Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Politik baut keine Wohnungen“
Die Wohnungsnot ist für viele Kommunen in Deutschland ein drängendes Problem. Petra Sorge hat Markus Lewe, (CDU/Foto: dpa), Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister der Stadt Münster, zum Wohngipfel der Bundesregierung befragt.
Die Bundesregierung verspricht, bis 2021 einhunderttausend Sozialwohnungen zu schaffen. Dafür sollen mindestens fünf Milliarden Euro bereitstehen. Reicht das?
Es ist ein guter und unverzichtbarer Beitrag. Wichtig wäre darüber hinaus eine Perspektive, dass der Bund sein finanzielles Engagement in der Wohnungspolitik dauerhaft über 2021 hinaus fortsetzt. Das bleibt für uns als Städte als Forderung auf der Agenda. Insgesamt brauchen wir mindestens 400 000 Wohnungen pro Jahr in Deutschland. Bezahlbares Wohnen für Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen ist Kitt für den sozialen Zusammenhalt in den Städten. Gleichzeitig gilt aber auch: Politik baut keine Wohnungen, sie schafft die Rahmenbedingungen dafür.
Ab 2020 soll auch das Wohngeld deutlich erhöht werden. Was sagen Sie dazu?
Das ist gut und richtig. Die Anpassung des Wohngeldes war überfällig. Das hilft besonders einkommensschwachen Haushalten. Notwendig bleibt aber, das Wohngeld regelmäßig an die Mieten- und Preisentwicklung anzupassen.
Der Vergleichszeitraum für die ortsübliche Miete im Mietspiegel soll von vier auf sechs Jahre erweitert werden. Wird das den Anstieg der Mietpreise dämpfen?
Wenn es gut gemacht ist, ja. Wie genau der Mietspiegel gestärkt werden soll, ist noch zu diskutieren. Am Ende muss das Instrument Mietspiegel zu mehr Rechtssicherheit und Akzeptanz führen. Dann ist es wirksam.
Was hätten Sie noch erwartet?
Wir sehen uns in den Städten weiterhin gemeinsam mit Bund und Ländern in der Verantwortung. Wenn wir eine Trendwende auf dem Wohnungsmarkt hinbekommen wollen, brauchen wir alle willigen Akteure. Wichtig wäre, die Kommunen wieder in die Lage zu versetzen, aktiv Grundstücke kaufen und erschließen und das knappe Gut Boden gemeinwohlorientiert steuern zu können. Dabei helfen würde ein vom Bund einzurichtender Wohnbauland- und Erschließungsfonds – an dem sich auch die Länder beteiligen sollten.