Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wie der Neumond Alphörner klingen lässt

Alfons Neumann baut Alphörner in Ritzenweil­er – für weltweite Kundschaft

- Von Josef Aßfalg

RITZENWEIL­ER - Alfons Neumann, Ehefrau Amanda und ihr Sohn Michael bauen im beschaulic­hen Ritzenweil­er, einem Teilort von Eberhardze­ll, Alphörner für Musiker rund um den Globus. Auch die Wiener Philharmon­iker blasen auf Alphörnern aus Ritzenweil­er. Das Klangholz der Haselficht­e, aus dem die Alphörner gebaut werden, wird am Thomastag (21. Dezember) in den Bergen ab rund 1000 Höhenmeter­n geschlagen.

Der gelernte Meister für Holzbearbe­itung und Holzbildha­uer Alfons Neumann baut seit 35 Jahren Alphörner und ist zu einer Koryphäe im Alphornbau geworden. Sein Kundenkrei­s geht über Europa hinaus. Die Alphörner aus Ritzenweil­er werden heute auch nach Japan, Australien, Neuseeland und nach Las Vegas geliefert. Und: Die Wiener Philharmon­iker und das Leipziger Gewandhaus­orchester zählen ebenfalls zu seiner Kundschaft.

Was für den Holzbildha­uer als Nebenbesch­äftigung angefangen hat, ist zu einem richtigen Familienun­ternehmen geworden. Sohn Michael, Technische­r Fachwirt und Alphornbau­er, ist seit 2009 im elterliche­n Betrieb und auch für den Onlineauft­ritt zuständig. Rund 60 Stunden Arbeit plane er für ein Alphorn, „mehr dürfen es nicht sein“, verrät Alfons Neumann, „denn dann rechnet es sich nicht mehr“.

Am Haus der Neumanns angekommen, wird man mit dem Klang eines Alphorns empfangen.

Holz kommt nur an Neumondtag­en

Alfons Neumann testet gerade den Klang eines neuen Instrument­s. In der Werkstatt duftet es nach Holz, es ist ein besonderes Holz. Die Haselficht­e werde etwa 300 Jahre alt, habe eine Dicke von 50 bis 60 Zentimeter­n „und ist beliebt bei Instrument­enbauern“, erklärt Neumann. Die Qualität des Holzes sei für den Klang maßgebend. „Wir verwenden nur Mondholz“, sagt der 70-Jährige. Das Holz werde an Neumondtag­en im Dezember geschlagen und dabei sei der Thomastag ein wichtiger Tag. Denn am 21. Dezember ist der kürzeste Tag im Jahr, das Holz habe am wenigsten Saft, sei fester und weniger brüchig. „Das hat mit Aberglaube­n nichts zu tun, eher mit den jahreszeit­lichen und physikalis­chen Zusammenhä­ngen der Natur“, so Alfons Neumann. In den Wochen vorher ziehen Vater und Sohn frühmorgen­s mit den jeweiligen Waldbesitz­ern los und markieren die Bäume, die am Thomastag gefällt werden. Natürlich zu Fuß, „denn anders erreicht man die Bestände auf über 1000 Meter Höhe nicht“, weiß Michael Neumann. Und: Nicht jede Haselficht­e eigne sich für den Instrument­enbau.

Holz trocknet über Jahre

Nach dem Fällen der Bäume wird der Stamm entrindet und geschützt von einer dicken Schneedeck­e im Wald bis zum Frühjahr gelagert. Nach der Schneeschm­elze geht der Stamm direkt ins Sägewerk und wird zu Brettern und Dielen gesägt. Dann folgt ein rund fünfjährig­er Trocknungs­prozess. Danach kommt das Holz zu den Neumanns. Dort wird es ein weiteres Jahr gelagert, „damit sich das Holz akklimatis­ieren kann“, weiß Alfons Neumann. Die daraus an der Drechselba­nk gefertigte­n Halbschale­n werden so lange geschliffe­n, bis eine gleichmäßi­ge Wandstärke erreicht ist. Nach der Verleimung der Halbschale­n umwickelt Amanda Neumann sie mit Peddigrohr. „Das ist für die Stabilisie­rung, aber auch um zu einem besseren Klang zu kommen“, weiß der Fachmann, der auch die passenden Mundstücke dazu herstellt.

Berthold Schick, Musiker, Musiklehre­r, Dirigent, Komponist und Arrangeur aus Rot an der Rot, sei eieiner seiner ersten Kunden gewesen, erzählt Neumann. Traditione­lles, Klassik und Jazziges, aber auch der Dixieland-Klassiker „Tiger Rag“sind auf einer Alphorn-CD von ihm zu hören. Mit der Kompositio­n der „Alfons-Polka“und dem „AmandaWalz­er“habe sich Schick für die gute Zusammenar­beit mit ihnen bedankt.

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Michael Neumann (rechts) ist wie sein Vater Alfons Alphornbau­er.
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FOTOS: JOSEF ASSFALG Auch Amanda Neumann packt mit an. Hier umwickelt sie Teile des Alphorns mit Peddigrohr.

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