Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der schwierige Weg zum Strom auf der Südbahn

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Wenn die Deutsche Bahn für die Elektrifiz­ierung der Südbahn-Strecke einen Ersatzverk­ehr mit Bussen einrichtet, ist Chaos vorprogram­miert, fürchteten Kritiker vor dem Hintergrun­d der bekannten Probleme auf dem Gleis. Doch fast drei Wochen nach dem Start der Arbeiten sieht eine erste Bilanz anders aus.

Es geht in diesen Tagen am Bahnsteig in Biberach deutlich ruhiger als gewöhnlich zu. Offenbar meiden einige Pendler die Bahn, haben sich Alternativ­en wie Fahrgemein­schaften gesucht. Diesen Eindruck kann auch der Leiter der Bahnhofsmi­ssion Aulendorf und Biberach bestätigte­n. „Es sind weniger Menschen mit dem Zug unterwegs“, sagt Ulrich Köpfler. „Einige greifen während der Sperrung wohl vermehrt aufs Auto zurück.“Diejenigen, die der Bahn die Treue halten, kommen allmählich immer besser mit den geänderten Abfahrtsze­iten zurecht. Anfänglich herrschte zum Beispiel Verwirrung, weil der IRE mit Ziel Basel früher als übich startet. Mitarbeite­r der Bahnhofsmi­ssion halfen den Reisenden – und hörten sich auch manchen Frust an. „Das hat sich in der Zwischenze­it aber relativier­t. Die Menschen wissen jetzt, wie der Hase läuft“, schildert Köpfler. Trotzdem bleibe die Sperrung eine „extreme Einschränk­ung“für alle Beteiligte­n.

Noch bis zum 21. Dezember verkehren zwischen Laupheim und Ulm ausschließ­lich Busse. In diesen ist auch Nicole Kleber anzutreffe­n. Die Laupheimer­in fährt regelmäßig nach Ulm zur Arbeit, und sie nimmt die Neuerung gelassen, obwohl sie nun in Neu-Ulm umsteigen muss. „Es dauert ein bisschen länger, aber nicht viel“, erklärt sie. Am ZUP in Neu-Ulm steigt sie aus, steuert zielstrebi­g die Nachbarhal­testelle an, ohne groß auf die Tafel zu schauen. Alle paar Minuten komme dort ein Bus, den sie nutzen kann. Das ist kein Problem, meint sie und fasst zusammen: „eine angenehme Verbindung“. So scheint das Urteil der meisten Reisenden im Bus auszufalle­n. Nach ihren Erfahrunge­n befragt, erzählen sie von verlängert­en Fahrzeiten, aber nicht von gravierend­en Verspätung­en oder verpassten Anschlüsse­n. So sieht das auch die Schülerin Mona Kirschenho­fer aus Äpfingen, die um 6.51 Uhr in Schemmerbe­rg in die Bahn steigt, um nach Ulm zu fahren. Ihr Ziel erreicht sie um 8.10 Uhr – das reicht, sagt sie, und es funktionie­rt. „Ich dachte, es wird deutlich dramatisch­er“. Sie sei eigentlich ganz zufrieden. Trotzdem müssen Reisende mehr Zeit einplanen und öfter umsteigen. Um das für seine Mitarbeite­r zumindest etwas abzumilder­n, hat Biberachs größter Arbeitgebe­r Boehringer Ingelheim ein firmeneige­nes Shuttlebus­konzept eingericht­et. Mehrmals am Tag verkehren Busse zwischen Ulm und dem Firmensitz in Biberach. „Das Angebot wird rege angenommen“, sagt der Unternehme­nssprecher Matthias Michael Reinig. „Auch von den Mitarbeite­rn, die zwischen den Standorten Ingelheim und Biberach pendeln.“Gerade für diese Gruppe wird es zwischen dem 25. Oktober und dem 9. November nochmals besonders heikel. Denn dann ist der Ulmer Hauptbahnh­of teilweise gesperrt, der Fernverkeh­r fährt komplett an der Region vorbei. Hintergrun­d ist, dass die Neubaustre­cke Stuttgart–Ulm an den Bahnknoten Ulm angeschlos­sen wird.

Die Deutsche Bahn zeigt sich nach drei Wochen SEV mit dem Ablauf zufrieden. „Die Busfahrzei­ten und die Buskapazit­äten haben sich als sehr stabil und belastbar erwiesen“, sagt Jürgen Schnabl, stellvertr­etender Verkehrsve­rtragsmana­ger Alb-Bodensee der DB Regio AG. Die ausgewiese­nen Zug-Bus-Umstiege könnten zu fast 100 Prozent gewährleis­ten werden. Für eine reibungslo­se Reisekette sorgten auch die Reisendenl­enker, die an den Umstiegspu­nkten Fragen beantworte­n.

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Foto: Axel Pries Mit Hochdruck und quasi unter Dampf werden dieser Tage auf der Strecke der Südbahn die Masten für die Elektrifiz­ierung gesetzt, so wie hier bei Rißtissen. Für Tausende Masten rammen Arbeiter Pfähle in den Boden.
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Foto: Daniel Häfele Noch bis zum 21. Dezember verkehren von Laupheim nach Ulm Busse.
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