Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Du weißt nicht, was auf Dich zukommt“
Mit einer Riedlinger Polizeistreife in der Nachtschicht unterwegs
RIEDLINGEN - Der Polizeidienst ist kein Zuckerschlecken, vor allem in einer Nachtschicht am Wochenende. Davon konnte sich SZ-Mitarbeiter Wolfgang Lutz überzeugen. Mit dem erfahrenen Polizei-Oberkommissar Chazkjewitsch und der jungen Beamtin Gaum, die ihr Praxisjahr auf der Dienststelle in Riedlingen absolviert, war Lutz sechs Stunden im Einsatz.
Von 20 Uhr bis sechs Uhr morgens sind zwei Streifen mit jeweils zwei Mann Besatzung im Einsatz und warten, bis „Ulm“, die zuständige Einsatzzentrale, den Beamten die Mitteilung „Bitte übernehmen“erteilt. Kurz nach Schichtwechsel geht es bereits los. In Sigmaringen wurde ein Mann mit Drogen aufgegriffen, der aber seinen Wohnsitz in einer Gemeinde im Bereich Riedlingen hat. Der Mann soll von den Riedlingern übernommen und an seinen Wohnort verbracht werden.
Suche nach Drogen
Doch dazu kommt es vorerst nicht, der Einsatz muss warten. Neuer Einsatzbefehl: Im Stadtgebiet von Riedlingen wurde in einem Wohnhaus ein Alarm ausgelöst. Die Nachbarn warten schon auf die Polizisten. Von außen hört man das schrille Piepen aus dem Haus. Alsbald war klar – ein Rauchmelder hat den Alarm ausgelöst. In der Wohnung selbst war so weit alles in Ordnung, aber bei der Überprüfung der Räume wurde den Beamten noch ein Schrecken eingejagt: im Flur lag ein Hund, der nicht angeschlagen hatte. Der Oberkommissar, selbst Hundebesitzer, wusste, wie man den Hund anspricht und so ging doch alles „friedlich“vonstatten.
Nun stand die Übernahme des jungen Mannes an, der in Sigmaringen mit Drogen in Kontakt kam. Auf Anordnung wurde zusätzlich die Hundestaffel alarmiert, die schon vor der Wohnung des Mannes wartete. Die wurde durchsucht, doch es wurden nur Reste von Betäubungsmitteln gefunden. Hund und Einsatzkräfte konnten wieder abrücken, das Verfahren nimmt seinen Lauf.
Mit hohem Tempo und Blaulicht
Nach einer zwischenzeitlich durchgeführten Fahrzeugkontrolle auf dem Weg zur Wache wird es ernst. Der Notruf kommt: „Häusliche Gewalt mit Bedrohung von Familienangehörigen mit einem Messer“in Riedlingen. Die Fahrt stellt Mensch und Material auf die Probe. Mit hoher Geschwindigkeit, aber mit guter Fahrkunst jagt das Auto in Richtung Stadt, bahnt sich den Weg an Autos und Ampeln vorbei zum Tatort. Dort wartet auch schon „Streife 1“vor Ort. Doch einfach so losstürmen ist nicht. Zusätzliche Schutzausrüstung, die vor Stichverletzungen schützen soll, wird angelegt und wichtiges polizeiliches Equipment mitgeführt. Dann gehen die Beamten in die Wohnung. Am Ende des Einsatzes landet eine Person auf der Wache. Die Kollegen vor Ort übernehmen und leiten weitere Schritte ein.
Keine Verschnaufpause
Auf der Fahrt zurück auf die Dienststelle fährt in der Innenstadt ein Auto vor dem Streifenwagen. „Den Fahrer überprüfen wir auf BTM“(Betäubungsmittel), so kurz die Anweisung an die Kollegin und schon wurde der Fahrer gestoppt. Eine notwendige Urinprobe kam nicht zustande, sodass der Fahrzeuglenker mit ins Revier genommen wurde. Nun geht der Zeiger Richtung Mitternacht. Die Beamten hoffen auf eine kleine Verschnaufpause für einen frischen Salat. Denkste. Denn kaum, dass sie die Dienststelle betreten, ruft „Ulm“zum nächsten Einsatz nach Bad Schussenried. Dort hatten sich zwei Gäste auf dem Magnusfest mit der Security angelegt und wurden aus dem Zelt ins Freie befördert. Nach Aufnahme aller Personalien wurde den beiden ein Platzverweis erteilt. Zu Fuß traten sie dem Heimweg an.
Auf der Rückfahrt der nächste Einsatz: Jugendliche wollten sich in Bad Buchau anscheinend Zutritt in das Gymnasium verschaffen, in dem gerade ein Probenwochenende von jungen Sängern stattfand. Auch hier zeigte sich die Routine des Oberkommissars und am Ende hieß es auch für die Gruppe „Platzverweis“, was diese auch zu akzeptieren schienen. Doch kurz vor Dürmentingen hieß es wenden und nochmals zum Tatort zurück, da ein Jugendlicher anscheinend die Aufforderung der Beamten „nicht verstanden“hatte. Beide Streifenfahrzeuge waren dann vor Ort, aber es war niemand mehr anzutreffen. Doch das Gespür und die Erfahrung des Polizeibeamten zeigte Erfolg und man stöberte die Truppe auf. Eine letzte Ermahnung zeigte dann Erfolg.
Keine Angst, nur Respekt
Trotz der gefährlichen Einsätze: Beide Polizisten beteuern, dass ihnen die Arbeit Spaß mache. Zum einen sei sie abwechslungsreich, man habe mit vielen Menschen zu tun „und man weiß nie, was auf einen zukommt“, so der Oberkommissar. Man sei Helfer, oft auch Psychologe, denn die Einsätze seien so mannigfaltig. Dazu gehöre auch Mut, Fingerspitzengefühl und oft eine schnelle Auffassungsgabe sowie die richtige Vorgehensweise im Einsatz. „Angst ist hier fehl am Platz, vielmehr Respekt“, so die junge Polizistin.
Kurz nach ein Uhr freuten sich alle auf die verdiente Rast und einen kleinen Imbiss auf der Dienststelle. Wieder nichts! „Streife 1“wurde nach Riedlingen auf den Realschulhof gerufen. Doch außer ein paar zerdepperten Kürbissen war nichts mehr zu sehen. Alles ruhig. Also wieder zurück zur Dienststelle. Dann stand die Schreibarbeit noch an: die Einsätze fein säuberlich zu protokollieren, was viel Zeit in Anspruch nahm.