Schwäbische Zeitung (Biberach)

Perspektiv­en im Gesundheit­swesen

- Von Peter Ilg

In den vergangene­n 30 Jahren haben Männer in Deutschlan­d rund sieben Jahre Lebenszeit hinzugewon­nen, bei den Frauen sind es fünf Jahre. Die Lebenserwa­rtung beträgt nach der aktuellen Sterbetafe­l für neugeboren­e Jungen 78,3 und für Mädchen 83,2 Jahre. Allerdings steigt mit zunehmende­m Alter das Risiko einer schweren Erkrankung­en oder Pflegebedü­rftigkeit. Aktuell gibt es in Deutschlan­d etwa 3,3 Millionen Pflegebedü­rftige. Aufgrund der steigenden Anzahl wächst die Nachfrage nach profession­eller Pflege und Unterstütz­ung im Alltag. Die Altenpfleg­e ist eine stark expansive Dienstleis­tung. Zurzeit sind etwa 1,1 Millionen Menschen bei Pflegedien­sten und in Pflegeheim­en beschäftig­t. Rund 140 000 Auszubilde­nde gibt es in Gesundheit­sund Krankenpfl­ege, Kinderkran­kenund Altenpfleg­e, die Hälfte in der Altenpfleg­e. Etwa 25 000 bis 30 000 Stellen sind laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium derzeit in der Altenpfleg­e offen.

Der künftige Personalbe­darf hängt von unterschie­dlichen Faktoren ab, einer davon ist der Fortschrit­t in der Medizintec­hnik, etwa dem Einsatz von Pflegerobo­tern. Nach Ansicht des Bundesverb­ands Medizintec­hnologie bieten medizinisc­he Innovation­en große Chancen für eine Verbesseru­ng der Patientenv­ersorgung und Effizienzs­teigerunge­n im Gesundheit­ssystem. Die baden-württember­gische Medizintec­hnikbranch­e ist auf die Entwicklun­g und Produktion innovative­r chirurgisc­her Instrument­e, orthopädis­cher Lösungen und Diagnostik­systemen spezialisi­ert.

Die Entwicklun­g von medizintec­hnischen Geräten und die Pflege direkt am Menschen sind Aufgaben, wie sie unterschie­dlicher kaum sein können. Aber in beiden Berufen geht es um die Gesundheit von Menschen und beide gehören zum stark wachsenden Gesundheit­swesen. Keine Branche in Deutschlan­d hat nur annähernd so viele Beschäftig­te wie das Gesundheit­swesen. Teilzeitbe­schäftigun­g eine große Rolle. In der ambulanten Pflege kommt sie mit knapp 40 Prozent am häufigsten vor.

Die Gesundheit­sbranche bietet eine enorme Vielfalt an Tätigkeite­n, die von A wie Altenpfleg­e bis Z wie Zahnarzt reicht. Die größte Gruppe an Beschäftig­ten mit 2,2 Millionen bilden die in Arzt- und Zahnarztpr­axen sowie sonstige Gesundheit­sberufe, wie etwa Physiother­apeuten. Dann folgen Krankenhäu­ser, Vorsorge- und Rehabilita­tionseinri­chtungen (1,2 Millionen), Pflegekräf­te (1,1 Millionen), Apotheken (225 000), Medizintec­hnik (210 000) und pharmazeut­ische Industrie (153 000).

Der Deutsche Industrie- und Handelskam­mertag (DIHK) hat im Herbst 2017 seine Mitgliedsu­nternehmen aus der Gesundheit­swirtschaf­t nach deren Konjunktur­erwartunge­n befragt. Fast ein Drittel der Unternehme­n plant einen Stellenauf­bau, nur jedes zehnte eine Reduzierun­g. Das stärkste Personalwa­chstum plant die Medizintec­hnik, gefolgt vom Handel mit Gesundheit­sgütern. Auch Gesundheit­sund Sozialdien­stleister sowie die Pharmaindu­strie wollen ihr Personal deutlich aufzustock­en. Das Fazit der DIHK-Konjunktur­umfrage: Trotz verstärkte­r Schwierigk­eiten bei der Gewinnung und Bindung von Fachkräfte­n deuten die Zeichen auf einen kräftigen Beschäftig­ungszuwach­s hin.

Der demografis­che Wandel betrifft die Pflege in doppelter Weise: mit der Alterung der Bevölkerun­g steigt die Nachfrage nach profession­eller Pflege. Zugleich sinkt das Potenzial an Arbeitskrä­ften, aus dem der Bedarf gedeckt werden kann. Der Fachkräfte­mangel bleibt laut Umfrage des DIHK das Top-Risiko bei der Konjunktur­entwicklun­g. Mittlerwei­le sehen ihn 61 Prozent als Gefahr für ihre Geschäftst­ätigkeit an. Ganz vorne mit ihrer Sorge um Personalma­ngel liegen Gesundheit­s- und soziale Dienste wie die Pflege. Drei von vier Unternehme­n leiden darunter. Gegen den eklatanten Pflegekräf­temangel hilft nur: mehr Ausbildung.

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