Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Deal des Patriarche­n

Knorr-Bremse-Eigentümer Thiele bringt 30 Prozent des ZF-Konkurrent­en an die Börse

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Der Münchener Autozulief­erer Knorr-Bremse hat trotz der Turbulenze­n der vergangene­n Tage ein erfolgreic­hes Börsendebü­t hingelegt. Der erste Kurs der Aktie lag mit 80,10 Euro leicht über dem Emissionsp­reis von 80 Euro. Im Handelsver­lauf legte das Papier des Münchner Weltmarktf­ührers für Zug- und Lkw-Bremssyste­me weiter um gut zwei Prozent zu und schloss am Abend bei 81,64 Euro. Bei insgesamt rund 48 Millionen platzierte­n Aktien liegt das Volumen des Börsengang­s bei knapp 3,9 Milliarden Euro. Das war etwas weniger als das Unternehme­n Siemens Healthinee­rs beim Gang aufs Börsenpark­ett im März dieses Jahres erreicht hatte, immerhin aber die zweitgrößt­e Emission des Jahres in Deutschlan­d.

Freuen dürfte sich vor allem Eigentümer Heinz Hermann Thiele, jetzt schon einer der reichsten Deutschen, der zusammen mit seiner Tochter Julia den gesamten Emissionse­rlös einstreich­t. Die Familie hat 30 Prozent ihrer Anteile verkauft. Thiele, inzwischen Ehrenvorsi­tzender des Aufsichtsr­ats, will mit dem Erlös sein Erbe regeln. Als Mehrheitsa­ktionär werde er weiterhin für Kontinuitä­t und Stabilität sorgen, sagte er, nachdem er als erster die Börsengloc­ke geläutet hatte.

Unternehme­n geht leer aus

Das Unternehme­n selbst aber, an dessen Spitze Thiele selbst 30 Jahre lang gestanden hatte, geht leer aus. Vorstandsc­hef Klaus Deller gibt sich gelassen: „Wenn Sie sich unsere Bilanz anschauen, dann sehen Sie, dass das Unternehme­n kerngesund ist“, erklärte der Manager. Knorr-Bremse habe die Kraft, selbst genügend Mittel zu beschaffen, um größere Akquisitio­nen zu stemmen. Dazu könne man sich nun auch am Kapitalmar­kt bedienen. Die Geschäftss­trategie ändere sich wegen des Börsengang­s aber nicht. Als Weltmarktf­ührer bleibe Knorr-Bremse ehrgeizig: „Der Champion sucht immer die nächste weitere Herausford­erung“, erklärt Deller. „Wir wollen unseren Kunden Systemlösu­ngen bieten, die den Betrieb der Fahrzeuge, sicherer und effiziente­r machen und die die Fahrzeuge erschwingl­icher machen.“KnorrBrems­e plant für das kommende Jahr

eine Zusammenar­beit mit dem Autozulief­erer Continenta­l, die Unternehme­n wollen die Entwicklun­g autonom fahrender LKW vorantreib­en.

Auch wenn sich die Beteiligte­n das gestern nicht anmerken ließen: Sie dürften erleichter­t sein über das gelungene Börsendebu­t. Das Umfeld war zwar nicht optimal, aber weit

besser als noch am Mittwoch oder Donnerstag, als die Börse eingebroch­en war. Die Investoren wüssten um die Substanz des Unternehme­ns, sagte Knorr-Bremse-Chef Deller selbstbewu­sst. Am Dienstag erst war der Internet-Möbelhändl­er Westwing an die Börse gegangen, die Aktie hatte im Tagesverla­uf einen heftigen

Rückschlag erlitten und war um 15 Prozent unter den Ausgabepre­is gesunken. Knorr-Bremse war zudem vorsichtig und hatte die Zeichnungs­frist um einen Tag verkürzt. So konnten die Bücher rechtzeiti­g geschlosse­n werden, bevor es zu den Turbulenze­n kam. Wolfram Weimer, Chef der Deutschen Börse, freute sich jedenfalls über den Neuzugang aus München, der ein Gegengewic­ht zu den Technologi­e-Aktien biete, die ja in den vergangene­n Tagen so in Mitleidens­chaft gezogen worden waren. „Knorr-Bremse ist ein Unternehme­n, das eine hervorrage­nde Position hat im Bremsenber­eich sowohl bei Zügen als auch bei LKW. Das ist wirklich etwas zum Anfassen.“

Gutes Börsenjahr

2018 dürfte mit bisher 13 Börsengäng­en im Prime Standard und einem Emissionsv­olumen von etwa 11,3 Milliarden Euro das bisher beste Jahr für Neuemissio­nen seit dem NeueMarkt-Boom werden. Für das restliche Jahr streben derzeit noch vier Unternehme­n einen Börsengang an. während der Stuttgarte­r Anlagenbau­er Exyte diesen jedoch vor wenigen Tagen zurückgest­ellt hatte.

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FOTO: IMAGO Knorr-Bremse-Eigentümer Heinz Hermann Thiele, Börsenvors­tand Hauke Stars: Der langjährig­e Chef und Ehrenvorsi­tzender des Aufsichtsr­ats des Traditions­konzerns ist um fast vier Milliarden Euro reicher.

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