Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Welt 2040 – zwischen Demokratie und Robotern
Arbeitsmarkt wird in Zukunft zur Belastungsprobe – Eltern sind bei der Demokratieerziehung besonders gefordert
FRIEDRICHSHAFEN - Dieser Appell sitzt. Ja, es gäbe viele Herausforderungen in der Zukunft, aber: „Wir müssen unseren Pessimismus überwinden und uns eingestehen, dass wir nicht alles gestalten können“, sagt Gerd Leipold beim Workshop „Die Welt 2040“. Gerade noch hat der ehemalige Greenpeace-Chef aus Rot an der Rot mit Ria Schröder, der Bundesvorsitzenden der Jungen Liberalen, über die Widrigkeiten für Politik und Gesellschaft der kommenden Jahrzehnte gesprochen. Da nimmt Leipold allen Pessimisten den Wind aus den Segeln.
„Wir müssen uns nur daran erinnern, was wir schon geschafft haben – dann merken wir, dass wir auch die nächsten Zukunftsherausforderungen schaffen.“Noch vor 100 Jahren seien die „Schwabenkinder“als Sklaven gehandelt worden, noch vor 150 Jahren konnten viele Menschen ihren Beruf nicht wählen.
Nicht alles lässt sich bis 2040 beeinflussen. Für Klimawandel, Generationengerechtigkeit und Mobilität haben die beiden unterschiedliche Rezepte. Schließlich könnten ihre Perspektiven unterschiedlicher nicht sein: Er, der promovierte Physiker, der 1983 aus Protest gegen Atomwaffentests in einem Ballon über die DDR flog, und sie, die Juristin und Jungliberale Schröder. In einem sind sie sich einig: Die Basis für eine zukunftsfähige Gesellschaft liegt in der Bildung. Junge Menschen müssten lernen zu diskutieren, sich einzubringen. Vor allem die Eltern seien bei der Demokratieerziehung gefordert. Für Ria Schröder ist es wichtig, Kinder und Jugendliche vor Demokratiefeinden im Internet zu bewahren – auch wenn sie in der Digitalisierung viele Chancen sieht. „Heutzutage hat man mit dem Internet Zugang zum Wissen der gesamten Welt – dieses müssen wir aber auch einordnen können.“Dafür brauche es einen „Methodenkasten, um zwischen richtig und falsch unterscheiden zu können.“Den größten Wandel in der Zukunft sagen Schröder und Leipold weniger im Bildungssystem, als vielmehr in der Arbeitswelt voraus. Die Industrie 4.0 wird für eine zunehmende Digitalisierung in Unternehmen sorgen – das prognostizieren Experten.
Moderator Benjamin Wagener, Wirtschaftschef der „Schwäbischen Zeitung“, will daher wissen: „Gibt es in der Zukunft überhaupt noch Arbeitsplätze, oder werden Roboter die Arbeit machen?“Gerd Leipold glaubt, „vieles wird von Robotern gemacht, aber nicht alles. Ich weiß nicht, wo die Arbeitsplätze hingehen.“Für Leipold ist ein Szenario denkbar, in dem Menschen nicht mehr nur einen Beruf ausüben. „Als Vision ist das sehr attraktiv.“Schröder ist skeptischer: „Wir steuern auf eine große Welle der Arbeitslosigkeit zu. Da würde ich mir mehr Ehrlichkeit von der Politik wünschen“, sagt die 26-Jährige. Auch Umschulungsmaßnahmen ändern daran nichts. Für einige Arbeitnehmer sei der Austausch durch Roboter, durch Drohnen oder Maschinen jedoch sogar besser.
„Ich bin froh, dass manche Jobs nicht mehr von Menschen gemacht werden müssen.“Einige Berufe bringen laut Schröder viele psychische und physische Belastungen mit sich, die sich durch eine Digitalisierung vermeiden ließen. Chancen für den Arbeitsmarkt des Jahres 2040 sieht Schröder vor allem im sozialen Sektor wie der Pflege. Dennoch werde der Arbeitsmarkt in Zukunft zur „harten Belastungsprobe“.
Die sieht Leipold beim Klimawandel. Um diesen aufzuhalten, bleibe nicht mehr viel Zeit, sagt Leipold. Hoffnung macht ihm – trotz des Ausstiegs von Donald Trump – das Pariser Klimaabkommen. Es sieht eine Begrenzung der Erderwärmung um maximal zwei Grad auf vorindustrielles Niveau vor. „Es ist etwas Substantielles, schreibt aber nichts vor. Jeder sagt, was er für das Ziel tun möchte.“Mit solchen Modellen werde es gelingen, den Ausstoß an Emissionen bis 2040 um 30 Prozent zu senken. Auch werden wir dann – so Schröders Hoffnung – „immer noch in einer Demokratie leben“.