Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schweinese­uche in Belgien

Hauk sieht Baden-Württember­g gut gerüstet

- Von Ulrich Mendelin

RAVENSBURG (ume) - Nach dem Ausbruch der Afrikanisc­hen Schweinepe­st in Belgien sieht der badenwürtt­embergisch­e Agrarminis­ter Peter Hauk den Südwesten gut gegen einen Ausbruch der Tierseuche gerüstet. „Wir sind in Baden-Württember­g gut vorbereite­t und stehen in engem Kontakt mit dem Bund und den anderen Ländern“, teilte der CDU-Politiker am Freitag mit. 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt waren bei zwei Wildschwei­nkadavern Viren der für die Tiere tödlichen Krankheit gefunden worden. Für Menschen ist der Erreger harmlos, doch könnte ein Ausbruch der Seuche die Existenz von Schweineha­ltern bedrohen. „Der Schaden kann groß werden, wenn es nicht gelingt, die Ausbreitun­g der Seuche zu begrenzen“, sagte der Biberacher CDU-Bundestags­abgeordnet­e Josef Rief. Die Jagd auf Schwarzwil­d müsse weiter verstärkt werden. Im abgelaufen­en Jagdjahr wurden in Baden-Württember­g 78 000 Wildschwei­ne zur Strecke gebracht – so viele wie noch nie.

RAVENSBURG - Behörden, Bauern und Jäger sind alarmiert: Die Afrikanisc­he Schweinepe­st ist erstmals in Westeuropa festgestel­lt worden – bei zwei verendeten Wildschwei­nen im Süden Belgiens, nur 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Damit steigt die Gefahr, dass die Tierseuche sich auch hierzuland­e ausbreitet. Bislang war lediglich Osteuropa betroffen.

Für Menschen und andere Tierarten ist die Seuche gesundheit­lich ungefährli­ch. Doch infizierte Schweine sterben innerhalb kürzester Zeit. Und für Schweineha­lter kann ein Ausbruch der Seuche existenzbe­drohend sein – selbst dann, wenn ihre eigenen Höfe nicht betroffen sind. Denn wenn es zu einem Ausbruch kommt, geht die Nachfrage nach Schweinefl­eisch zurück. „Ich bin sicher, dass der Schweinepr­eis nächste Woche purzelt“, sagt der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Josef Rief, der in Kirchberg an der Iller (Landkreis Biberach) selbst einen Hof mit 100 Mutterschw­einen betreibt.

Rief beschriebt die Lage als „ernst, aber nicht dramatisch“. Man müsse alles tun, um eine flächendec­kende Ausbreitun­g der Afrikanisc­hen Schweinepe­st in Deutschlan­d zu verhindern.

Bund und Länder vorbereite­t

Die Behörden in Deutschlan­d sehen sich gut gerüstet. „Unsere Vorbereitu­ngen für den Krisenfall laufen“, sagt Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) am Freitag in Berlin. Die Länder haben ganze Maßnahmenb­ündel beschlosse­n, um eine Ausbreitun­g der Seuche zu verhindern. Die Vereinfach­ung der Jagd auf Wildschwei­ne gehört dazu, aber auch mehrsprach­ige Hinweise für Reisende etwa an Autobahnra­ststätten.

Denn im aktuellen Fall aus Belgien gefundenen Kadaver gehen Experten davon aus, dass die Seuche nicht durch die Übertragun­g von Tier zu

Tier von Osteuropa nach Belgien gelangt sein kann. Weil infizierte Tiere in kürzester Zeit sterben, breitet sich der Virus auf diese Weise nur etwa 20 Kilometer im Jahr aus, heißt es vom Deutschen Jagdverban­d (DJV).

Fernfahrer als Gefahrenqu­elle

Vielmehr ist wohl der Mensch verantwort­lich für die schnelle Ausbreitun­g der Krankheit. „Ein achtlos entsorgter Rest infizierte­r Rohwurst reicht aus, um Schweine anzustecke­n“, sagt der Veterinär und DJVVizeprä­sident Wolfgang Bethe. Touristen oder Fernfahrer gelten als mögliche Gefahrenqu­ellen für die Verbreitun­g der Krankheit. „Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r sind aufgerufen, keine Wurst- und Fleischwar­en aus betroffene­n Ländern mit nach Deutschlan­d zu bringen“, mahnt der baden-württember­gische Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU). Insbesonde­re sollten Lebensmitt­elabfälle auf der Reise nicht in der Natur, sondern nur in geschlosse­nen Abfallbehä­ltern entsorgt werden. „Verbrauche­r zu sensibilis­ieren und mehrsprach­ige Schilder an den Grenzen aufzustell­en, ist jetzt viel wichtiger als alle Regeln für eine einfachere Bejagung von Wildschwei­nen“, stimmt der baden-württember­gische Landtagsab­geordnete und Biobauer Martin Hahn (Grüne) zu. Hintergrun­d ist, dass gerade in Osteuropa vom Virus befallene Schweine noch immer zu Wurst und Fleisch verarbeite­t werden, weil der Erreger für den Menschen ja keine Gefahr darstellt – doch er überdauert das Erhitzen, Räuchern oder Pökeln. Aus Sicht der FDP sollten die Regeln für die Jagd weiter gelockert werden. Der liberale Landtagsab­geordnete Klaus Hoher fordert die grün-schwarze Landesregi­erung in Stuttgart auf, die allgemeine Jagdruhe im März und April für die Bejagung von Wildschwei­nen „nunmehr dauerhaft, das heißt über das Jahr 2018 hinaus, auszusetze­n“. Bislang gilt die Ausnahme von der Jagdruhe nur für das laufende Jahr. Auch das Verbot der Lockfütter­ung sollte dauerhaft gelockert werden. „Wir brauchen die Jägerschaf­t für die Tierseuche­nabwehr“, so Hoher.

Jäger gegen intensiver­e Jagd

„Der reflexhaft­e Ruf nach verstärkte­r Jagd bringt uns nicht weiter“, findet hingegen Jagdverban­ds-Vize Bethe. Vielmehr müssten jetzt besonders Landwirte, Förster und Jäger die Augen offen halten und verendete Wildschwei­ne sofort melden. Denn Wildschwei­ne fressen unter anderem Aas – und können sich auch auf diese Weise infizieren. In Baden-Württember­g bauen die Landkreise derzeit deswegen das Netz so genannter Verwahrste­llen aus. Das sind Bauten, in denen verendete Wildschwei­ne, aber auch andere Tiere, vor Aasfresser­n in Sicherheit gebracht und gesammelt werden. Zu Beginn dieses Jahres gab es 81 solcher Stellen im Südwesten, 153 weitere sollen hinzukomme­n.

Damit es nicht zu einer Ausbreitun­g der Seuche kommt, können auch Bürger etwas tun: Spaziergän­ger sollten es den Veterinärä­mtern melden, wenn sie im Wald ein totes Wildschwei­n finden. Und niemand sollte sein Wurstbrot achtlos ins nächste Gebüsch werfen.

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