Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ein Hinweis, der Leben retten kann
Warum das DRK bei einem wichtigen Thema auf die Mithilfe der Bürger setzt
BIBERACH - Wenn bei einem bewusstlosen Menschen kein Herzschlag und keine Atmung mehr festzustellen ist, zählt jede Sekunde. Ein Defibrillator, der mit einem Stromstoß das Herz wieder zum Schlagen bringen kann, könnte in diesem Moment zum Lebensretter werden. In vielen gewerblichen, öffentlichen, zum Teil auch privaten Gebäuden gibt es inzwischen solche Defibrillatoren, die auch medizinische Laien bedienen können. Das Problem: Die Rettungsleitstelle in Biberach hat bis heute keine Liste, wo überall im Landkreis sich solche Geräte befinden. Mithilfe aller Bürger will das Deutsche Rote Kreuz (DRK) dies nun ändern.
„Unser Ziel ist, dass der Disponent in der Rettungsleitstelle bei einem Notruf dem Anrufer sagen kann, wenn sich ein Defibrillator in unmittelbarer Nähe befindet. Dazu brauchen wir eine Liste mit den Standorten“, sagt Michael Mutschler, Geschäftsführer Rettungsdienst beim DRK-Kreisverband Biberach. In einem weiteren Schritt will das DRK auch alle seine rund 160 Helfer vor Ort mit automatisierten externen Defibrillatoren (AED) ausstatten. „Rund die Hälfte hat bereits einen“, sagt Mutschler. Mit beiden Maßnahmen lasse sich die Notfallversorgung im Landkreis entscheidend verbessern. Dazu braucht das DRK aber die Hilfe aller Bürger (siehe Kasten).
„Ziel muss sein, bei bewusstlosen Personen ohne feststellbaren Herzschlag und ohne Atmung möglichst kein therapiefreies Intervall mehr entstehen zu lassen oder dies so kurz wie möglich zu halten“, sagt Edgar Quade, Leiter der Rettungsleitstelle. Dabei geht es unter Umständen um jede Sekunde. „Die Überlebenswahrscheinlichkeit bei einem plötzlichen Herzstillstand sinkt pro Minute um zehn Prozent“, sagt Manfred Rommel, Ausbildungsleiter beim DRKKreisverband.
Leitstelle kennt die Standorte nicht
Das Wissen um einen AED, der sich in unmittelbarer Nähe befindet, kann deshalb lebensrettend sein. Viele Behörden, aber auch Firmen, Geschäfte oder Banken im ganzen Landkreis haben in den vergangenen Jahren Defibrillatoren angeschafft und halten diese in ihren Gebäuden bereit. Die Rettungsleitstelle kennt allerdings nicht alle Standorte dieser Geräte und bittet deshalb um diese Angaben.
„Im Notfall kann beispielsweise ein Helfer bereits mit der Herz-Lungen-Massage als Basismaßnahme beginnen, während ein anderer von der Leitstelle auf den nächsten AED aufmerksam gemacht wird und diesen holen kann“, erläutert Mutschler.
Scheu, einen solchen Defibrillator zum Einsatz zu bringen, sollte niemand haben, so Rommel. Das Gerät selbst gibt akustische Sprachanweisungen, was der Reihe nach zu
tun ist. Sind die Elektroden auf der Brust des Patienten angebracht, analysiert das Gerät selbstständig die Herzfrequenz und gibt dann die Empfehlung, ob ein elektrischer
Stromstoß, ein sogenannter Schock, sinnvoll ist. „Diesen muss der Helfer dann per Knopfdruck selbst auslösen“, sagt Rommel. Darauf achten muss er dabei, dass niemand mehr den Patienten berührt, denn der Stromstoß hat eine Energie von 360 Joule. „Das kann für einen gesunden Menschen sehr gefährlich werden“, sagt Rommel. Beim bewusstlosen Patienten soll der Stromstoß bewirken, dass das Herz vom Kammerflimmern wieder in eine geregelte Frequenz übergeht.
Neuland in der Region
Mit der Liste, wo sich überall Defibrillatoren befinden – im Fachjargon als AED-Kataster bezeichnet – betritt der DRK-Kreisverband Neuland in der Region. „Bislang ist uns kein anderer Landkreis bekannt, der diese Daten in seinem Gebiet erhoben hat“, sagt DRK-Geschäftsführer Peter Haug. „Mithilfe der Bürger hoffen wir, dass wir hier bald einen großen Schritt vorankommen.“