Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Halten Senden für Fehlentwicklung“
Decathlon hat am Donnerstag seine zweite Filiale in der Region eröffnet – Kritik von Ulmer IHK
SENDEN - Mit der Eröffnung der 2500-Quadratmeter-Filiale von Decathlon am Donnerstag in Senden ist mehr als ein neues Sportgeschäft entstanden: Mit dem zugkräftigen französischen Filialisten wirft die Stadt an der Iller auch ein Pfund im Konkurrenzkampf mit der Glacis-Galerie in Neu-Ulm in die Waagschale. Kunden des Ulmer Blautalcenters lassen sich damit nur bedingt gewinnen: Dort gibt es längst eine Filiale.
300 000 Besucher monatlich strömen nach Angaben der Firma Prime Management, der Betreiberfirma, schon jetzt in das Iller-Center, das zu einem Teil von Prime und zum anderen Teil von Drogeriekönig Müller betrieben wird. „Decathlon ist für den Standort Senden eine große Bereicherung“, sagt Prime-Mann Alexander Bartosch über die Neuansiedlung in den Müllerräumen.
Nach Informationen aus Handelskreisen steht schon so gut wie fest, wie Prime die noch freien Flächen im Center vermietet: Offenbar kommt Deutschlands größter Buchhändler Thalia, die auf Kinder spezialisierte Textilkette Ernsting’s Family sowie der Schuhfilialist Siemes. Und auch Textildiscounter Takko soll angeblich von der Berliner Straße 26 direkt gegenüber ins Iller-Center wechseln.
Zu Gerüchten möchte Prime keine Stellung nehmen. „Wir sind für alle Flächen mit potenziellen und interessierten Händlern in Gesprächen.“Das Interesse am Standort Iller- Center sei weiter sehr groß, sagt Bartosch lediglich. Aktuell befinden sich fünf Ladengeschäfte in Vermietung. Zwei Einheiten im neu umgebauten Bereich sowie zwei Einheiten im Bereich neben C&A und eine Einheit in der „Mall“, also der überdachten Passage gegenüber von Marktkauf, seien noch verfügbar. Mit den Filialen von S.Oliver, Schiesser und Camp David sei es gelungen, eine zugkräftige Markenvielfalt zu etablieren. Nachdem der Umbau am Iller-Center fast abgeschlossen ist, zeige sich zudem, dass die vergrößerte Depot-Filiale gut angenommen werde. Hinzu kommt das Gastronomieangebot Ciao Bella, ein Vodafone-Laden, ein Nagelstudio sowie ein Schuh- und Schlüsseldienst. Seit gut einer Woche hat sich ein Leerstand bereits erledigt: Nachdem Tony’s Coffee nach zehn Jahren Ende Juni überraschend schloss, weil offenbar die Kommunikation mit dem Vermieter nicht funktionierte, wird dort wieder Kaffee ausgeschenkt: Luigi Macchia und Stefano Treccosti bewirten nun das Ex-Tony‘s.
Ein Magnet ist wichtig
„Der erste Sommer hier war super“, sagt Macchia, der wie sein Geschäftspartner erfahrener Gastronom ist. Macchia betreibt auch eine Filiale von Ciao Bella im Blautalcenter und Treccosti hat sich durch das Café Largo in der Ulmer Innenstadt einen Namen gemacht. Somit weiß der Milan-Fan Macchia aus eigener Erfahrung im Blautalcenter, wie wichtig ein Magnet der Kategorie Decathlon ist, um Kunden für sein Restaurant zu gewinnen.
Eine Magnetwirkung, die aus Sicht von Ulmer Handelsexperten mit der Neueröffnung in Senden überreizt wird. Bereits gegen die Decathlon-Filiale im Blautalcenter protestierte die Ulmer Industrie- und Handelskammer und stellte die Zulässigkeit der Größe der Verkaufsfläche vor dem Hintergrund des Bebauungsplans infrage. Wenn es um bayerische Freizügigkeit in Sachen Zulassung von Handelsflächen geht, kann sich Josef Röll, Handelsexperte der IHK Ulm, nur wundern. „Nach wir vor halten wir Senden für eine Fehlentwicklung“, sagt Röll und meint damit, dass eine Beschränkung von Einzelhandelsflächen gut wäre, weil so ein ruinöser Wettbewerb vorangetrieben werde. Handelsriesen wie Decathlon gehören nach Meinung von Röll, wenn überhaupt, in Oberzentren wie Ulm und nicht in die Peripherie.