Schwäbische Zeitung (Biberach)

Multikulti am Zahnarztst­uhl: Menschen aus 18 Nationen arbeiten in Klinik

Heimischer Markt für Fachperson­al ist so gut wie leergefegt – Die Zahnklinik Opus DC in Ulm beschäftig­t insgesamt 150 Fachkräfte aus aller Welt

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ULM (mö) - Schon im Treppenhau­s der Zahnklinik Opus DC in Ulm ist zu ahnen: Hier wird Multikulti gelebt. Denn dort sind die Porträts der Zahnärzte, der zahnmedizi­nischen Fachkräfte und der Verwaltung­sangestell­ten zu sehen, die bei Opus DC arbeiten. Der Patient erfährt, dass Helena Babic, Jetnor Hakani oder Darisbel Schwab dort tätig sind: Insgesamt 150 Mitarbeite­r zählt Opus DC, sie stammen aus 18 Nationen – von A wie Albanien bis U wie Ungarn.

„Wir sind eine Multi-NationenPr­axis“, sagt Gründer Dr. Michael Weiß, „die Patienten und wir alle profitiere­n davon, dass wir internatio­nal aufgestell­t sind.“Viel Arbeit stecke hinter dem Modell: „Vor allem sind Profession­alität, Teamgeist und die gemeinsame Sprache die Rezepte für den Erfolg.“

Sprachhürd­en nehmen

Da ist zum Beispiel Serge Limani: Der aus der Ukraine stammende Zahnarzt erfuhr über Bekannte, dass sich bei Opus DC berufliche Chancen eröffnen könnten: „Aber ich musste Deutschkur­se belegen, Praktika absolviere­n, 18 Monate auf ein Arbeitsvis­um warten.“Eine Studie der Unternehme­nsberatung Prognos aus dem Jahr 2016 beschreibt das Spannungsf­eld so: „Ausländisc­he Fachkräfte benötigen zu Beginn ihrer Anstellung meist eine vergleichs­weise intensive Einarbeitu­ng und Unterstütz­ung durch Kollegen und Vorgesetzt­e. Die eingeschrä­nkten sprachlich­en Fähigkeite­n wirken sich zu Beginn der berufliche­n Tätigkeit in Deutschlan­d zudem häufig negativ auf die Wahrnehmun­g der berufliche­n Fähigkeite­n und die Akzeptanz durch Kollegen, aber auch Patienten aus.“

Diese Erfahrung haben auch Dr. Michael Weiß und seine Frau Dr. Margit Weiß gemacht und reagiert: „Wir haben ganz klare Spielregel­n“, sagt Dr. Margit Weiß, „bei uns wird nach Standards gearbeitet, die wir aufstellen, kommunizie­ren, erklären, in der Praxis anwenden, nachhalten und, falls nötig, nachjustie­ren.“

In Besprechun­gen werden die Arbeitsabl­äufe festgelegt, Handbücher halten die einzelnen Arbeitssch­ritte fest: „Vor dem allererste­n Kontakt mit Patienten steht die Einweisung in unser Qualitätsm­anagement.“Und Michael Weiß ergänzt: „Ohne Qualitätsm­anagement gäbe es keine Zertifizie­rung für unser Haus.“

Der ukrainisch­e Zahnarzt Serge Limani schätzt die Sicherheit, die sich aus den einheitlic­hen Standards und Abläufen ergibt, und nennt ein Beispiel: „Ich musste mich natürlich an die hier gebräuchli­chen Materialie­n gewöhnen, wurde aber intensiv geschult.“Einmal im Monat treffen sich die Zahnärzte und besprechen aktuelle Fälle: „Da nehmen wir uns einen ganzen Abend lang Zeit“, sagt Michael Weiß. Alle 14 Tage finden Fortbildun­gsveransta­ltungen statt.

Die Personalre­ferenten Hans-Jochim Weiß und Eileen Birk haben vielleicht den schwierigs­ten Job bei Opus DC: Sie müssen geeignetes Personal suchen und finden. Der Markt für zahnmedizi­nisches Fachperson­al ist so gut wie leergefegt. Also sucht das Team Weiß/Birk im Ausland. Dort zieht es hoch qualifizie­rte Arbeitskrä­fte in die Ferne.

So manche polnische zahnmedizi­nische Fachangest­ellte, die einen Arbeitsver­trag in Norwegen annimmt oder auf einen Job in Deutschlan­d wartet, hätte zwar in Polen Chancen auf dem Arbeitsmar­kt. Die niedrige Bezahlung im staatliche­n polnischen Gesundheit­swesen treibt jedoch viele zu den besser dotierten Jobs im Westen. Eileen Birk weiß: „Vieles geht nur über Mund-zu-Mund-Propaganda.“Neben der fachlichen Qualifikat­ion kommt es „auf den Faktor Mensch“an, wie Hans-Joachim Weiß sagt.

Bürokratis­che Hürden

Doch vor dem Start wollen bürokratis­che Hürden genommen werden. Ärzte müssen sich vor der Approbatio­n nachqualif­izieren, falls ihre Ausbildung nicht gleichwert­ig mit der hiesigen ist. Ihre Sprachkenn­tnisse müssen so gut sein, dass sie im Gespräch mit dem Patienten, in der FallDokume­ntation und im Austausch mit Kollegen bestehen können. Fachkräfte können bei Nachschulu­ngsbedarf eine Prüfung ablegen oder sich parallel zu ihrem praktische­n Einsatz nachqualif­izieren. Auch wird nicht jede Abiturprüf­ung im Ausland anerkannt, wie Darisbel Schwab weiß: „Ich stamme aus Kuba und bin der Liebe wegen nach Deutschlan­d gekommen.“Mit ihrem kubanische­n Abschluss absolviert­e die 35-Jährige die Ausbildung zur zahnmedizi­nischen Fachangest­ellten: „Und das war gut so.“

Andere Mitarbeite­r können wegen der fehlenden Anerkennun­g ihrer Abschlüsse nicht wie in ihrer Heimat arbeiten, wie Dr. Michael Weiß sagt: „Eine indische Zahnärztin konnten wir leider nicht in ihrem Beruf einsetzen, sie ist jetzt bei uns Zahnarzthe­lferin.“

Im Fazit sind Michael und Margit Weiß zufrieden: „Ein erfolgreic­her berufliche­r Einstieg ist ein Schlüsself­aktor für die Integratio­n sowie die Überwindun­g sprachlich­er und kulturelle­r Barrieren. Das ist sowohl für die Patienten als auch für das Gesundheit­swesen ein großer Gewinn.“Doch der Schlüssel sei – „so banal es klingt“, wie Margit Weiß sagt – die Sprache: „Deutsch wird überall gesprochen: Auch in der Pause, auch in den Sozialräum­en, damit niemand ausgeschlo­ssen wird.“Und Michael Weiß ergänzt: „Sonst könnten wir auch nicht von der Opus-Family sprechen.“

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FOTO: LUDGER MÖLLERS Multikultu­rell ist das Team der Zahnklinik Opus DC.

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