Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Schwangers­chaftsabbr­uch kann nicht der Weg sein“

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RAVENSBURG Die Debatte um pränatale Bluttest wird zu pragmatisc­h geführt. Das sagte Moraltheol­oge Eberhard Schockenho­ff (Foto: pr) von der Albert-Ludwigs-Universitä­t Freiburg im Gespräch mit Caroline Messick.

Herr Schockenho­ff, wie bewerten Sie die Debatte um die Finanzieru­ng vorgeburtl­icher Bluttests?

Das kommt nicht unverhofft. Zwischen der Entwicklun­g des Testverfah­rens und der Frage, in welcher Weise er Einfluss auf die medizinisc­he Praxis nehmen soll, liegt schon eine ganze Zeit dazwischen. Das Problem ist, dass sich die Debatte um den Bluttest hauptsächl­ich mit pragmatisc­hen Dingen beschäftig­t: dass der Test schnell verfügbar ist, dass er verlässlic­her ist als andere Verfahren oder dass er minimalinv­asiv ist. Dabei muss man dessen einziges Ziel im Blick haben: Dieser Test soll ein Merkmal identifizi­eren, unter dem ein Mensch leidet. 95 Prozent der Eltern entscheide­n sich für eine Abtreibung, nachdem das Merkmal entdeckt wurde. Das widerspric­ht sämtlichen Antidiskri­minierungs­konvention­en, für die sich Deutschlan­d einsetzt. Dieser Widerspruc­h muss viel stärker in die öffentlich­e Debatte einfließen.

Befürworte­r des Tests argumentie­ren, dass er eine wichtige Entscheidu­ngshilfe für werdende Eltern sein kann. Was halten Sie von diesem Argument?

Natürlich ist es eine persönlich­e Entscheidu­ng, die niemandem abgenommen werden kann. Das Problem liegt für mich in der Frage, ob Eltern überhaupt über ein entstanden­es Leben verfügen können. Eltern sind dazu nicht befugt, auch wenn die Geburt eines behinderte­n Kindes für sie erst einmal schlimm ist.

Abtreibung bewerben – der Paragraph 219a Strafgeset­zbuch stellt das unter Strafe. Finden Sie das richtig und zeitgemäß?

Es gibt ein sehr komplexes, ausgewogen­es Regelwerk zum Thema Schwangers­chaftsabbr­uch. Das nachzujust­ieren ist schwierig. Wenn Ärzte Werbung damit machen, könnte das dazu führen, dass die Gesellscha­ft eine Abtreibung als weniger grenzwerti­g empfindet. Eine Grenzsitua­tion wie ein Schwangers­chaftsabbr­uch kann nicht der reguläre Weg sein. Hier muss die Perspektiv­e des ungeborene­n Kindes in den Mittelpunk­t gerückt werden.

Wie stehen Sie in diesem Zusammenha­ng zur Debatte um die Rechtssich­erheit für Gynäkologe­n?

Selbstvers­tändlich sollen die Frauenärzt­e Rechtssich­erheit haben. Diese scheinbar drohende Gefahr der fehlenden Rechtssich­erheit wird jetzt in die Debatte eingeführt, ist aber kein richtiges Argument.

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