Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Die wirtschaftlichen Perspektiven haben sich in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert.“
Autohaus Kundrath schließt Standorte in Biberach und Laupheim – 50 Mitarbeiter betroffen
Walter Kundrath nennt einen der Gründe, warum er und sein Bruder Werner die beiden Kundrath-Autohäuser schließen.
BIBERACH - Nach 112 Jahren endet in Biberach und Laupheim die Geschichte der Automarke Opel. „Es tut uns in der Seele weh“, sagen Walter und Werner Kundrath, die nach eigener Aussage eines der ältesten Opelhäuser Deutschlands führen. Aus mehreren Gründen schließen sie beide Standorte zum 30. April 2019. Die verbleibenden sieben Monate sollen der geordneten Abwicklung des Betriebs gehören. Auch, was die rund 50 Mitarbeiter und sechs Auszubildenden betrifft.
„Seit zwei Jahren haben wir uns mit dem Gedanken getragen, einen Nachfolger zu finden“, sagt Werner Kundrath. Innerhalb der Familie fand sich niemand, Gespräche mit möglichen Pächtern brachten kein Ergebnis. Der 70-Jährige und sein 63 Jahre alter Bruder, Walter Kundrath, entschieden sich daher für einen Schlussstrich. Die Mitarbeiter informierten sie über ihren Schritt am Donnerstagabend bei einer kurzfristig anberaumten Betriebsversammlung. „Ich habe wochenlang nicht mehr geschlafen“, so Werner Kundrath bei einem Pressegespräch am Freitagvormittag. Seinem Bruder erging es ähnlich. Damit endet eine Ära. 1901 hatte in Biberach alles mit Fahrrädern und Nähmaschinen begonnen, 1906 wurde der Vertrag mit Opel geschlossen. 1967 expandierte die Familie nach Laupheim.
Der Grund für das Aus des Betriebs ist aber nicht nur im Alter der Geschäftsführer zu suchen. „Die wirtschaftlichen Perspektiven haben sich in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert“, erläutert Walter Kundrath. Mit der deutschlandweiten Kündigung aller Händlerverträge habe Opel selbst ihre Entscheidung beschleunigt. Sie hätten zwar einen neuen Vertrag erhalten: „Aber wir mussten uns die Fragen stellen, ob eine Opel-Vertretung in unserer Betriebsgröße überhaupt noch eine gesicherte Zukunft hat.“Denn 2014 sei ihnen die Marke Chevrolet genommen worden, die
gute Deckungsbeiträge gebracht habe. Der japanische Fahrzeughersteller Isuzu, der neben Opel zum aktuellen Portfolio zählt, fristet ein Nischendasein. Aufgrund langjähriger Unruhen bei General Motors, dem einstigen Mutterkonzern, sank der Opel-Marktanteil bundesweit von 17 Prozent auf zuletzt 6,5 Prozent. „Und dies, obwohl wir über hervorragende Produkte verfügen“, sagt Walter Kundrath. Darüber hinaus hätte die Übernahme der deutschen Automarke durch PSA Peugeot Citroen höhere Kosten für Händler gebracht.
Mehr als 3000 Bestandskunden seien zwar eine sichere Basis gewesen. Aber: Es sei beim Fahrzeughandel inzwischen ein Zustand erreicht, bei dem nicht mehr abzusehen sei, wie lange durch ihn der Werkstattbereich
in der jetzigen Form noch ausgelastet werden kann. Weniger Wartungsbedarf bei elektrisch betriebenen Autos, nannten die Geschäftsführer hierbei als Stichwort.
Geordneter Übergang
Ein erster Informationsbrief an die Kunden sei am Freitag rausgegangen, so Werner Kundrath. Im kommenden Jahr folgt dann ein zweites Schreiben, in welchem die Autobesitzer und Leasingkunden erfahren sollen, wer ihre künftige Anlaufstelle sein soll. Im Landkreis Biberach gibt es noch weitere Opel-Werkstätten. Bis April 2019 läuft der Betrieb an den Standorten in Biberach und Laupheim wie bisher weiter.
Die Geschäftsführer hoffen, dass die Beschäftigten im Mai nahtlos
neue Arbeitsplätze haben. „Wir haben hoch qualifizierte Mitarbeiter, die seit Jahrzehnten im Betrieb sind“, so Werner Kundrath. „Fachkräfte sind in unserer Branche gesucht.“Sie wollen den Beschäftigten und Azubis bei der Jobsuche helfen: „Uns ist es eine Herzensangelegenheit, unsere Mitarbeiter in neue Beschäftigungsverhältnisse zu bringen.“
Was nach dem Betriebsende mit den Standorten in Biberach (Saulgauer Straße 2 / Kolpingstraße 18 – 26) und in Laupheim (Biberacher Straße 68) passiert, ist derzeit noch unklar. „Das ist eine Frage, die für uns momentan in der zweiten Reihe steht“, sagt Werner Kundrath. Jetzt gehe es erst einmal um eine geordnete Abwicklung des Familienbetriebs.