick für die Familie Schumacher. In den Ardennen hat Michael Schumacher 1991 sein Formel-1-Debüt im Jordan gegeben. Genau ein Jahr später hat er dort zum ersten Mal gewonnen. 90 weitere erste Plätze folgten. Rekord.
Ganz egal, ob er Formel-3-Europameister wird oder nicht, für Mick Schumacher stellt sich die Frage, wie es weitergeht? Von Beginn seiner Autokarriere an wird er von Mercedes gefördert. Auch Ferrari hat den Junior schon längst im Visier. Aber bei beiden Teams gibt es keine freien Cockpits. Noch ein Jahr in der Formel 3 macht keinen Sinn, auch die Formel 2 bringt Mick Schumacher nur bedingt weiter.
Sicherlich reizvoll wäre ein Jahr im Ausland, etwa in Japan. So wie dies sein Onkel Ralf 1996 auch vor seiner Formel-1-Karriere getan hat. Zumindest könnte er dort völlig ohne Druck auftreten. Welch Genuss.