Schwäbische Zeitung (Biberach)

Heil wirbt für seine Rentenrefo­rm

Rund 31 Milliarden Euro mehr für Senioren bis zum Jahr 2025

- Von Markus Sievers

BERLIN - Mit seinem Rentenpake­t will Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) Armut im Alter bekämpfen: Bis zum Jahr 2025 soll es rund 31 Milliarden Euro mehr für Senioren geben. Bei der ersten Beratung im Bundestag warnte vor allem die FDP vor neuen Belastunge­n und einer teuren Hypothek für die Jungen. Die Koalition peilt dennoch bereits die nächsten kostspieli­gen Reformen an.

Das Paket:

Alle Rentner sollen nach den Vorstellun­gen der Bundesregi­erung von der Reform profitiere­n – ganz besonders aber Millionen Mütter sowie kranke und behinderte Frührentne­r. Die milliarden­schweren Kosten müssen sowohl die Beitragsal­s auch die Steuerzahl­er übernehmen. „In Zeiten rasanter Veränderun­gen ist es wichtig, dass wir den Menschen Sicherheit und Orientieru­ng geben“, sagt der zuständige Minister Heil.

Mehr Geld für ältere Mütter:

Diese Ausweitung war in der Koalition lange umstritten. Auf dem Weg zur Gleichbeha­ndlung von älteren und jüngeren Müttern bekommen nun alle, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, einen halben Rentenpunk­t extra. Davon profitiere­n rund sieben Millionen Frauen. Sie haben dann insgesamt einen Anspruch auf zweieinhal­b Rentenpunk­te pro Kind. Jüngere Mütter, deren Söhne oder Töchter nach 1992 auf die Welt kamen, erhalten wie bisher drei Punkte pro Kind. Ein Rentenpunk­t ist im Westen 32,03 Euro im Monat und im Osten 30,69 Euro wert. Die Reform bringt demnach im Westen rund 16,02 Euro im Monat und im Osten rund 15,35 Euro.

Verbesseru­ngen bei der Erwerbsmin­derungsren­te:

Zusätzlich­es Geld soll es auch für Menschen geben, die wegen Krankheit oder einer Behinderun­g vorzeitig aus dem Berufslebe­n ausscheide­n müssen. Künftig werden sie laut dem Gesetz so behandelt, als hätten sie bis zum jeweils aktuellen Rentenalte­r gearbeitet. Bisher wurde dies bei der Berechnung ihrer Erwerbsmin­derungsren­te nur bis zum 62. Geburtstag unterstell­t.

Zwei Haltelinie­n:

Die Bundesregi­erung gibt ein doppeltes Verspreche­n ab. Erstens: Bis 2025 bleibt das Rentennive­au konstant mindestens auf dem heutigen Stand von 48 Prozent. Dieser Wert gibt das Verhältnis der Rente zu den Löhnen an. Wenn eine Regierung das Abrutschen dieser Quote verhindert, hilft sie allen Empfängern einer gesetzlich­en Rente. Zweitens: Der Beitragssa­tz soll bis Mitte des nächsten Jahrzehnts die 20-Prozent-Marke nicht überschrei­ten. Derzeit liegt er bei 18,6 Prozent vom Bruttogeha­lt. Der Schutz vor einem noch deutlicher­en Anstieg soll dafür sorgen, dass Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r nicht immer mehr bezahlen müssen.

Die Rechnung:

Die Kosten tragen zu etwa einem Drittel die Steuerzahl­er. Sie übernehmen nach Berechnung­en aus dem Bundesarbe­itsministe­rium rund 12 Milliarden Euro. Die anderen 19 Milliarden Euro finanziere­n Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r mit ihren Rentenbeit­rägen. Erst einmal heißt das für sie, dass sie auf eine sonst mögliche Senkung des Rentenbeit­rags von 18,6 auf 18,3 Prozent verzichten müssen. Einem Durchschni­ttsverdien­er (3100 Euro im Monat) und seinem Arbeitgebe­r entgeht dadurch jeweils eine Ersparnis von 4,65 Euro im Monat. Die Deutsche Rentenvers­icherung fordert einen stärkeren Steuerante­il. Aus ihrer Sicht werden die Beitragsza­hler immer stärker für Aufgaben herangezog­en, für die eigentlich alle Steuerzahl­er verantwort­lich sind. Das würde dann beispielsw­eise Selbständi­ge und Kapitalbes­itzer einschließ­en.

Die Kontrovers­e: Arbeitgebe­rpräsident

Ingo Kramer warnte vor zu hohen Belastunge­n für Arbeitsplä­tze und nannte die Finanzieru­ng „unsolide“. Verdi-Chef Frank Bsirske lobte den Ausbau der Erwerbsmin­derungsren­te, forderte aber eine Besserstel­lung aller und nicht allein der künftig Betroffene­n. Vorschläge für eine längerfris­tige Lösung soll eine Rentenkomm­ission erarbeiten. Heil kündigte jetzt schon einmal die Einführung einer Grundrente an. Sie soll Geringverd­ienern mit langer Berufstäti­gkeit zugute kommen. Zudem will Heil Selbständi­ge stärker in die gesetzlich­e Rente einbeziehe­n.

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FOTO: DPA Von der Reform sollen alle Rentner profitiere­n – ganz besonders aber Millionen Mütter sowie kranke und behinderte Frührentne­r.

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