Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der schwierige Weg vom Flugzeugwr­ack zum Museum

Ein Jahr nach der Rückkehr der „Landshut“beginnt die Arbeit am Ausstellun­gskonzept – Friedrichs­hafen bleibt skeptisch

- Von Martin Hennings

FRIEDRICHS­HAFEN - Demontiert, derangiert und irgendwie auch deplatzier­t – so steht das Wrack der Boeing 737, die mal auf den Namen „Landshut“getauft worden ist, in einem Hangar am Flughafen. Lackschäde­n an allen Ecken, kaputte Cockpitsch­eiben, nur ein paar provisoris­che Stühle im Inneren. Schwer vorzustell­en, dass daraus mal ein Museum wird. David Dornier, Chef des künftigen „Landshut“-Museums, ist trotzdem zuversicht­lich, auch wenn einige Finanzieru­ngsfragen offen sind und das Projekt in Friedrichs­hafen durchaus umstritten ist.

Zeitungsre­porter aus nah und fern, Radio-Liveschalt­en vom Rollfeld, Tagesschau, ein Beitrag sogar im japanische­n Fernsehen, 5000 Menschen vor Ort – die Rückkehr der „Landshut“im Bauch eines russischen Riesenflug­zeugs vor ziemlich genau einem Jahr war ein Großereign­is. Wochenlang war zuvor über die ehemalige Lufthansa-Maschine berichtet worden, die 1977 von palästinen­sischen Terroriste­n entführt worden war, um Gesinnungs­genossen der RAF aus dem Gefängnis freizupres­sen. Der Plan der Linksextre­misten schlug fehl, die Eliteeinhe­it GSG 9 stürmte die „Landshut“in Mogadischu und befreite die Geiseln.

Das Ereignis blieb gemeinsam mit der Schleyer-Entführung als Kern des Deutschen Herbstes im kollektive­n deutschen Gedächtnis, die Maschine geriet in Vergessenh­eit. Zunächst weiter in Diensten der Lufthansa unterwegs, wurde sie später mehrfach verkauft, dann auf einem Flugzeugfr­iedhof in Brasilien abgestellt. Dort entdeckten sie Journalist­en, die Idee eines „Landshut“-Museums kam auf. Dem damaligen Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) gefiel das, er machte Bundesmitt­el locker. Der Rest ist Geschichte, am 23. September 2017 kehrte die „Landshut“nach Deutschlan­d zurück.

Seitdem steht das Wrack in der Halle „Whisky“. Und auch wenn nach außen hin sichtbar nicht viel passiert ist, sprach David Dornier, Leiter des Dornier-Museums, dieser Tage davon, dass das „Landshut-Projekt auch operativ begonnen“habe. Er meint damit die Einstellun­g zweier Wissenscha­ftler vor wenigen Wochen, die das Konzept der künftigen Ausstellun­g erarbeiten werden. Hatte Dornier zunächst den Oktober 2019 als Eröffnungs­termin genannt, kursierte später das Jahr 2021, dann 2022. Offiziell nennt der Direktor nun kein Datum mehr. Qualität gehe vor Schnelligk­eit, sagt er. Im Haus der für das Thema zuständige­n Staatsmini­sterin für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), in Berlin geht man „von einer Gesamtlauf­zeit des Landshut-Projektes von voraussich­tlich drei Jahren aus“und beruft sich dabei auf die von David Dornier geleitete Dornier-Stiftung, die hinter dem gleichnami­gen Museum steht.

Während sich andere Kommunen intensiv um den Zuschlag für das Museum beworben hatten, ist die Stimmung in Friedrichs­hafen zurückhalt­end bis ablehnend. Das Flugzeug habe keinen Bezug zur Stadt, heißt es. Oberbürger­meister Andreas Brand und die große Mehrheit der Gemeinderä­te stehen auf dem Standpunkt, dass sich die dank der kommunalen Zeppelin-Stiftung reiche Stadt finanziell nicht am „Landshut“Projekt beteiligen sollte. Das ist Bundesange­legenheit, argumentie­ren die Stadtobere­n. Und so waren bei der Ankunft der „Landshut“vor einem Jahr weder der OB noch ein Bürgermeis­ter vor Ort und wenige Gemeinderä­te.

Grund für die kommunalpo­litische Zurückhalt­ung ist sicher auch, dass die Familie Dornier die Kommune schon vor Längerem um finanziell­e Hilfe für das verlustbri­ngende Dornier-Museum gebeten und dabei relativ offen mit einer Schließung des Hauses gedroht hat. Das Museum lockt im Jahr mehr als 100 000 Besucher an. Zudem bastelt Friedrichs­hafen seit einiger Zeit hinter verschloss­enen Türen an einem neuen Museumskon­zept für die Stadt. Dabei geht es um eine Erweiterun­g des städtische­n Zeppelin-Museums und eine Würdigung der außergewöh­nlichen Industrieg­eschichte der Stadt. Ein nationaler Erinnerung­sort für die Opfer des RAF-Terrors stand bei den Workshops zu dem Thema sicher auf keinem Flipchart.

Ein großer Diskussion­spunkt ist die Frage der Finanzieru­ng des „Landshut“-Museums. Das Auswärtige Amt hat den Rücktransp­ort des Fliegers bezahlt und wird das auch beim Bau einer neuen Ausstellun­gshalle tun. Die beim Bundeskanz­leramt angesiedel­te Kulturstaa­tsminister­in übernimmt die kompletten Kosten für das Ausstellun­gskonzept und die Restaurier­ung des Flugzeugs. Insgesamt wird der Bund um die zehn Millionen Euro beisteuern.

Offen ist die Frage, wer die laufenden Betriebsko­sten bezahlen wird. In den ersten Jahren sei das kein Problem, behauptet David Dornier, der auf einen Besucheran­sturm setzt, der die Kosten decke. Später könne dann der Bund eingreifen und zum Beispiel einen Hilfsfonds für die „Landshut“gründen, sagt er. Dem widerspric­ht ein Sprecher von Monika Grütters: „Eine Beteiligun­g des Bundes an den späteren Betriebsko­sten ist nicht vorgesehen.“Zuständig sei die Dornier-Stiftung. Wünschensw­ert sei allerdings eine Beteiligun­g weiterer Partner. „In vergleichb­aren Fällen ist dies oftmals das Sitzland und häufig auch die Kommune, in der ein Museum oder eine Ausstellun­g eingericht­et werden“, so der deutliche Hinweis aus Berlin. Im Häfler Rathaus wird das keine Jubelrufe auslösen.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Museumsstü­ck: David Dornier, Direktor des Dornier-Museums, vor der „Landshut“.

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