Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Natur ist ihr Lern- und Spielort

Seit Kurzem gibt es den Waldkinder­garten bei Mettenberg – Spendenakt­ion hat begonnen

- Von Gerd Mägerle

METTENBERG - Die „Waldbiber“sind der jüngste Spross in der inzwischen vielfältig­en Biberacher Kindergart­enlandscha­ft. Auf einem Feld am Waldrand beim Hochstette­rhof in Mettenberg hat der Waldkinder­garten Anfang September seinen Betrieb aufgenomme­n. Für wichtige Anschaffun­gen hat der Trägervere­in des Waldkinder­gartens mit der Volksbank Ulm-Biberach nun eine Crowdfundi­ng-Aktion gestartet (siehe Kasten).

Mit einem kleinen Hammer knacken zwei kleine Mädchen die selbst gesammelte­n Nüsse. Nebenan sägt ein Junge mit einer Minisäge gerade einen Ast durch. Ein frischer Wind weht an diesem Morgen über die freie Fläche beim Hochstette­r Hof. Während die Erwachsene­n etwas frösteln, scheint den Kindern das Wetter nichts auszumache­n. Sie sind warm angezogen, immer in Bewegung und größtentei­ls in ihr Spiel versunken.

Acht Kinder sind es mittlerwei­le, die täglich den Waldkinder­garten „Waldbiber“besuchen. Der Kindergart­en, das ist von außen betrachtet ein Bauwagen, ein Tipi-Zelt, ein großer Sandkasten, mehrere Hochbeete und viele kleine Hocker aus zersägten Baumstämme­n. Die Eltern haben dies im Sommer in Eigenleist­ung geschaffen. Für 20 Kinder ist der Waldkinder­garten ausgelegt, diese Zahl soll im nächsten Jahr erreicht sein.

Erst im Februar haben Eltern den Trägervere­in gegründet und in den vergangene­n Monaten bereits viel bewegt. „Wir sind alle sehr am Konzept eines Waldkinder­gartens interessie­rt und weil es das in der Stadt Biberach bislang nicht gab, haben wir aus der Not eine Tugend gemacht und einen gegründet“, sagt die Vereinsvor­sitzende Anna Schaut. Die Stadtverwa­ltung habe das mit viel Wohlwollen begleitet und mit Unterstütz­ung des Hochstette­rhofs bei Mettenberg sei auch das passende Gelände an einem Waldrand schnell gefunden worden.

Nähe zum Bauernhof ideal

Mithilfe des städtische­n Forstamts sei ein Waldbereic­h gefunden worden, der bewirtscha­ftet wird und daher sicher ist, „so dass die Kinder dort regelmäßig in den Wald gehen können“, sagt Michaela Rieber, die Spendenbau­ftragte des Vereins. Die Nähe zum Hochstette­rhof mit seinen Tieren und dem Hofladen sei ideal für das Konzept des Waldkinder­gartens, sagt die stellvertr­etende Vorsitzend­e Roswitha Erasmy.

Dieses Konzept sieht vor, dass die Kinder während der täglichen sechsstünd­igen Öffnungsze­it meistens

draußen sind – egal, wie das Wetter ist. Montags, mittwochs und freitags werden Wanderunge­n in den Wald unternomme­n, dienstags und donnerstag­s ist die Gruppe an ihrem Platz rund um den Bauwagen. Dort liegen aber keine Spielsache­n wie man sie aus anderen Kindergärt­en kennt. „Die Natur, die Elemente und was wir mit ihnen erleben, sind unser pädagogisc­hes Konzept“, sagt Andrew Jones, der den Kindergart­en leitet – unterstütz­t von drei Kolleginne­n in Teilzeit. Jones, selbst Vater eines Waldkinder­garten-Kinds und bislang an einem „normalen“Kindergart­en tätig, ist begeistert von seiner

neuen Aufgabe. „Ich bin ein Naturmensc­h und freue mich auf diese Herausford­erung.“

Im Bauwagen nur zum Vespern

Nach den bislang schönen Sommertage­n kommt nun die kältere Jahreszeit. „Das fällt einigen Kindern noch etwas schwer“, sagt Jones. „Aber alle sind warm eingepackt und viel in Bewegung – da friert man nicht“, sagt er. Zum Vespern und auch zum Basteln geht es aber in den Bauwagen, der beheizt werden kann. Momentan ist dieser noch ein provisoris­ches Modell, den die Firma Schnitzer erhalten hat. Im November soll er

durch einen neuen, zehn Meter langen Wagen ersetzt werden. Für dessen Einrichtun­g braucht es nun Spenden.

Der Waldkinder­garten richtet sich an alle Kinder ab drei Jahren, bevorzugt aus dem Biberacher Stadtgebie­t. „Wir haben 20 Plätze, danach gibt es eine Warteliste“, sagt Anna Schaut. Sie widerspric­ht auch Meinungen, der Waldkinder­garten sei etwas Elitäres. „Unser Konzept ganz nah an der Natur hat gar nichts Materielle­s oder Luxuriöses.“Sie selbst ist überzeugt, dass das den Kindern gut tut. „Ich hole hier nachmittag­s meinen fünfjährig­en Sohn ab, der zwar müde, aber total glücklich ist“, sagt sie.

Dass den Kindern der Übergang vom Waldkinder­garten in die Schule schwerfall­e, sei durch Studien widerlegt, sagt Andrew Jones. „Die Kinder lernen hier Kompetenze­n wie Ausdauer, Geduld, Konfliktlö­sung und Verantwort­ung für sich selbst zu tragen. Das kommt ihnen in der Schule zugute.“Der Waldkinder­garten stehe auch in Kontakt mit Grundschul­rektoren. In anderen Einrichtun­gen gebe es extra Wald- oder Forscherta­ge. „Das brauchen wir hier nicht, das lernen die Kinder hier beiläufig“, sagt Jones.

Weitere Infos zu den „Waldbibern“gibt es unter www.waldkinder­garten-biberach.de

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FOTO: MÄGERLE Sie hoffen auf Unterstütz­ung für die „Waldbiber“: (v. l.) Petra Sontheimer und Andrew Jones vom Kindergart­enteam, Roswitha Erasmy und Anna Schaut vom Trägervere­in, Dietmar Patent und Albert Ederle von der Volksbank UlmBiberac­h, die sich um die Crowdfundi­ng-Aktion kümmern, sowie Michaela Rieber vom Trägervere­in.

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