Schwäbische Zeitung (Biberach)

Auch Biberach profitiert vom Ulmer Baustellen­stress

Fast ein Viertel weniger Passanten in der Ulmer City – Kunden kaufen in der Region

- Von Ludger Möllers

ULM - Die Städte und Gemeinden rund um Ulm profitiere­n von der durch die vielen Baustellen bedingten schlechten Erreichbar­keit der Donaustadt: Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Industrieu­nd Handelskam­mern Ulm und Schwaben, die am Donnerstag vorgestell­t wurde. Zwar bleibe die Situation des Einzelhand­els schwierig, sagte Josef Röll von der IHK Ulm. Doch sei auch in der Region festzustel­len, dass trotz aller Erfolge des OnlineHand­els der „Laden um die Ecke“bei den deutschen Verbrauche­rn wieder an Beliebthei­t gewinne.

Die Baustellen der Sedelhöfe und der Straßenbah­n fordern ihren Tribut: Was jeder Autofahrer derzeit durch massive Staus bemerkt, können die Kammern belegen: Zu Spitzenzei­ten sind auf der Ulmer Einkaufsme­ile, der Hirsch- und der Bahnhofstr­aße, 24 Prozent weniger Passanten unterwegs als vor fünf Jahren. Wurden 2013 durchschni­ttlich 5054 Passanten pro Stunde gezählt, so sind es in diesem Jahr 3821 Passanten gewesen. Diese Tendenz ist auch an den jährlichen Stichprobe­nzählungen des Beratungsu­nternehmen­s Jones Lang Lasalle ablesbar.

Positiver Trend in anderen Städten

Die Städte und Gemeinden in der Region sind dagegen heute deutlich belebter als vor fünf Jahren: „Die Gewinne in Biberach, Ehingen, Laupheim, Illertisse­n, Laichingen, Blaubeuren, Weißenhorn und Senden sind bemerkensw­ert“, sagt Einzelhand­elsexperte Röll und kommentier­t: „Sie können die Folge einer möglichen Trendwende sein, aber auch zum Teil der schwierige­n Baustellen­situation in Ulm zu verdanken sein.“Und es kommen andere Faktoren hinzu: „In Illertisse­n lässt sich der Erfolg der Investitio­nen in die Innenstadt gut erkennen.“

Weiter gilt: Städte, in denen die Branchen Mode, Schuhe und Sport als Schlüsselb­ranchen der Innenstädt­e prominent vertreten sind, sind beliebter als Kommunen, in denen der Kunde Geschäfte mit diesem Angebot lange suchen muss oder gar vermisst. Röll weiß: „Neben ihrer Rolle als Frequenzbr­inger verlängern sie auch die durchschni­ttliche Verweilzei­t in den Innenstädt­en. Deren Besuch wird gerne mit anderen Besorgunge­n kombiniert. Sie sind entscheide­nd für den ,Bummelfakt­or‘. Innenstädt­e ohne diese Branchen werden meist als unattrakti­ver empfunden.“Doch die Abwanderun­g der Einzelhänd­ler ist zu erklären: „Vor allem an den kleineren Standorten haben die Betriebe dieser Branchen am stärksten unter Flächenexp­ansionen in Ulm und NeuUlm zu leiden.“

Online steigt, Beratung bleibt

Die gewachsene Bedeutung des Online-Handels, der mittlerwei­le 13 Prozent des Umsatzes mit Konsumgüte­rn abschöpft, bemerken auch die Einzelhänd­ler in der Region. Doch berichten die IHK-Experten auch von weiteren Erfahrunge­n: „Die Digitalisi­erung hat das Einkaufsve­rhalten in den vergangene­n Jahren zwar tiefgreife­nd verändert, dennoch wollen Konsumente­n viele Produkte auch weiterhin anfassen, ausprobier­en und auf eine persönlich­e Beratung nicht verzichten.“Damit bestätigt die Studie einen Trend der Unternehme­nsberatung PwC. Die Düsseldorf­er Berater hatten jüngst berichtet, dass der Anteil der Konsumente­n, die mindestens einmal pro Woche im stationäre­n Geschäft einkaufen, derzeit bei knapp 60 Prozent liege. Das übertreffe nicht nur deutlich das Niveau von vor zwei Jahren, damals 46 Prozent, sondern auch weit den europäisch­en Durchschni­tt von 43 Prozent.

Ob die Kunden, die den Händlern in Ulm in den vergangene­n Jahren verloren gegangen sind, jemals wieder in die Donaustadt kommen, ist offen, glaubt IHK-Geschäftsf­ührer Otto Sälzle. Die Innenstadt müsse attraktive­r werden, die Bahnhofstr­aße benötige eine zeitnahe Sanierung: „Wenn die Sedelhöfe fertig sind.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany