Schwäbische Zeitung (Biberach)
Regierungspräsidium verteidigt Planungsstart
RP reagiert auf Kritik der Initiative B 30 – Ortsumfahrung Gaisbeuren und Enzisreute auf Platz fünf von 23 Projekten
BAD WALDSEE - Das Regierungspräsidium Tübingen (RP) reagiert auf die Kritik der Initiative B 30, die in einem Schreiben den späten Planungsbeginn für die B-30-Ortsumfahrung Gaisbeuren und Enzisreute kritisiert hatte. Rückendeckung bekam die Initiative rund um den Gaisbeurer Franz Fischer vom FDP-Bundestagsabgeordneten Benjamin Strasser. „Der Planungsbeginn ist nicht spät. Die Ortsumfahrung steht auf Platz fünf von insgesamt 23 Projekten und schneidet damit aus unserer Sicht gut ab“, teilte das RP am Freitag auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. Bekanntlich sollen die Planungen ab dem zweiten Halbjahr 2022 beginnen. Daran ändert sich laut RP nichts.
Vier Projekte im Bezirk des Regierungspräsidiums Tübingen werden in dieser Reihenfolge vor der Ortsumfahrung Gaisbeuren und Enzisreute geplant: die Ortsumfahrung Reutlingen (Planungsstart noch in diesem Jahr), die beiden geplanten Tunnellösungen Albaufstieg bei Lichtenstein und Molldietetunnel in Ravensburg (ab 2019) und der Ausbau der B 31 Friedrichshafen–Waggershausen.
Da die Ortsumfahrung Gaisbeuren und Enzisreute bereits an fünfter Stelle komme, sei die Kritik unberechtigt, konterte RP-Pressesprecher Dirk Abel die Vorwürfe der Initiative B 30 (SZ vom 16. August: „B-30-Ausbau: Initiative kritisiert Regierungspräsidium“). Abel verwies darauf, dass insgesamt zehn Projekte bis 2025 geplant würden (darunter die B-30-Ortsumfahrung) und 13 Projekte ab 2025 bis 2030. Gaisbeuren und Enzisreute kämen dabei mit Platz fünf nicht schlecht weg. Die Priorisierung sei gemeinsam mit dem baden-württembergischen Verkehrsministerium erfolgt.
Warum die anderen vier Projekt noch vor der B-30-Ortsumfahrung geplant würden, erläutert Abel damit, dass unter anderem auch die Betroffenheit eine Rolle spiele. So sei die Einwohnerbetroffenheit bei der Ortsumfahrung in Reutlingen größer als in Gaisbeuren und Enzisreute. Zudem hänge die Reutlinger Ortsumfahrung mit dem im vergangenen Jahr fertiggestellten Scheibengipfeltunnel zusammen, erst dann sei der Lückenschluss erreicht und die Stadt „kann richtig umfahren werden“. Im Gegensatz beispielsweise zu Ravensburg, wo die Luftprobleme nicht zu einem Fahrverbot führen würden und anders in den „Griff zu bekommen“seien, seien die Umfahrungen in Reutlingen wichtige Bausteine, um die Luftreinhaltung zu gewährleisten.
Der an vierter Stelle stehende Ausbau der B 31 FriedrichshafenWaggershausen hänge ebenfalls mit einem anderen Projekt zusammen – und zwar mit dem Ausbau zwischen Immenstaad und Friedrichshafen, der 2020 abgeschlossen sei. Im Bundesverkehrswegeplan wurde laut Abel festgehalten, dass nach der Fertigstellung das Anschlussstück Waggershausen an der Reihe sei. „Daher wird dieses Projekt vor der Ortsumfahrung Gaisbeuren und Enzisreute geplant.“
Tunnelplanung wirkt sich nicht aus
Wie Abel deutlich machte, sei dem RP durchaus die Dringlichkeit der B-30-Ortsumfahrung bewusst. „Wir würden es gerne gleich angehen, es fehlt uns aber an den entsprechenden Fachleuten, um parallel zur Ortsumfahrung Reutlingen noch eine weitere Umfahrung zu planen.“Dass die beiden Tunnelumfahrungen (Albaufstieg und Molldietetunnel) nahezu gleichzeitig geplant würden, hängt nach Angaben des RP-Sprechers damit zusammen, dass für Tunnelprojekte aktuell mehr Fachleute zur Verfügung stünden.
Da für eine Tunnelplanung ganz andere Fachleute gebraucht würden als bei Ortsumfahrungen, wirkt sich der schon 2019 startende Planungsbeginn für den Molldietetunnel nicht auf die Planungen zur B-30-Ortsumfahrung aus, erklärt Abel. „Für einen Tunnel braucht man eher Konstruktions-Bauingenieure und für Umfahrungen eher Straßen- und Landschaftsplaner. Und die sind angesichts der Vielzahl der Straßenbauprojekte bundesweit derzeit Mangelware.“
Bis zum Baubeginn müssen die Bürger in Gaisbeuren und Enzisreute derweil ohnehin noch eine ganze Weile warten. Denn bis die Bagger rollen, vergehen ab dem Planungsstart noch mindestens zehn Jahre, sofern im Planfeststellungsverfahren nicht viele Einwände kommen, erläutert Abel. Gleiches gelte auch für den Molldietetunnel, obwohl Tunnel sogar „fast noch besser“zu planen seien als Ortsumfahrungen, da weniger naturschutzrechtliche Belange zu beachten seien.
Dem Vorschlag der Initiative B 30, die Planungen für die B-30-Ortsumfahrung an den Bund zu übergeben, erteilte der RP-Sprecher eine Absage. Es sei gut und richtig, die gesamte Straßenbauverwaltung gebündelt dem Land beziehungsweise den Regierungspräsidien zu überlassen. „Die Übergabe einzelner Straßenabschnitte an den Bund schafft nur wieder neue Schnittstellen und Abstimmungsprozesse.“