Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kunststickerei verlässt Traditionsstandort
Die Firma Carl Neff zieht innerhalb der Stadt Biberach um.
BIBERACH - Fast die gesamte Zeit ihrer 170-jährigen Firmengeschichte war die Kunststickerei Carl Neff in der Waldseer Straße in Biberach ansässig. Im November wechselt das traditionsreiche Unternehmen seinen Standort und zieht an den Ehinger-Tor-Platz ins frühere „Haus des Handwerks“um.
Das Areal an der Waldseer Straße 24, in dem die 1848 gegründete Firma bisher ansässig ist, gehört seit einigen Jahren der katholischen Kirche. Diese will das Gelände in den kommenden Jahren neu bebauen und dann selbst nutzen (SZ berichtete). „Es war klar, dass dieser Zeitpunkt irgendwann kommen wird“, sagt Hermann Manall, seit 1990 Inhaber der Kunststickerei. Kunden hätten daraufhin bereits gefragt, ob sie noch schnell eine Schützenfahne bestellen könnten, weil er ja jetzt wohl schließe. Kurz habe er tatsächlich überlegt, die Firma aufzugeben, „aber nur ganz kurz“, sagt Manall, der im Oktober 67 Jahre alt wird.
Die Entscheidung, weiterzumachen, stand dann aber schnell. „Das Geschäft ist vor allem durch den Internetmarkt und Billigproduzenten im asiatischen Raum zwar schwieriger geworden“, sagt er, „aber wir haben viele Stammkunden, die auf gute Qualität bei Stoffen, Stickereien und bei der Restauration Wert legen.“Deshalb werde die Carl Neff Kunststickerei weiter existieren. „Ich hoffe, noch einige Jahre unter meiner Leitung“, sagt Manall.
Bei einem Spaziergang habe er gesehen, dass das frühere „Haus des Handwerks“am Ehinger-Tor-Platz 8, in dem die Kreishandwerkerschaft bis zum Umzug in den Prinz-Eugen-Weg ihren Sitz hatte, zu vermieten war. Nach kurzer Verhandlung war man sich einig. „Im November ziehen wir um, ab Dezember nimmt die Kunststickerei dort ihren Betrieb auf“, so Manall. Er habe auch Immobilien am Stadtrand in Aussicht gehabt, „aber wir sind eine der ältesten Firmen der Stadt, wir gehören in die Biberacher Innenstadt“, so Manall.
Neben den Mitarbeitern und einigen Maschinen wird auch die Telefonnummer mit umziehen. „Mit der 6560 haben wir in Biberach noch eine der seltenen vierstelligen Telefonnummern. Bereits im Jahr 1923 lautete unsere Telefonnummer 656.“Es sind diese kleinen Traditionen der Firmengeschichte, die Hermann Manall stolz machen. Dazu gehört auch die vierstellige Kontonummer des Unternehmens bei der Kreissparkasse. „Ich habe mich immer dagegen gewehrt, diese Dinge abzugeben.“
Anfragen aus der ganzen Welt
Was kein Wunder ist, ist doch der Firmenname und die damit verbundene Tradition ein wichtiger Teil des Geschäftsmodells. Seit dem Aufkommen des Internets bekomme er inzwischen Anfragen aus der ganzen Welt. „Da hat beispielsweise jemand in Amerika noch eine alte Fahne, die er restaurieren lassen will. Er entdeckt darauf unseren Firmennamen, schaut im Internet nach, ob es uns noch gibt – und oft bekommen wir dadurch einen Auftrag“, sagt Manall. Hilfreich ist dabei, dass er schon frühzeitig einen Internetauftritt der Firma eingerichtet hat.
Aber auch in ganz Deutschland sitzen Kunden, die die Qualität der gestickten Fahnen aus dem Hause Neff schätzen. „Unsere letzte Feuerwehrfahne ging zum Beispiel nach Timmendorfer Strand in Schleswig-Holstein“, sagt Manall. Auch größere Aufträge in Kirchen stehen immer wieder an. „Unser Vorteil ist, dass wir sehr flexibel sind.“
Der traditionsbewusste Biberacher schätzt die Kunststickerei Neff vor allem für die blau-gelben Schützenfahnen. „Das ist für uns zwar nur ein Saisongeschäft“, sagt Manall, „aber auch hier achten wir auf Qualität.“Die Neff-Schützenfahne kostet dann zwar auch ein paar Euro mehr, „dafür erweckt die Fahne aber nicht den Eindruck, als könne man durch sie durchgucken.“