Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ältestes Gasthaus ist wieder in Privatbesitz
Ludwig Zwerger kauft den Gasthof Adler in Ochsenhausen von der Stadt
OCHSENHAUSEN - Er ist fast 500 Jahre alt und damit die mit Abstand älteste Wirtschaft der Stadt Ochsenhausen: der Gasthof zum Adler. Seit einigen Wochen ist das denkmalgeschützte Gebäude wieder in Privatbesitz. Ludwig Zwerger, seit 2000 Pächter des Adlers, nahm ein Kaufangebot der Stadt für die Traditionswirtschaft an. Die Stadt Ochsenhausen hatte 1997 das Gebäude gekauft, um zu verhindern, dass ein Investor den Adler in ein Wohn- und Geschäftshaus umwandelt.
Der Gasthof Adler, lange Zeit die einzige Wirtschaft in Ochsenhausen, kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Aus einer zum Kloster gehörenden Taverne mit dem Namen St. Gotthardus wurde später der Schwarze Adler und schließlich der Adler. Einst gehörten auch eine Brauerei und eine Mälzerei dazu. Die markante Fassadenbemalung mit der Bauernhochzeit stammt aus dem Jahr 1912 vom Ulmer Maler Aich, einem gebürtigen Ochsenhauser, und wurde 1950 von Franz Xaver Bucher restauriert. Ende der 1990er-Jahre drohte dieses Kapitel Ochsenhauser Wirtshausgeschichte jedoch zu Ende zu gehen.
Stadt kommt Investorplänen zuvor
Die damalige Besitzerfamilie Pütter deutete an, den Adler nur noch ein paar Jahre betreiben zu wollen. Ein örtlicher Investor überlegte, Wohnungen einzubauen und das Gebäude anderweitig gewerblich zu nutzen. „Für die Stadtverwaltung und den Gemeinderat war das nicht vorstellbar“, sagt Winfried Reischmann, stellvertretender Leiter des Ochsenhauser Bauamts. Deshalb kaufte die Stadt den Adler Ende 1997 – passenderweise wurde fast zum selben Zeitpunkt eine 10 000 Quadratmeter große Gewerbefläche an Aldi veräußert, sodass der Adler-Kauf finanziert werden konnte. Die Verwaltung stellte sich seinerzeit eine „unverzügliche Reprivatisierung“vor, wie Reischmann erklärt. „Unser Ziel war es von Anfang an, den Adler wieder zu privatisieren.“Der Gemeinderat wollte hingegen das Gebäude vorübergehend in städtischer Hand behalten und es erst zu einem späteren Zeitpunkt einem Gastronomen zum Kauf anbieten, nachdem dieser den Gasthof saniert hat.
Diese Variante erhielt den Vorzug, beim dafür ausgerufenen Wettbewerb erhielt der Ochsenhauser Gastronom Ludwig Zwerger bei einer Gemeinderatssitzung im Mai 2000 den Zuschlag. Er setzte sich gegen einen Mitbewerber durch. Ein weiterer Konkurrent aus Dachau war überraschend am Tag der Entscheidung kurzfristig abgesprungen. Wie Winfried Reischmann erklärt, beinhaltete der Vertrag eine mindestens zehnjährige Pachtzeit mit anschließender Kaufoption, gültig bis September 2015, nach einmaliger Verlängerung bis September 2018. Außerdem musste Ludwig Zwerger sein vorgestelltes Konzept umsetzen. Neben einer Teilsanierung des Gasthauses sah dieses auch einen Anbau mit Außengastronomie vor. 2002 erfolgte die Eröffnung des an den Adler angrenzenden „Knudelhauses“, 2010 wurde daraus das heutige „Steakhaus OX fifty-four“. 2016 wurde der Adler saniert. Weitere zwei Jahre später zog Zwerger nun die Kaufoption. „Mir persönlich liegt sehr viel an diesem Gasthof“, sagt Ludwig Zwerger. Er sei froh, jetzt dessen Besitzer zu sein. „Das war von Anfang an das Ziel.“
Winfried Reischmann betont, dass es keine Pflichtaufgabe einer Stadt sei, eine „Stadtwirtschaft“zu besitzen. Zumal die Stadt die Investitionen rund um den Adler durch eine Ausfallbürgschaft in „beträchtlicher Höhe“unterstützt habe. Ein gewisses Risiko, unterm Strich sei die Kosten-Nutzung-Rechnung für die Stadt aber positiv gewesen. Auch dank Ludwig Zwerger. „Ein Riesenkompliment an ihn, er hat großes Engagement gezeigt und immer nach vorne geschaut“, sagt Reischmann. Und 2029 kann der Gasthof Adler dann sein 500-jähriges Bestehen feiern.