Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ulm schwächelt, Biberach profitiert
Die Einkaufsstadt Biberach schneidet in einer IHK-Studie gut ab.
BIBERACH - Die Einkaufsstadt Biberach schneidet im aktuellen Einzelhandelskompendium der Industrieund Handelskammern (IHK) Ulm und Schwaben gut ab. Für Josef Röll, Einzelhandels- und Innenstadtexperte der IHK, liegt Biberach ganz weit vorne, was das Einkaufserlebnis angeht: „Die Attraktivität von Biberach steht Ulm in nichts nach. Das war schon immer so und hat sich noch weiter verbessert.“
Dies liege auch unter anderem daran, dass Ulm derzeit „schwächelt“. Die vielen Baustellen, Staus und fehlenden Parkplätze verringern den Anreiz, zum Shopping nach Ulm zu fahren. „Davon profitiert aber nicht nur Biberach, sondern auch Laupheim, und zwar extrem“, sagt Otto Sälzle, Hauptgeschäftsführer der IHK Ulm. „Dort sehen wir ein enormes Wachstumspotenzial.“
Das Einzelhandelskompendium wird alle fünf Jahre aufgelegt. Aktuell wurden 18 Innenstädte der IHK-Region Ulm und der Landkreise Neu-Ulm und Günzburg analysiert. Als Mittelzentrum mit knapp 33 000 Einwohnern lässt sich die Stadt Biberach am ehesten mit Ehingen und Günzburg vergleichen. „Biberach ist absolut der stärkste Einkaufsstandort“, sagt Josef Röll. Laut einer nicht repräsentativen Passantenzählung hat Biberach pro Stunde eine durchschnittliche Frequenz von 1448 Passanten, in Ehingen wurden 747 Passanten gezählt und in Günzburg 266. Dennoch legten alle drei Standorte im Vergleich zu 2013 zu.
Friedrich Kolesch, Inhaber vom gleichnamigen Biberacher Modehaus und IHK-Vizepräsident, freut sich über die positive Entwicklung in Biberach: „Dafür müssen die Händler aber auch aktiv etwas tun und in ihre Geschäfte investieren. Der stationäre Einzelhandel ist eine große Herausforderung geworden“, so Friedrich Kolesch. „Wir haben überall ein geringes Marktwachstum, teilweise sogar Stagnation und einen starken Onlinehandel.“In der Region gelinge es aber, durch gemeinsame Aktionen und Anstrengungen den Handel in den Innenstädten attraktiv und erfolgreich zu gestalten.
Sorgen bereiten die Nebenlagen
In Biberach gibt es aktuell 255 Ladenlokale, 56 Gastronomiebetriebe, eine Leerstandsquote von vier Prozent und einen Filialisierungsgrad von 18 Prozent. „Das sind richtig gute Zahlen“, sagt sich Josef Röll. Nachholbedarf sehe er noch beim Filialisierungsgrad: „Da ist noch Luft nach oben und Platz für den einen oder anderen Filialisten.“Das sieht auch Friedrich Kolesch so: „Filialisten sind wichtig, sie schaffen Attraktivität und eine größere Kundenfrequenz.“Um die „Kundenmagneten“in eine Stadt zu locken, sind jedoch große Ladenflächen nötig. „Daran fehlt es in Biberach, wir haben viele kleine schnucklige Läden.“Lokale Größen seien aber genauso wichtig wie die „großen Player“und würden Identifikation bei der Bevölkerung schaffen. Der Branchenmix, der in Biberach gegeben ist, ist ein wichtiger Indikator für eine lebendige Innenstadt. Besonders entscheidend ist dabei die Schlüsselbranche Mode, Schuhe und Sport. Biberach liegt in diesem Bereich mit 25,4 Prozent nur knapp hinter Ulm.
Ein weiterer Vorteil in Biberach ist aus Sicht der IHK-Vertreter auf jeden Fall die leichte Erreichbarkeit der Innenstadt – egal, ob zu Fuß, mit dem Fahrrad, Bus, Bahn oder mit dem Auto. Vor allem die Anzahl an Parkplätzen, die zudem auch noch günstig sind, fördere die Attraktivität von Biberach. „Außerdem haben wir eine innenstadtfreundliche Kommunalpolitik und eine rege Gastronomieszene“, so Kolesch. Aufpassen müsste man jedoch auf die Nebenlagen, dort klagen Händler über sinkende Kundenfrequenz. Spannend wird deshalb auch die Frage, wer Nachmieter für die Buchhandlung Osiander in der Bürgerturmstraße wird. Diese ist dort der wichtigste Frequenzbringer. Demnächst zieht die Buchhandlung allerdings in das Gebäude Salzstadel am Biberacher Kapellenplatz.