Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Hauptort“sichert sich Vorteile
Zum Bericht „Ingoldingen bekommt einen Sitz im Gemeinderat mehr“vom 15. September:
Gemeinderat Roland Voltenauer hatte es mit seinem Umzug zu Beginn der jetzigen Legislatur quasi vorweggenommen: Fünf Sitze für den Teilort Ingoldingen – Hauptort, sagen die Ingoldinger Gemeinderäte –, aber eben nur noch zwei Sitze für Winterstettendorf und Furtteilorte ab nächster Legislaturperiode. In seiner Septembersitzung hat der Gemeinderat, mehrheitlich mit den Ingoldinger Stimmen, eine Vorschrift der Gemeindeordnung genutzt, diese Sitzverteilung festzuschreiben. Nach der Gemeindeordnung hätte er mit ähnlicher Begründung von 14 auf 12 Gemeinderäte insgesamt reduzieren können. Das wurde allerdings mehrheitlich abgelehnt.
„Der fünfte Sitz steht uns einfach zu“, so Gemeinderat Wolfgang Riedle. Und konterkariert damit sogleich die Binse von Gemeinderat Paul Schmid, dass ja jeder Gemeinderat zuallererst der Gesamtgemeinde verpflichtet sei. Es gibt für diese Sitzumverteilung keine zwingende Notwendigkeit. „Wir leiten damit allerdings zur Abschaffung der unechten Teilortswahl bei der übernächsten Gemeinderatswahl über“, so Bürgermeister Jürgen Schell. Auf der Klausurtagung habe man die Abschaffung schon beschlossen.
Ja, klar. Gemeinderäte werden nicht zuallererst von den Menschen aus dem eigenen Teilort gewählt? Bewerber aus dem fast doppelt so einwohnerstarken Teilort Ingoldingen haben damit nicht die höhere Wahlwahrscheinlichkeit einer Wahl als Dorfer. Und es bekommen bei einer Wahl auch nicht die Gemeinderäte die meisten Stimmen, die schon im Gemeinderat waren?
Es hat den Anschein, dass sich die Ingoldinger mit dieser Sitzumverteilung nun eine gehörige Verbesserung ihrer Ausgangsposition für die übernächste Wahl gesichert haben, dann, wenn die unechte Teilortswahl abgeschafft sein soll. Aber sind die Gemeinderäte überhaupt reif für eine solche Abschaffung? Das hat leider nicht den Anschein.
Marc Zinser, Ingoldingen (Hervetsweiler)