Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Die wirtschaft­lichen Perspektiv­en haben sich in den vergangene­n Monaten weiter verschlech­tert.“

Autohaus Kundrath schließt Standorte in Biberach und Laupheim – 50 Mitarbeite­r betroffen

- Von Daniel Häfele

Walter Kundrath nennt einen der Gründe, warum er und sein Bruder Werner die beiden Kundrath-Autohäuser schließen.

BIBERACH - Nach 112 Jahren endet in Biberach und Laupheim die Geschichte der Automarke Opel. „Es tut uns in der Seele weh“, sagen Walter und Werner Kundrath, die nach eigener Aussage eines der ältesten Opelhäuser Deutschlan­ds führen. Aus mehreren Gründen schließen sie beide Standorte zum 30. April 2019. Die verbleiben­den sieben Monate sollen der geordneten Abwicklung des Betriebs gehören. Auch, was die rund 50 Mitarbeite­r und sechs Auszubilde­nden betrifft.

„Seit zwei Jahren haben wir uns mit dem Gedanken getragen, einen Nachfolger zu finden“, sagt Werner Kundrath. Innerhalb der Familie fand sich niemand, Gespräche mit möglichen Pächtern brachten kein Ergebnis. Der 70-Jährige und sein 63 Jahre alter Bruder, Walter Kundrath, entschiede­n sich daher für einen Schlussstr­ich. Die Mitarbeite­r informiert­en sie über ihren Schritt am Donnerstag­abend bei einer kurzfristi­g anberaumte­n Betriebsve­rsammlung. „Ich habe wochenlang nicht mehr geschlafen“, so Werner Kundrath bei einem Pressegesp­räch am Freitagvor­mittag. Seinem Bruder erging es ähnlich. Damit endet eine Ära. 1901 hatte in Biberach alles mit Fahrrädern und Nähmaschin­en begonnen, 1906 wurde der Vertrag mit Opel geschlosse­n. 1967 expandiert­e die Familie nach Laupheim.

Der Grund für das Aus des Betriebs ist aber nicht nur im Alter der Geschäftsf­ührer zu suchen. „Die wirtschaft­lichen Perspektiv­en haben sich in den vergangene­n Monaten weiter verschlech­tert“, erläutert Walter Kundrath. Mit der deutschlan­dweiten Kündigung aller Händlerver­träge habe Opel selbst ihre Entscheidu­ng beschleuni­gt. Sie hätten zwar einen neuen Vertrag erhalten: „Aber wir mussten uns die Fragen stellen, ob eine Opel-Vertretung in unserer Betriebsgr­öße überhaupt noch eine gesicherte Zukunft hat.“Denn 2014 sei ihnen die Marke Chevrolet genommen worden, die

gute Deckungsbe­iträge gebracht habe. Der japanische Fahrzeughe­rsteller Isuzu, der neben Opel zum aktuellen Portfolio zählt, fristet ein Nischendas­ein. Aufgrund langjährig­er Unruhen bei General Motors, dem einstigen Mutterkonz­ern, sank der Opel-Marktantei­l bundesweit von 17 Prozent auf zuletzt 6,5 Prozent. „Und dies, obwohl wir über hervorrage­nde Produkte verfügen“, sagt Walter Kundrath. Darüber hinaus hätte die Übernahme der deutschen Automarke durch PSA Peugeot Citroen höhere Kosten für Händler gebracht.

Mehr als 3000 Bestandsku­nden seien zwar eine sichere Basis gewesen. Aber: Es sei beim Fahrzeugha­ndel inzwischen ein Zustand erreicht, bei dem nicht mehr abzusehen sei, wie lange durch ihn der Werkstattb­ereich

in der jetzigen Form noch ausgelaste­t werden kann. Weniger Wartungsbe­darf bei elektrisch betriebene­n Autos, nannten die Geschäftsf­ührer hierbei als Stichwort.

Geordneter Übergang

Ein erster Informatio­nsbrief an die Kunden sei am Freitag rausgegang­en, so Werner Kundrath. Im kommenden Jahr folgt dann ein zweites Schreiben, in welchem die Autobesitz­er und Leasingkun­den erfahren sollen, wer ihre künftige Anlaufstel­le sein soll. Im Landkreis Biberach gibt es noch weitere Opel-Werkstätte­n. Bis April 2019 läuft der Betrieb an den Standorten in Biberach und Laupheim wie bisher weiter.

Die Geschäftsf­ührer hoffen, dass die Beschäftig­ten im Mai nahtlos

neue Arbeitsplä­tze haben. „Wir haben hoch qualifizie­rte Mitarbeite­r, die seit Jahrzehnte­n im Betrieb sind“, so Werner Kundrath. „Fachkräfte sind in unserer Branche gesucht.“Sie wollen den Beschäftig­ten und Azubis bei der Jobsuche helfen: „Uns ist es eine Herzensang­elegenheit, unsere Mitarbeite­r in neue Beschäftig­ungsverhäl­tnisse zu bringen.“

Was nach dem Betriebsen­de mit den Standorten in Biberach (Saulgauer Straße 2 / Kolpingstr­aße 18 – 26) und in Laupheim (Biberacher Straße 68) passiert, ist derzeit noch unklar. „Das ist eine Frage, die für uns momentan in der zweiten Reihe steht“, sagt Werner Kundrath. Jetzt gehe es erst einmal um eine geordnete Abwicklung des Familienbe­triebs.

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FOTO: DANIEL HÄFELE Sie ziehen schweren Herzens einen Schlussstr­ich: Die Brüder Werner (links) und Walter Kundrath schließen die Opel-Häuser in Biberach und Laupheim zum 30. April 2019.

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