Schwäbische Zeitung (Biberach)
Polizei kontrolliert Handysünder
Aktionstag in Ingerkingen zeigt zahlreiche Verstöße.
INGERKINGEN - Die Ablenkung fährt fast in jedem Auto mit: Rund die Hälfte aller Verkehrsteilnehmer benutzt laut Polizei das Handy während der Fahrt. Mit einem bundesweiten Aktionstag sind die Beamten dagegen vorgegangen und haben Handysünder zur Verantwortung gezogen. Eine der 94 Kontrollstellen in der Region war in Ingerkingen. Ein Ortsbesuch.
Am Ortseingang von Ingerkingen heftet ein Polizist seine Augen an die vorbeifahrenden Autos. „Ich hab von den Kollegen mit die besten Augen“, sagt er. Hinzu kommen viele Jahre Erfahrung als Verkehrspolizist. Plötzlich entdeckt er einen Übeltäter. „Lkw weiß, Handy rechter Hand“, spricht er in sein Funkgerät.
Noch weiß der Fahrer nicht, dass sein Vergehen entdeckt wurde. Doch hinter der nächsten Kurve, vor dem Ingerkinger Rathaus, steht die Polizei mit fünf Mann – und einer Kelle. Die senkt sich vor ihm, der Lkw-Fahrer fährt an den Straßenrand. Er zeigt sich einsichtig, gibt den Verstoß zu. 100 Euro Bußgeld muss er zahlen und erhält einen Punkt.
Deutlich günstiger kommen die Fahrer davon, die unangeschnallt gefahren sind – auch darauf haben die Polizisten heute ein besonderes Augenmerk. Wer ohne Gurt im Auto sitzt, zahlt 30 Euro. Mehrere Bußgelder haben die Beamten heute verteilt. Doch die Kontrollen haben noch einen anderen Sinn: „Uns geht es vor allem um die Sensibilisierung der Bürger“, sagt Polizeisprecherin Claudia Kappeler.
„Wenn wir in der Öffentlichkeit darauf hinweisen, welche Gefahren die Handynutzung am Steuer birgt, haben wir schon viel gewonnen.“
Die Zahlen, die die Polizei vorlegt sind erschreckend: Rund 5000 Anzeigen musste die Polizei aus den Kreisen Biberach, Göppingen, Heidenheim und Ulm allein 2017 fertigen. Das sind rund 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Trotz einem höheren Bußgeld und verstärkter Aufklärung sei „noch immer keine Verhaltensänderung der Autofahrer festzustellen“.
Bei einem Unfall lasse sich die Handynutzung zwar oft nicht mehr nachweisen. Auffällig sei aber, dass bei rund einem Viertel aller tödlichen Unfälle der Verursacher „aus unbekannten Gründen auf die Fahrspur des Gegenverkehrs kam“– mutmaßlich, weil er vom Handy abgelenkt war.
„Deshalb sehen wir uns auf dem richtigen Weg, wenn wir unsere Kontrollen weiter intensivieren“, sagt Kappeler. In den vergangenen Jahren hat die Polizei meist mit Blitzermarathons für Aufmerksam gezeigt. Die flächendeckende Handykontrolle aber ist neu.
Bei der Verkehrskontrolle in Ingerkingen ziehen die Beamten bald alle fünf Minuten ein Fahrzeug aus dem Verkehr. „Wir müssen bei der Kontrolle auf alles gefasst sein“, erklärt einer der Polizisten. In der Regel aber seien die Autofahrer kooperativ. Einer der Fahrer habe sich sogar gewundert, weil er ohne Gurt angehalten wurde. „Ich dachte, sie kontrollieren heute nur das Handy“, habe er geantwortet.
Mit Bier und Handy am Steuer
Kurz vor Schluss der Kontrollen in Ingerkingen halten die Beamten einen jungen Mann an, der das Handy benutzt hatte. Doch er hat noch ein anderes Problem: In seinem Getränkehalter steht eine Dose Bier, die nächste liegt schon parat. „Das ist mein Feierabendbier“, erklärt er sich. Die Beamten prüfen den Pegel. Der Mann hat Glück gehabt, knapp unter der Grenze des Erlaubten. Doch sie sprechen ihm ins Gewissen: „Lassen Sie das bleiben während der Fahrt.“Der Fahrer gehorcht, packt die zweite Dose in den Kofferraum und zeigt sich einsichtig. Zumindest für den Moment.
Ein Video der Kontrollen finden Sie unter: www.schwäbische.de/ polizeibc-handy
„Uns geht es vor allem um die Sensibilisierung der Bürger.“Die Ulmer Polizeisprecherin Claudia Kappeler