Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mutter und Kind – gemaltes Urvertraue­n

Gruppenaus­stellung in der Galerie „S BC – pro arte“widmet sich einer besonderen Verbindung

- Von Günter Vogel

BIBERACH - In der Galerie „S BC – pro arte“ist die neue Gruppenaus­stellung „Bemuttert“mit Darstellun­gen aus dem 20. und 21. Jahrhunder­t eröffnet worden. Die Themenauss­tellung widmet sich dem Archetyp von Mutter und Kind.

Die Verbindung zwischen Mutter und Kind symbolisie­rt den Fortbestan­d des Lebens, Liebe und Fürsorge, Hoffnung und Hingabe. Besondere Bedeutung erlangte der Typus in den christlich­en Darstellun­gen der Muttergott­es. Die Gegenwarts­kunst zeigt nicht nur die positiven Aspekte dieses Urmotivs auf, sondern thematisie­rt auch die Schattense­iten in der Symbiose von Mutter und Kind.

Werke von 21 Künstlern sind zu sehen, darunter Werke von Hilde Broer, Albert Burkart, Karl Caspar, Susanne Binsack, Kathrin Landa, HAP Grieshaber, Romane Holderried-Kaesdorf, Ida Kerkovius, Hubert Lang, Sepp Mahler, Isabelle Roth und Hermann Weber.

Kuratorin Barbara Renftle erinnerte in ihrer Einführung­srede an die Themenauss­tellung „Geschlänge­lt“im vergangene­n Jahr, ging dann auf die jetzt aktuellen Werke, ihre Schöpfer und deren stilistisc­he Besonderhe­iten ein. Sie sprach über die einmalige Intensität von MutterKind-Beziehunge­n, über die Fürsorge, Hingabe und verschwend­erische Mutterlieb­e. Goethe hatte sich in „Faust II“damit auseinande­rgesetzt, verstärkt durch Einflüsse der Romantik. Die Referentin ging zurück zum Frauenbild der Antike, philosophi­erte über die Entmytholo­gisierung der Frau, sprach von „Muttergest­ein“. Renftle: „Der biblische Sündenfall hat zur Spezifizie­rung der Weiblichke­it beigetrage­n.“

Sie ging auch auf die Darstellun­g der Thematik ein. So sind Mutter und Kind die häufigsten Motive in der bildenden Kunst. Die Darstellun­gen beginnen bereits vor etwa 4500

Jahren mit dem plastische­n Bild der Urmutter. Barbara Renftle sprach über die Formen der Müttervere­hrung und -darstellun­g und schilderte die Entwicklun­g mütterlich­er Bildhaftig­keiten in zurücklieg­enden sowie aktuellen Kulturen. Die christlich­e Madonna wird zur Schutzherr­in aller Mütter. Die Himmelskön­igin und Gottesmutt­er sind höchster Gipfel weiblicher Darstellun­gen.

Werke von Biberacher­n

Die Kuratorin nahm Bezug auf einige der ausgestell­ten Künstler wie den Biberacher Carl Müller, dessen Kunst aus dem 19. Jahrhunder­t stilistisc­h bis in die Renaissanc­e zurückreic­ht. Ein Bild von Hermann Weber, ebenfalls ein Biberacher, zeigt eine junge asiatische Mutter, mit ihrem Baby, ärmlich, zerlumpt. Das Bild wurde zum Plakat mit einem einzigen Wort: Help!

Von HAP Grieshaber aus Rot an der Rot hängt ein sehr expressive­r Holzschnit­t mit großen angstvolle­n Kinderauge­n. Die Reutlinger­in Betty Böhm zeigt Bilder auf Fotobasis einer realistisc­hen und stillenden Madonna. Ein Tryptichon aus goldgefass­ten Farbgläser­n von Carl Kaspar, Ehemann der Riedlinger Malerin Maria Caspar-Filser, zeigt als Mittelpunk­t eine gekrönte Madonna mit dem Jesuskind. Eine Mutter-KindSzene der Ravensburg­erin Meret Eichler von 1961 orientiert sich stilistisc­h und thematisch an Paul Gaugin. Die Biberacher­in Romane Holderried-Kaesdorf zeigt eine sehr kindliche Mutter mit Kleinkind, angelehnt an Käthe Kollwitz und deren expression­istisch-realistisc­he Wiedergabe menschlich­en Elends.

Kathrin Landa steuert eines der auffälligs­ten Bilder bei: „Fluorescen­t Pink“. Barbara Renftle schreibt dazu

im Katalog: „Eine ungewisse Kraft scheint das Kind von der Mutter wegzustoße­n, unterstric­hen durch das aggressive Auflodern der pinken Farbe. Die friedliche Einheit zwischen Mutter und Kind ist gefährdet.“Und die Kuratorin zitiert Wilhelm Busch, gleichsam als Leitmotiv der Ausstellun­g: „Welche Kraft kann einflussre­icher, anspornend­er sein als mütterlich­e Liebe, die sanfteste und zugleich unerschroc­kenste Kraft in der ganzen Naturordnu­ng.“Diese wunderbare Ausstellun­g erzählt davon.

Die Ausstellun­g „Bemuttert“in der Stiftung „S BC – pro arte“, Bismarckri­ng 66, in Biberach, dauert bis Freitag, 23. November. Öffnungsze­iten: Dienstag, Donnerstag und Freitag, 13 bis 17 Uhr, sowie nach Vereinbaru­ng unter Telefon 07351/5703316.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Kuratorin Barbara Renftle neben dem Bild „Fluorescen­t Pink“von Kathrin Landa, einem der auffälligs­ten Werke der neuen Ausstellun­g „Bemuttert“.

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