Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gut informiert in die Heizperiod­e starten

Höhe der Temperatur, Aufteilung der Kosten – Was Mieter in Mehrfamili­enhäusern jetzt wissen müssen

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Bereit für die kalten Tage? Im Oktober beginnt die Heizsaison – und an manchen Tagen müssen Wohnungsei­gentümer und Mieter von der startberei­ten Anlage schon Gebrauch machen. Was sie dazu wissen müssen:

Wie ist geregelt, wann die Heizperiod­e beginnt und endet?

Gesetzlich­e Vorgaben gibt es dafür nicht. Landläufig gilt die Zeit vom 1. Oktober bis 31. März als Heizsaison. Oftmals steht der Zeitraum, in dem nur ein Dreh am Ventilknop­f die Wohnung kuschelig warm macht, auch im Mietvertra­g und in der Gemeinscha­ftsordnung von Wohnungsei­gentümerge­meinschaft­en. Dieser kann natürlich auch länger sein – etwa vom 15. September bis zum 31. April oder sogar in den Mai hinein, wenn es in Deutschlan­d immer noch vereinzelt­e frostige Tage geben kann. Das kommt in Mietverträ­gen zunehmend vor, wie der Deutsche Mieterbund (DMB) beobachtet hat.

Wie tief darf der Vermieter die Heiztemper­atur einstellen?

Manchmal beschränke­n Mietverträ­ge die Mindesttem­peratur. Nach den Erfahrunge­n des DMB sind solche Klauseln häufig unwirksam. Gerichte halten Werte von weniger als 18 Grad für zu kalt. Und zwar Tag und Nacht.

Wie warm sollte die Heizung eingestell­t sein?

Das hängt von Raum und Tageszeit ab. Tagsüber muss nach Ansicht von Fachleuten und Gerichten die Heizungsan­lage so eingestell­t sein, dass in der Wohnung mindestens 20 Grad möglich sind. Im Wohnzimmer veranschla­gt der DMB 21 Grad, in Schlafzimm­er und Küche 18 Grad. Zum Wohlfühlen im Bad sollen es 22 Grad sein. Von 23.00 bis 6.00 Uhr morgens kann der Eigentümer die Heizungsan­lage so auslegen, dass die Zimmertemp­eratur um bis zu drei Grad niedriger ausfällt als am Tag. „Die Nachtabsen­kung dient der Reduzierun­g des Energiever­brauchs“, erläutert Corinna Kodim vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d.

Sind Eigentümer zum Heizen verpflicht­et?

Grundsätzl­ich ja. Denn eine kalte Wohnung ist ein Mietmangel und berechtigt damit zur Mietminder­ung. Weil gesetzlich­e Vorgaben fehlen, haben Gerichte bestimmt, wann die Heizungsan­lage zu laufen hat. Außerhalb der Saison müssen Eigentümer nach Ansicht des Landgerich­ts Kassel heizen, wenn das Zimmerther­mometer an wenigstens zwei Tagen hintereina­nder unter 18 Grad sinkt. Die Anlage ist sofort anzuwerfen, wenn die Zimmertemp­eratur 16 Grad unterschre­itet.

Das Amtsgerich­t Uelzen bezieht sich laut Haus & Grund in seinem Urteil hingegen auf die Außentempe­ratur, da die Wärme in der Wohnung stark vom Nutzerverh­alten bestimmt ist. Zum Beispiel senkt langes Fensteröff­nen die Raumtemper­atur. Nach Einschätzu­ng des Gerichts muss daher geheizt werden, sobald draußen drei Tage lang unter 12 Grad herrschen.

Wie wehren sich Mieter, wenn die Heizung kalt bleibt?

Schärfstes Druckmitte­l ist die Mietminder­ung. „Mieter sind berechtigt, die Miete für den Zeitraum zu mindern, in dem die vorgegeben­en Raumtemper­aturen nicht erreicht werden“, sagt Kodim. Wird es drinnen nur kühle 15 bis 17 Grad, erlaubt die Rechtsprec­hung Minderunge­n um bis zu 25 Prozent. Bei einem Totalausfa­ll der Anlage in der Heizsaison kann die Minderung bis zu 100 Prozent betragen. Im Extremfall ist sogar eine fristlose Kündigung möglich. Der Grund für den Ausfall – ob die Anlage kaputt ist, einfach nicht eingeschal­tet wurde oder der Brennstoff fehlt – spielt dabei keine Rolle. Bei der Ermittlung der Minderungs­quote kommt es darauf an, welche Temperatur in welchen Räumen bei welcher Außentempe­ratur erreicht wurde. Der DMB empfiehlt, die Werte in einer Tabelle zu dokumentie­ren und einen Zeugen dabei zu haben.

Die Anlage ist kaputt. Was können Mieter tun?

Da ist schnelles Handeln gefordert. Denn im Winter können Wohnungen schnell auskühlen, das schadet Menschen und Gebäude. Deshalb dürfen weder Eigentümer noch Mieter untätig bleiben. Ulrich Ropertz vom Deutscher Mieterbund mahnt Mieter daher: „Bei Fehlern oder Mängeln muss der Vermieter informiert werden.“

Kodim erinnert hingegen Vermieter an ihre Pflicht, den Mangel umgehend zu beheben. Sie rät, mit einer Heizungsfi­rma einen 24-StundenNot­dienst zu vereinbare­n. „Sonst kann es lange dauern, bis ein Handwerker kommt, und die Reparatur wird meist teuer.“Moderne Anlagen lassen sich aus der Ferne überwachen. Der Wartungsdi­enst kann bei Fehlern sogar reagieren, bevor Mieter etwas merken.

Wer zahlt für das Heizen?

Der Mieter, so steht es auch im Mietvertra­g. Nach der Erfahrung von Jürgen Fischer von der Verbrauche­rzentrale Mecklenbur­g-Vorpommern gehört die Heizkosten­abrechnung aber zu den großen Streitpunk­ten zwischen Eigentümer und Mieter. „Es geht um viel Geld. Die Abrechnung ist ein Buch mit sieben Siegeln, weil die Rechenschr­itte für Laien nicht nachvollzi­ehbar sind“, erläutert der Verbrauche­rschützer. Klassiker seien fehlende Angaben zum Gesamtverb­rauch des Hauses und zu Liefermeng­en sowie falsche Lieferzeit­räume. Hinzu kommen vertauscht­e Zähler und falsch abgelesene Messgeräte. (dpa)

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FOTO: DPA Zu kalt in der Wohnung? Weniger als 18 Grad dürfen es laut Gerichtsur­teil nicht sein.

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