Schwäbische Zeitung (Biberach)
Junge Leute regen zum Nachdenken an
Warum Maselheims Bürgermeister Elmar Braun „Influencer“werden möchte.
MASELHEIM - Weil sie nicht den Anschluss an die jungen Gemeindemitglieder verlieren will, wird die Gemeinde Maselheim nun auf Facebook und Instagram aktiv. Über die sozialen Medien möchte die Verwaltung einerseits informieren, andererseits den Austausch fördern. Im Interview mit SZ-Volontärin Birga Woytowicz erklärt Bürgermeister Elmar Braun, warum und wie er den Draht zu jungen Menschen halten möchte. Seine Mitarbeiterinnen Franziska Maier (Kindergärten, Schulen, Kämmerei), Alina Beller und Magdalena Ruf (beides Auszubildende) unterstützen ihn dabei.
Herr Braun, werden Sie jetzt Influencer?
Das wäre mir Recht, wenn ich das werden würde. Erstens informiert ein Influencer, zweitens baut er Vertrauen auf. Es wird immer noch wichtiger, die Menschen mitzunehmen.
Sie sind im Vergleich zu anderen Gemeinden aber spät dran mit den sozialen Medien.
Braun: Genau richtig. Daran merken Sie, dass ich auch schon über 60 bin. Wir haben lange über die herkömmlichen Informationswege informiert. Also über die Zeitung, das Mitteilungsblatt oder Bürgerversammlungen. Das geht aber an der jungen Generation weitgehend spurlos vorbei. Sie nutzt andere Kommunikationswege. Ich habe mich schon vor ein paar Jahren einmal mit Facebook beschäftigt, damals aber gedacht: Das brauchen wir nicht. Besonders an der Diskussion rund um den Mobilfunkmasten ist mir in letzter Zeit aber bewusst geworden: Die, die diskutieren, sind über 60. Die über 25-Jährigen fragen nur, wann der Mast endlich kommt. Wir kommunizieren auf verschiedenen Ebenen aneinander vorbei. Ruf: Junge Leute haben ständig das Handy in der Hand, sind immer auf Achse. Ich schaue da auch eher mal bei Facebook vorbei, gerade auch für Veranstaltungen ist das praktisch.
Was wollen Sie über die sozialen Medien kommunizieren?
Maier: Wir wollen Veranstaltungen ankündigen, Informationen aus dem Gemeinderat bringen, aber auch auf den Klimaschutz hinweisen. Wir haben einen grünen Bürgermeister, sind eine insektenfreundliche Gemeinde und das ist aktuell einfach ein wichtiges Thema.
Braun: Ich denke, dass man gerade in
diesem Punkt bei jungen Leuten auf mehr offene Türen stößt. Die sind es ja, die das nachher alles ausbaden müssen.
Gemeinderatsbeschlüsse sind meist trocken und für den Laien vielleicht schwer verständlich. Was braucht ein Post, damit er bei jungen Menschen zieht?
Beller: Auf jeden Fall immer ein Bild, am besten mit bunten Farben und Hashtags.
Maier: Die Formulierung muss kurz und ansprechend sein, damit wir auch die erreichen, die nicht so ein großes Hintergrundwissen haben. Da geht es wirklich um die wichtigsten Informationen.
Wollen sie Facebook und Instagram auch als Plattform für Diskussionen oder zur Anregung von Themen nutzen?
Maier: Das ist auf jeden Fall ge-
wünscht. Rückmeldungen über Likes oder Kommentare können hilfreich sein für die Gemeinde. Dann sehen wir, wo es Gesprächsbedarf gibt. Braun: Ich würde noch einen Schritt weiter gehen. Ich möchte, dass die Menschen neugierig werden. Auch deshalb sollten wir nur begrenzt Material liefern. Ich ertappe mich ja selbst dabei: Einen Artikel von drei Seiten liest man selten. Wir wollen auf Facebook und Instagram eine Grenze durchbrechen, um darüber hinaus ins Gespräch zu kommen, auch persönlich.
Möchten Sie der Verwaltung auch ein Gesicht geben, vielleicht mal ein Selfie bei der Arbeit teilen?
Braun: Das ist auf jeden Fall denkbar. Wir sind noch in der Lernphase und dabei uns zu entwickeln. Es soll ja auch kein Blödsinn sein. Ich war vor Kurzem in Frankfurt. Es ging um Immobilien und Investment – und ein
Gebäude, das eine Milliarde kostet. Junge Menschen denken: Das ist viel Geld. Ich dachte mir: Eine ähnlich große Fabrik wird für über zwei Milliarden Euro verkauft. Da gehören mehrere Produktionsstätten dazu und es wird etwas Richtiges produziert. Das ist nicht bloß ein Gebäude. Aber interessiert das junge Menschen? Deswegen brauche ich euch, also Dolmetscher, damit die jungen Menschen mich verstehen. (Schaut zu seinen Mitarbeiterinnen.)
In einem kurzen Video-Post könnten Sie den Menschen direkt selbst erzählen, was Sie erleben und denken.
Braun: Ich habe vor kurzem bei FDPChef Christian Lindner gesehen, wie er in einem Video von seiner USAReise spricht. Da dachte ich, dass so etwas auch nicht schlecht wäre. Aber das benötigt natürlich Zeit. Es wäre ideal, wenn ich eine Assistentin hätte, die mich ständig begleitet und das übernehmen könnte.
Auf wie viele Follower hoffen Sie?
Braun: 1000 bis Weihnachten, das ist ja jedes Jahr (lacht). Wir müssen die jungen Leute mitnehmen. Sie haben andere Sorgen und zwingen uns zum Nachdenken.