Schwäbische Zeitung (Biberach)

Vom Kaiserreic­h zur Republik

Die Heimatstun­de zum Schussenri­eder Magnusfest zeigt Szenen von vor 100 Jahren

- Von Josef Aßfalg

BAD SCHUSSENRI­ED – Mit der Heimatstun­de und der Jungbürger­ehrung sind die Schussenri­eder am Donnerstag­abend in das 40. Magnus-, Heimat- und Kinderfest gestartet. Mit rund 550 Besuchern war die Festhalle bis auf den letzten Platz gefüllt.

Mit dem Arrangemen­t von Richard Wagners „Einzug der Gäste auf der Wartburg“aus seiner Oper „Tannhäuser“eröffnete das Ensemble Brassabl (Alexander Hohl, Boris Doubek, Patrick Doubeck, Josef Fügner und Norbert Schmidberg­er) den Festabend. Regisseur Wolfgang Dangel ließ mit dem Theaterstü­ck „Dem Volke die Krone – Umbruchzei­ten vor 100 Jahren“in sechs Szenen die Stadtgesch­ichte von Beginn des Ersten Weltkriegs an bis zu dessen Ende Revue passieren. Die Kulisse war darauf genau abgestimmt: Im Hintergrun­d das Törle und der Kaiserstei­n mit Wilhelm II, König von Preußen und Deutscher Kaiser von Gottes Gnaden.

Wolfgang Dangel hat es verstanden, die Denkweise der Bevölkerun­g von damals und deren Begeisteru­ng für den Kaiser auf die Bühne zu bringen. Am Sedanstag marschiert der Veteranenv­erein mit Fahnen und rot-weißer Schärpe auf und singt „Die Wacht am Rhein“. Nachdem der Landjäger (Johannes Wenger) im Auftrag des Kaisers zur Mobilmachu­ng aufruft, sind die Soldaten siegessich­er und rufen: „Jeder Schuss – ein Russ, jeder Stoß – ein Franzos, jeder Tritt – ein Britt.“Und: „Für Kaiser – Gott und Vaterland! Wir kehren Die Heimatstun­de bildet mit der Jungbürger­ehrung den Auftakt des Schussenri­eder Magnusfest­s.

bald siegreich zurück, an Weihnachte­n sind wir wieder daheim.“Dabei wurden sie von Frauen und Kindern mit Blumen und Fähnchen und Hurra-Rufen umjubelt. In einer anderen Szene gelten beim Veteranens­tammtisch die Sprüche „Viel Feind – viel Ehr“und „Prost, auf den Kaiser, auf den König, aufs Vaterland“.

Rationieru­ng nach Kriegsende

Szenenwech­sel: Das Krankenhau­s ist überbelegt und im Ochsensaal wird ein provisoris­ches Lazarett eingericht­et. Während die Soldaten gut versorgt werden, werden für die Bevölkerun­g Lebensmitt­elkarten ausgegeben.

Zwei Glocken der SanktMagnu­s-Kirche seien zum Einschmelz­en abgeholt worden, erzählt eine Krankensch­wester (Lisa Wiedmer) und ihre Kollegin (Geli Wiedmer) meint: „Wenn das der Herrgott sieht, dann haben wir den Krieg bestimmt verloren.“

In einem weiteren Bild erscheinen der Landjäger und ein Gemeindera­t (Thomas Schwarz). Der Gemeindera­t verkündet, dass der Krieg aus ist, der Kaiser habe abgedankt und gehe ins Exil. „Wir sind jetzt Republik und eine Demokratie.“Der Biberacher Reichstags­abgeordnet­e Matthias Erzberger habe den Friedensve­rtrag

unterschri­eben, wusste der Landjäger. Mit Demokratie können viele Bürger nichts anfangen. „Wir müssen schaffen und haben keine Zeit für Demokratie. Wer erntet dann unsere Kartoffeln“, fragte eine Frau im Garten (Ilona Krämer). „Von der Demokratie allein wird man auch nicht satt“, befindet eine andere (Janette Walser).

Während Brassabl zum Abschluss das Magnusfest­lied intonierte, sang der ganze Saal voller Inbrunst mit. Den Akteuren mit Regisseur Wolfgang Dangel war anschließe­nd ein lang anhaltende­r Applaus sicher.

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FOTO: JOSEF ASSFALG

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